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EntwicklungshilfeDer Konsul des Königs

Lesezeit 4 Minuten

Afrikanischer als so mancher Afrikaner: Peter Mäsgen findet auch bei Stammeshäuptlingen Gehör.

Bornheim – In seiner Brust schlagen zwei Herzen. „Ich war nicht selten der einzige Weiße“, sagt Peter Mäsgen im rheinischem Singsang, in den er verfällt, wenn er aufgeregt erzählt. Er ist geboren und groß geworden in Roisdorf: Mäsgen ist ein echt rheinischer Jung. Gleichzeitig sagt seine tansanische Frau Habiba, er sei afrikanischer als sie selbst.

Vor 30 Jahren ist Mäsgen das erste Mal als Entwicklungshelfer nach Afrika gegangen, nach Burkina Faso, das damals noch Obervolta hieß. Aber schon als Schuljunge in Roisdorf hatte ihn die Faszination Afrikas gepackt. „Damals war die Botschaft von Abessinien, heute Äthiopien, in Roisdorf. Und die Kinder vom Botschafter waren meine Spielkameraden.“ Diese Kinder und die Tierfilme von Grzimek weckten schon im damals Fünfjährigen den Wunsch, nach Afrika zu gehen: „Mit 15 habe ich es dann versucht und bin ins Ministerium nach Bonn gegangen, um mich als Entwicklungshelfer zu bewerben.“ Damals habe man ihn wieder fortgeschickt, er sei zu jung und möge doch zunächst einen Beruf erlernen.

1983 kam Mäsgen dann als Kfz-Techniker über die katholische Hilfsorganisation Misereor zu seinem ersten Projekt. Mit seiner ersten Ehefrau und zwei Kindern ging es nach Fada N’Gourma in Burkina Faso. „Als ich ankam, sagten die Padres erstmal zu mir, ich solle meine Familie einpacken und wieder nach Hause abziehen.“ Damit wollten sie den übereifrigen Deutschen entmutigen. Mit seiner Sturheit hatte aber keiner gerechnet: „Das hat den Kämpfer in mir geweckt.“ Das Projekt hat er gegen allen Widerstand aufgebaut. Erst als seine Frau aus gesundheitlichen Gründen zurück musste, ist auch Mäsgen wieder nach Europa gekommen.

Afrika ließ den kleinen Mann mit dem rheinischen Schnörres allerdings nie wieder los. Eine Zeit lang habe ihn die Familie in Deutschland gehalten, aber das war nicht von Dauer. Er entschied sich für Afrika und gegen seine Ehe. Die Sehnsucht war einfach zu groß, trotz aller Widrigkeiten, obwohl Afrika gefährlich sein kann. Er suche die Herausforderung, sagt Mäsgen: „Ich habe mich da wohl gefühlt.“ Seitdem hat er unterschiedliche Projekte in 18 afrikanischen Ländern betreut und dort gelebt, jeweils für mindestens ein halbes Jahr.

Vermittler zwischen den Kontinenten

Einer der wichtigsten Grundsätze Mäsgens: „Lasst doch die Afrikaner Afrikaner sein!“ Seiner Meinung nach ist der Großteil der Entwicklungshilfe, die aus dem Westen kommt, eher kontraproduktiv. Was fehle, sei der unternehmerische Gesichtspunkt. „Was Afrika braucht, sind Unternehmer, die dort Arbeitsplätze schaffen.“ Sein Ideal sind Betriebe, die bei einer starken Konzentration auf Ausbildung auch noch Gewinne abwerfen. Und er sieht viele gewinnversprechende Felder. Beispielsweise gebe es in den Städten unheimlich viele Autos, aber kaum Mechaniker. „Heutzutage brauchen Mechaniker eine viel bessere Ausbildung. Man kommt mit einem Hammer und ein paar Schraubenziehern nicht mehr hin.“

Mäsgen sieht sich nicht mehr als Entwicklungshelfer. Er möchte lieber ein Bindeglied zwischen afrikanischen und deutschen Geschäftsleuten sein. „Ich versuche, Joint Ventures auf den Weg zu helfen.“ Er versteht beide Seiten und kann deswegen vermitteln. Außerdem hat er in Afrika eine gewisse Autorität, denn er ist der erste Konsul des Königs der Hohoe, eines Volkes, das in Ghana lebt. König Bansah hat ihn im Jahr 2000 mehr oder weniger zufällig zum Konsul gemacht, dabei ist auch eine enge Freundschaft zwischen den beiden Männern entstanden.

König Cephas Bansah ist selbst Kfz-Meister und dazu Landmaschinenbauer. Die beiden sind also vom selben Fach. Bansah hat eine Werkstatt in Ludwigshafen und regiert sein Volk teilweise von dort aus am Telefon oder per Fax. Als Mäsgen von Bansah hörte, lud er ihn ein, auf einem Messestand, wo Mäsgen afrika-taugliche Technologie präsentiert hat, als Repräsentant aufzutreten. „Von dort sind wir dann auf die Handwerksmesse nach Köln eingeladen worden.“

In Köln ist der König mit großem Aufwand empfangen worden. „Irgendwie hatte die Stadt davon Wind bekommen.“ Repräsentanten der Verwaltung seien gekommen, um Bansah zu begrüßen, „Und immer wieder kam die Frage, welche Funktion ich denn bekleiden würde“, berichtet Mäsgen. Irgendwann habe Bansah dann gesagt, Mäsgen sei sein Erster Konsul und sein Vertreter in Deutschland. „Ich dachte, das sei eine Notlüge.“ Heute hat Mäsgen eine offizielle Ernennungsurkunde und das königliche Siegel auf seinem Schreibtisch. „Hier bedeutet das überhaupt nichts. Aber in Afrika ist dieser Titel unheimlich wichtig.“ Dem Konsul öffnen sich die Türen hoher Würdenträger. Mäsgen geht in Afrika bei Erzbischöfen und Staatsministern ein und aus. Autorität scheint in Afrika sehr wichtig zu sein, dennoch dürfe man sich als Weißer nicht aufspielen. „Nie von oben herab“, ist Mäsgens Faustregel.