Martin Semmelrogge erzählt von einem Leben zwischen Erfolg und Verfehlungen – Histörchen originell, zum Nachahmen aber nicht empfohlen.
„Schräg und oft voll daneben“Martin Semmelrogge spricht in Elsdorf über sein Leben

Schauspieler Martin Semmelrogge las mit viel heiterer Selbstironie aus seiner Biografie.
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Das Leben ist eine Achterbahn. Besonders das von Schauspieler Martin Semmelrogge. Aus seiner gleichnamigen Biografie las er in der Mensa der Gesamtschule. Unterstützt wurde er von den Gitarristen Phil Wolff und Dieter Kirchenbauer, die zeitlich passende Rockstücke intonierten.
Verkehrsdelikte und Drogenbesitz – Semmelrogge kennt auch die Tiefen
Semmelrogge (67), Sohn des bekannten Schauspielers und Regisseurs Willy Semmelrogge, spielte in renommierten Filmen, wie „Das Boot“ und „Schindlers Liste“ und in zahlreichen TV-Produktionen mit. Seit den 80er-Jahren stand der profilierte Mime mehrfach vor Gericht.
Verkehrsdelikte und Drogenbesitz trugen ihm eine Haftstrafe von über zwei Jahren, teils als Freigänger, ein. Er kennt also die Höhen und Tiefen des Lebens, die seine 2018 verstorbene Frau Sonja als Biografie nach seinen Erzählungen aufgeschrieben hat.
Die Spritztour in Vaters Auto endete bei der Münchener Polizei
Mit viel Augenzwinkern berichtete Semmelrogge von seinem ersten Solex-Mofa, das er als Zehnjähriger auf einer rasanten Talfahrt auf Tempo 50 gebracht hatte. „Die ging ab wie Schmitz' Katze.“ Mit Vaters Auto, klammheimlich aus der Garage gemopst, fuhr der Waldorf-Schüler mit 14 nächtens über Münchens Stadtautobahn – und wurde von Polizisten im „Barockengel“, dem typischen bayerische Polizei-BMW, gestoppt.
„Zehn Mark Strafe und eine Woche Verkehrsunterricht wurden mir aufgebrummt“, erinnert er sich. Weil ein Kaugummiautomat nicht zu knacken war, nahmen er und ein Freund gleich auch das Zaunstück mit, an dem er befestigt war, um zu Hause das Geld für neues Benzin aus dem Automaten zu fischen.
Martin Semmelrogge: Lausbubengeschichten aus den USA
Auch über seine Zeit in den USA berichtete er kurzweilig, oft bewusst naiv, mit seiner bekannt rauen, nasalen Stimme. Dabei kokettierte er mit seinen Lausbubengeschichten, die seine Achterbahnfahrt ausmachten. Heute lebt der Schauspieler auf Mallorca.
Dort lernte er Phil Wolff, einen Rock-Gitarristen mit rheinischen Wurzeln, kennen. Ihn brachte er kurzerhand mit zur Lesung. Der wiederum kennt den Bedburger Gitarristen Dieter Kirchenbauer und holte diesen zu eingestreuten Rockstücken mit in das Set.

Kirchenbauer (r.) streute neben einigen Soli auch Schnipsel von Hits ein, die witzig zu den Lebensstationen des Schauspielers passten.
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Mit übertrieben grober Tongebung sang Wolff sich, unterstützt von Kirchenbauer, durch die Rockgeschichte von Stones („Satisfaction“), Beatles („Revolution“), Jethro Tull („Locomotive Breath“) und Janis Joplin („Freedom is just another word“) bis Pink Floyd („Money“).
Dass er mit den Stücken noch einen Tick gröber umsprang als die Urheber, unterstrich der extrovertierte Lebenskünstler mit großer Geste. Kirchenbauer streute neben einigen Soli auch Schnipsel von Hits (Maffay, „Und es war Sommer“) ein, die witzig zu den Lebensstationen des Schauspielers passten.
„Ihr habt bezahlt, ihr sollt glücklich werden“, so Semmelrogge zum Publikum. Obwohl ein Konzept für den Abend nicht immer zu erkennen war und die Histörchen zwar teils originell waren, zum Nachahmen aber nicht zu empfehlen sind, hing das Publikum mit 120 Besucherinnen und Besuchern über zweieinhalb Stunden an den Lippen des Schauspielers mit dem Baseball-Cap, der sein Leben mit den Worten „Schräg und oft voll daneben“ auch in einer Rap-Version zusammenfasste.