Pommesbude in BrühlEin Tag als Praktikant mit Frikandel und Fritten
Brühl – Mike hatte mich ausdrücklich vorgewarnt: „Eine kurze Hose ist empfehlenswert.“ Aus ästhetischen Gründen habe ich seinen Rat in den Wind geschlagen und trete im langen Beinkleid zu meinem Kurz-Praktikum im „Pomm-Stop“ an, der holländischen Snackbar am Steinweg in Brühl. Dass es mir da hinter der Theke doch zuweilen ein bisschen heiß wird, wenn die Pommes bei 180 Grad in der Fritteuse brutzeln – selber schuld.
Mike ist der Chef hier. Alle duzen sich im Pomm-Stop, deswegen nur fürs Protokoll: Er heißt mit Nachnamen Veldhuisen. Mike stammt aus Köln, ist 37 Jahre alt, sein Vater ist Holländer – deswegen die Affinität zu Frikandel, Kaassoufflee und Co. Mike hat sofort zugestimmt, als ich ihn nach einem Kurzpraktikum gefragt habe. Dabei sind meine Erfahrungen in der Gastronomie gleich null. Mike kann sich ganz gut in meine Lage versetzen. „Als wir den Pomm-Stop 2004 gegründet haben, waren wir alle noch grün hinter den Ohren, wir mussten uns alles selbst beibringen“, berichtet er.
Wie ich erfahre, ist er eigentlich Maschinenbau-Ingenieur. Doch gleich nach seinem Abschluss hat er, unter anderem mit Hilfe seines Vaters und seiner Frau, den holländischen Imbiss in Brühl eröffnet. Er sagt es nicht so direkt, aber damit hat er sich wohl einen Traum erfüllt. Dass der Laden für Mike eine Herzensangelegenheit ist und er mit seiner Leidenschaft auch die anderen Mitarbeiter ansteckt, merkt man jedenfalls sofort.
Um 11 Uhr, als ich mein Praktikum beginne, ist die Welt noch in Ordnung. Will heißen: Noch ist der Kundenandrang nicht so groß. Nachdem ich das „Mannschafstrikot“ angelegt habe – rote Schürze, blaues Polo-Hemd, rote Schirmmütze –, hat mein Ausbilder Patrick (er ist die rechte Hand des Chefs, gelernter Koch und heißt mit Nachnamen Bubner) noch ein bisschen Zeit, mich in die Geheimnisse des holländischen Imbisswesens einzuweihen. Zuerst einmal muss ich das Sortiment kennenlernen. Manche der Snacks tragen lustige Namen wie Macho oder Mexicano, dazu gibt es Kipcorn, gefüllte Kroketten, Bami-Scheiben, Bitterballen, Kibbeling und vieles mehr. Pommes natürlich, in drei verschiedenen Größen.
Viele Produkte stammen aus Holland
Fast alles wird aus Holland geliefert, ebenso wie viele der 15 verschiedenen Saucen und ein Spezial-Gewürzpulver für die Fritten, dessen Zusammensetzung ein Geheimnis bleibt. Dann präsentiert mir Patrick das „Pomm-Stop-Einmaleins“: Auf dem Merkblatt ist unter anderem zu lesen, dass man hinter der Theke Präsenz zeigen muss, den Kunden freundlich begrüßen sollte und alle Speisen an den Tisch bringen muss. Zudem geht es ums Zeitmanagement: Wie bekommt man es hin, dass alle bestellten Speisen eines Kunden gleichzeitig fertig werden? So weit bin ich noch lange nicht. Da Lehrjahre ja bekanntlich keine Herrenjahre sind, wische ich erstmal die Tische ab und bewundere die Inneneinrichtung, vor allem den durchgesägten Wohnwagen, der die Wand ziert.
Dann der erste Kundenandrang. Eine Frau mit Kind bestellt Pommes und Hamburger. Erst einmal schaue ich Patrick aufmerksam zu, dann darf ich die Bestellung an den Tisch bringen. „Weißt du noch, wer das bestellt hat?“, fragt Patrick mich. Klaro, wo ist die Frau denn gleich? Ich kann sie nicht mehr entdecken, schau mich hektisch um und werde langsam nervös. „Die Kunden haben sich draußen hingesetzt“, klärt mein Ausbilder mich auf. Das hatte Patrick natürlich genau im Blick, während ich bei der ganzen Aufregung um die Zubereitung des Hamburgers alles um mich herum glatt vergessen habe.
Einmal Frikandel spezial, bitte!
Dann darf ich selbst an den Herd. Eine Frikandel spezial soll es sein. Mike zeigt mir, wie es geht: Die holländische Bratrolle kommt drei Minuten in die Fritteuse, dann Mayo und Ketchup drauf, zum Schluss Zwiebeln. Mikes Exemplar sieht irgendwie viel appetitlicher aus als meines, aber dem Kunden scheint es trotzdem zu schmecken. Jedenfalls beschwert er sich nicht, das macht mir Mut. Als nächstes dann ein Cheeseburger. Ein ziemlich komplexer Vorgang: Brötchen erwärmen, Hamburger-Frikadellen braten, wenden, Käse drauf, die Soßen auf die beiden Brötchenhälften verteilen, Salat, Tomate, Gurke dazu – geschafft! Eine Currywurst gelingt mir auch. Der Ansturm kann kommen.
Und er kommt. „Fünfmal kleine Pommes!“, heißt es da plötzlich. Da ich gerade an der Fritteuse stehe, mache ich die Fritten parat – viel, viel langsamer als die anderen, aber immerhin, ohne großen Schwund. Hier arbeiten jetzt alle Hand in Hand. „Wir müssen aufpassen, dass die Schlange nicht zu lang wird, sonst holen wir das nicht mehr auf“, erklärt mir Mike. Erschwerend kommt hinzu, dass es neben der Verkaufstheke im Innenraum auch noch einen Außenschalter gibt, wo jetzt ebenfalls die Kunden warten.
Damit kein Stau entsteht, überlasse ich den Profis ihr Handwerk, die natürlich die Ruhe selbst bleiben und alle Bestellungen in Windeseile abarbeiten. Ich verlege mich erstmal wieder aufs Servieren. Klappt ganz gut. Mir gehen zwar direkt vor der Nase eines Gastes ein paar Servietten fliegen, aber das nimmt der Mann zum Glück mit Humor.
Einpacken wird zur Wissenschaft
Eine Wissenschaft für sich ist das Einpacken der Speisen. Wenn nur ein Getränk dabei ist, dann stellen die Pomm-Stop-Mitarbeiter daneben einen zweiten, leeren Becher, damit das Gesamtkonstrukt stabil bleibt. Hamburger-Boxen passen zwei nebeneinander in die Tüte, große Pommes muss man darüber quer anbauen. Das ist ja fast wie mit Lego-Steinen.
Mike kann sich sogar in die Lage einer Fritte versetzen: „Stell dir vor, du bist eine kalte Fritte inmitten von vielen anderen kalten Fritten in einem Korb. Da wird dir auch im heißen Fett nicht so schnell warm.“ Für die Zubereitung der Pommes setzt er deswegen auf eine spezielle Methode: Zuerst werden sie im Korb vorfrittiert, dann kommen sie in eine Rundfritteuse, wo alle frei im Fett schwimmen. „Da öffnen sich alle Poren, die Fritten werden dadurch besonders gut“, ist Mike überzeugt. „Das ist so ähnlich wie bei der Freilandhaltung“, fügt er im Scherz hinzu.
So langsam fängt die Sache an, mir Spaß zu machen. Doch leider neigt sich meine Praktikumszeit dem Ende zu. Was ich gelernt habe? Ganz schön anstrengend, in der Imbissbude zu arbeiten. Vor allem, weil man ständig so viele Dinge gleichzeitig beachten muss, damit alles rund läuft. Aber die Arbeit macht Laune – vor allem, wenn man bei allem Stress den nötigen Humor behält.