DichtheitsprüfungPulheim ist besonders betroffen

Der Zustand des Grundwassers wird vom Erftverband ständig überprüft. Wann die auf der Karte ausgewiesenen möglichen Schutzgebiete aktiviert werden, ist unklar.
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Rhein-Erft-Kreis – Für die Landesregierung ist es aktiver Gewässerschutz. Kritiker der am Mittwoch in Düsseldorf verabschiedeten 2. Änderung des Landeswassergesetzes, deren Kern die Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen ist, befürchten eine schwere Ungleichbehandlung und hohe Kosten für Prüfung und Sanierung. Allein in Nordrhein-Westfalen, einem der ganz wenigen Länder mit dieser Vorschrift, werden die Kosten auf rund zehn Milliarden Euro geschätzt.
Pulheim ist besonders betroffen. Große Gebiete der Stadt liegen in Wasserschutzgebieten der Stufe I - III. Und allen Gebieten ist die Prüfung der privaten Abwasserleitungen nun zwingend vorgeschrieben. Schon bald könnte es aber auch in Erftstadt, Hürth und Frechen in weiten Teilen zur Zwangsprüfung der Leitungen kommen. In den genannten Städten gibt es zwar noch keine festgelegten Wasserschutzzonen. Bereits ausgesuchte Flächen (siehe Karte) könnten aber bald schon zu Schutzgebieten werden. Dr. Robert Bininda, Chef des Kreisumweltamtes und Wasserexperte, hält die jetzt getroffene Regelung für problematisch. Denn, so sieht es das Gesetz vor: Ob private Abwasserleitungen außerhalb der Wasserschutzzonen geprüft werden, sollen die Kommunen eigenständig entscheiden. Das führt womöglich zu einer „massiven Ungleichbehandlung“, fürchtet Bininda. Andere Experten formulieren es drastischer: „Es droht ein heilloses Chaos.“
Auf jeden Fall steht eine Welle von Klagen gegen das Gesetz und den Kanal-Tüv zu befürchten. Der Interessenverband der Eigentümer, Haus und Grund, hat bereits angekündigt, Musterklagen zu unterstützen. Juristen räumen solchen Klagen hohe Erfolgschancen ein. Schließlich könne es passieren, dass beispielsweise der Stadtrat in Wesseling eine generelle Prüfung für das gesamte Stadtgebiet beschließt, während der Brühler Rat die Prüfung in das Ermessen jedes einzelnen Hausbesitzers stellt. Eine derartige Ungleichbehandlung wäre mehr als nur problematisch. Der fraktionslose Kerpener Stadtverordnete Erich Schütz ist sogar der Ansicht, dass Räte solche Entscheidungen gar nicht treffen dürften, „weil es sich eben nicht um eine kommunale Regelung handelt“. Die Landesregierung habe sich eines Tricks bedient und die Entscheidung an die kommunalen Räte delegiert, statt selbst klare Regeln zu schaffen, so Schütz. Der Kerpener will, dass Kanaluntersuchungen außerhalb von Wasserschutzgebieten freiwillig bleiben.
In Kerpen gibt es derzeit nur wenige kleine Wasserschutzgebiete. In Pulheim sieht die Sache anders aus. Hier sind fast alle Haushalte betroffen. Nach einem Ratsbeschluss haben die Hauseigentümer bis Ende 2015 Zeit, ihre Kanäle mit Kamera, Wasser oder Druckluft prüfen zu lassen. Ein Umstand, mit dem die Pulheimer seit 2007 (damals wurde von der Regierung Rüttgers die Prüfung privater Leitungen erstmals gesetzlich festgelegt) vertraut sind. „Für uns ändert sich kaum etwas“, sagt Pressesprecher Dirk Springob. Die wenigen Haushalte, die nicht im Wasserschutzgebiet liegen, sollen von der Prüfung allerdings jetzt verschont bleiben, sagt er. Dafür ändert sich für die große Mehrheit der Haushalte im Kreis vieles. Zumindest besteht jetzt die Möglichkeit, außerhalb eines Schutzgebietes von der Prüfung verschont zu bleiben.
CDU-Parteichef und Landtagsabgeordneter Gregor Golland ist empört über die Düsseldorfer Entscheidung, gegen die er in namentlicher Abstimmung votiert hat. „Damit werden im Kreis ohne Not Tausende Eigentümer zur Kasse gebeten“, schimpft er. Es gebe keinen Nachweis, dass häusliches Abwasser Grundwasser verunreinigt hätte. Sein Landtagskollege, SPD-Parteichef Guido van den Berg, kann den Einwand nicht verstehen. „Anders als unter CDU und FDP sind für private Kanäle außerhalb von Schutzgebieten jetzt keine Prüfungen vorgesehen.“ Das sei in Gollands erster Wahlperiode auf Vorschlag der CDU noch ganz anders gewesen.
Eine gute Seite hat Wasserexperte Bininda aber an der Entscheidung dennoch entdeckt. In Gebieten, wo das Grundwasser durch Abwässer verunreinigt sein könnte, könne man nun gezielt prüfen lassen. Und dafür braucht man nicht ganze Städte unter Generalverdacht zu stellen.