Dramatische Ratssitzung in ErftstadtSchiffer wird Leiter der Stabsstelle Wiederaufbau

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Ratssitzung Erftstadt zu Gerd Schiffer

In der Ratssitzung ist es turbulent zugegangen.

Erftstadt – Nach überaus kontroversen Diskussionen in einer streckenweise dramatisch verlaufenen Ratssitzung wurde am Donnerstag zu nächtlicher Stunde um 23.40 Uhr der mit Spannung erwartete Beschluss gefasst: Der für fünf Jahre beruflich freigestellte Brühler Baudezernent Gerd Schiffer (51) ist vom Rat mit sofortiger Wirkung zum Leiter der neuen Stabsstelle für den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe für ganz Erftstadt gewählt worden. Bislang war er Koordinator für den Wiederaufbau in Blessem. Er leitet jetzt den Wiederaufbau der kommunalen Infrastruktur.

In einer von der FDP beantragten geheimen Abstimmung erhielt Schiffer 27 Ja-Stimmen, 16 votierten gegen ihn und ein Ratsmitglied enthielt sich. Zuvor war in offener Abstimmung beschlossen worden, dass der Aufbaustab für die voraussichtliche Dauer von zunächst fünf Jahren eingerichtet wird. CDU, Freie Wähler, FDP und Grüne votierten dafür. SPD, Linke und die beiden Grünen-Stadtverordneten Marion Sand sowie Birgit Foken-Brock stimmten dagegen.

Überdies wurde Bürgermeisterin Carolin Weitzel bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung grünes Licht gegeben, das für den Wiederaufbau erforderliche Personal befristet einzustellen und eine Refinanzierung über die Wiederaufbaurichtlinie des Landes anzustreben.

Carolin Weitzel macht Werbung für Gerd Schiffer

Für Verwunderung und Unmut bei einigen Stadtverordneten der Oppositionsparteien hatte vor Beginn der Aussprache eine ausführliche Rede Weitzels gesorgt, um den Rat von der Notwendigkeit der Stabsstelle mit Schiffer an der Spitze zu überzeugen. „Unsere heutige Ratssitzung wird auf jeden Fall eine Zäsur für unsere kommunalpolitische Handlungsfähigkeit sein. Die von uns zu treffenden Entscheidungen werden das Tempo, die Effizienz und die Qualität des Wiederaufbaus in unserer Stadt maßgeblich bestimmen.“

Gerd Schiffer Porträt

Gerd Schiffer

Das vorhandene Personal der Verwaltung reiche nicht, rund 50 Stellen seien vakant. Bezug nehmend auf die Flut mahnte sie angesichts von Not und Leid der Betroffenen, sich in parteipolitischen Auseinandersetzungen zu verlieren. „In der Krise zeigt sich der Charakter“, rief sie den Stadtverordneten zu.

Gerd Schiffer sei ausgebildeter Katastrophenschützer und habe für Erftstadt als erfahrener Experte in den Bereichen Hoch- und Tiefbau, Infrastruktur, Verkehr und Umwelt wertvolle Arbeit geleistet. Aufgrund der öffentlichen Berichterstattung zur geplanten Stabsstelle Wiederaufbau hätten sich bereits 40 Personen beworben, um mitzuarbeiten.

Scharfe Kritik an Carolin Weitzel und ihrer Rede

FDP-Ratsherr Reiner Wintz zeigte sich sehr irritiert, die Rede mitten in der Tagesordnung des Rates zu halten. Bernd Bohlen (fraktionslos) nannte Weitzels Bemerkung gar diskreditierend. „Wer anderer Meinung als die Bürgermeisterin ist, hat deswegen doch nicht automatisch was gegen den Wiederaufbau“, sagte Bohlen. Ähnliche Kritik kam aus Reihen von SPD, Grünen und Linken.

Kämmerer Dirk Knips berichtete, der Kreis habe der Kommune die Umlage in Höhe von sechs Millionen Euro gestundet. Beabsichtigt sei, diese endgültig zu erlassen. Ob und wie viel Geld Land und Bund tatsächlich erstatten werden, konnten weder Knips noch Reinhold Lock, Projektleiter des Unternehmens imaka für Verwaltungsstrukturreformen, sagen.

Unklar ist bislang auch, wie hoch die tatsächlich Schadenssumme an Straßen, Gebäuden und Anlagen ist. Lock hält eine Summe zwischen 50 und 70 Millionen Euro für realistisch. Erftstadt dürfe bei der Koordinierung des Wiederaufbaus keine Zeit verlieren, die Förderrichtlinien würden nur fünf Jahre gelten. „Springen Sie über ihren Schatten“, beschwor er die Ratsmitglieder.

Gerd Schiffer: „Habe immer wieder daran gedacht, das Handtuch zu werfen“

Nach seiner Wahl zum Stabsstellenleiter sagte Schiffer: „Ich danke denjenigen, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Diejenigen, die das heute nicht konnten, werde ich versuchen, mit meiner Arbeit zu überzeugen. Ich habe tatsächlich zwischenzeitlich anhand der Diskussion doch immer wieder daran gedacht, das Handtuch zu werfen, weil ich mir das ein Stück weit anders vorgestellt habe.“ Doch das Vertrauen der Blessemer Bürger sei für ihn Ansporn, den Job zu machen.

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Schiffer hatte zuvor eingangs der Ratssitzung angekündigt, dass er, die Bürgermeisterin, Landrat und Vertreter der Regierungspräsidien Köln und Arnsberg, sowie Erftverband und Geologischer Dienst für Mitte November eine Präsentation für die weitere Planung der Gestaltung des zerstörten Geländes am Blessemer Ortsrand in Erftstadt planten. Ausdrücklich betonte Schiffer, dass er bezüglich des Frauenthaler Marien-Hospitals zu keinem Zeitpunkt Standort und Wiederaufbau des Krankenhauses in Zweifel gezogen habe. „Allerdings ist ein verbesserter Hochwasserschutz unabdingbar“, betonte er.

Das sagen die Parteien in Erftstadt zur Wahl

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