Cornelius BormannMit 75 Doktorarbeit geschrieben

Cornelius Bormann
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Erftstadt – Es war diese Mischung, die ihn antrieb, das Vorhaben anzugehen. „Ich hatte einfach Lust, im fortgeschrittenen Alter eine wissenschaftliche Leistung zu erbringen, und es war diese Neugier an der Person, über die ich geforscht habe“, sagt der langjährige Rundfunk- und TV-Journalist Cornelius Bormann. Sein großes Vorhaben hat er nun erfolgreich abgeschlossen. Im Alter von 75 Jahren promovierte der gebürtige Berliner, der seit etlichen Jahren in Lechenich wohnt, an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn über den berühmten evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer.
Der Titel seiner Doktorarbeit lautet: „Jesus Christus und die mündige Welt – Dietrich Bonhoeffers Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft vor dem Hintergrund der erinnerten Jugendzeit“. Der erste Teil des Dissertationsthemas sei zugleich ein Leitspruch des Theologen gewesen, erläutert Bormann: „Er ist zu verstehen als Ermunterung zum mündigen Leben. Es ist die Formel Bonhoeffers für ein menschliches Miteinander nach dem Ende der Tyrannei, nämlich der NS-Diktatur.“
Bormann erforschte, wie aus dem Lebensweg des Theologen, seiner Herkunft aus dem evangelischen Bildungsbürgertum, dessen Denkweise zu erklären ist und welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. Dass er sich mit einem von den Nationalsozialisten ermordeten Theologen in seiner Doktorarbeit auseinandersetzt, kommt nicht von ungefähr. Zum einen hatte Bormann sich schon seit seiner Jugend für Theologie interessiert. „Auf meinem Abiturzeugnis stand als Berufswunsch »Journalist«. Also studierte ich Geschichte und Germanistik. Später wechselte ich aber zur Theologie.“
Seit 1965 war Bormann als Redakteur des Westdeutschen Rundfunks zuständig für Kirchenfragen. Viele Zuschauer kennen ihn noch als TV-Auslandskorrespondenten und nicht zuletzt durch sein Engagement bei der „Aktuellen Stunde“ des WDR. In Erftstadt machte der mehrfache Buchautor sich vor allem durch sein umfängliches Nachschlagewerk über die Landjuden in den Synagogengemeinden Gymnich, Friesheim und Lechenich einen Namen. Es ist ein Nachschlagewerk, das er zusammen mit seiner Frau Heidi verfasst hat. Hierbei stieg er tief in die Geschichte des Judentums ein und setzte sich auch mit den Gräueltaten, den Pogromen, den Morden der NS-Schergen auseinander.
Hunderte Briefe
Bormann saß etwa vier Jahre an der Doktorarbeit. „Die Quellenlage ist gründlich und sehr umfänglich“, berichtet er. So las der Pensionär Tausende Seiten über Bonhoeffer und Hunderte Briefe des Theologen. Die hatte der von den Nationalsozialisten Inhaftierte aus dem Gefängnis schmuggeln können. In den Dokumenten habe sich gezeigt, dass der Theologe sich stark auf seine Vergangenheit besonnen habe. „Es war für ihn auch ein Weg, die eigene Identität zu wahren, statt darüber zu sinnieren, wie die tatsächliche Lage Deutschlands ist und die Zukunft aussieht“, erläutert der Autor.
Briefe Bonhoeffers seien nicht nur aus dem Militärgefängnis in Tegel herausgeschmuggelt worden, sondern die Antwortschreiben seines Freundes Eberhard Bethge seien auch ins Gefängnis gelangt. Insgesamt drei Wachmänner hätten das ermöglicht. „Hunderte Briefe wanderten auf diese Weise hin und her. Es gab sogar einen Plan, Bonhoeffer herauszuschmuggeln, indem man ihn in einen Monteursanzug hätte schlüpfen lassen“, berichtet Bormann. Das aber habe der Inhaftierte letztlich abgelehnt, um das Leben seiner Helfer nicht zu gefährden. Tragischerweise sei er dennoch später hingerichtet worden.
Moralische Instanz
Wäre Bonhoeffer nicht getötet worden, hätte er im Nachkriegsdeutschland mit Sicherheit eine wichtige Rolle gespielt, ist Bormann überzeugt. Der Theologe wäre eine wichtige moralische Instanz im Lande gewesen. Die etwa 350 DIN-A-4-Seiten umfassende Dissertationsschrift muss nun noch gedruckt werden. Cornelius Bormann, der auch als Vorsitzender des von ihm mitgegründeten Vereins „Kulturhaus Erftstadt“ engagiert ist, will künftig nicht kürzertreten. Er hat schon neue Pläne.
„Mich interessieren die Grunewald-Gefährten, eine Gruppe junger Leute, die von Anfang an die NS-Ideologie abgelehnt hatten.“ Doch zunächst ist geplant, Bormanns Dissertation über Dietrich Bonhoeffer mit Bildern anzureichern und im Buchhandel anzubieten. Einen Verlag hat der Erftstädter bereits gefunden.
Bliebe noch die Frage, wie Cornelius Bormann selbst es mit dem Thema Gott und Glaube hält. Als kirchengläubig verstehe er sich nicht, betont er. Doch die Auseinandersetzung mit dem umfassenden Sinn des Glaubens fasziniere ihn sehr wohl. Denn: „Glauben ist sehr viel mehr als die kleine Welt, in der wir leben“, sagt Cornelius Bormann.