Vor drei Jahren wurden in Blessem 180 Rebstöcke gepflanzt. Mittlerweile haben sie sich zu kräftigen Pflanzen entwickelt.
Flut 2021 in ErftstadtDiese Rebsorte wächst auf dem Weinberg in Blessem – Erster Wein 2027

Am neuen Rebengarten stehen hier Karl Berger und Günter Ott (rechts). Der Weinberg ist nahe der Stelle entstanden, wo die Flut 2021 acht Häuser mit sich riss. 2026 soll die erste Lese stattfinden.
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Auch vier Jahre nach der Flut sind immer noch nicht alle Schäden aufgearbeitet. Doch es geht aufwärts. „Hier stand das Wasser 1,31 Meter hoch“, berichtet Günter Ott und deutet auf den immer noch deutlich zu erkennenden Rand, den das Hochwasser damals in das Gemäuer eines Nebengebäudes von Burg Blessem gefressen hat. Ott ist Rotarier der Vereinigung Köln/Ville.
Mit einem Laser-Gerät haben Ott und seine Helfer genau diese Markierung vor einigen Wochen abgenommen und auf eine Stele aus französischem Schiefer übertragen. Als Erinnerung an die Flut vom Juli 2021 soll diese insgesamt 2,37 Meter hohe Stele einen Platz am Rande des ersten Blessemer Rebengartens in unmittelbarer Nähe der ehemaligen Kiesgrube bekommen. Die Stahlpfähle, die der Stele Halt geben sollen, sind längst in den Boden betoniert. In ein paar Tagen soll das Kunstwerk geliefert und aufgestellt werden.
Erftstadt-Blessem: Acht Häuser wurden bei der Flut 2021 in den Krater der Kiesgrube gespült
Denn vergessen wollen und werden die Blessemer diese verheerende Flut nicht. Nach tagelangem Regen führte damals die Erft extrem viel Wasser – das schließlich weit über die Ufer in die Straßen, die Häuser und dann auch noch, wie von einer unsichtbaren Kraft gezogen, in die Kiesgrube lief. Dabei ist der Grubenrand immer weiter weggebrochen. Acht Häuser wurden dabei in den gigantischen Krater der Kiesgrube – das sogenannte Loch – gespült, oder wurden so sehr beschädigt, dass sie abgerissen werden mussten.
Die Luftaufnahme dieses gewaltigen Lochs ging damals um die Welt. Inzwischen ist der Krater aber schon gut mit Erde und Sand gefüllt. Einen Kiesabbau wird es dort wohl nicht mehr geben. „Hier entsteht etwas ganz Neues“, sagt der Vorsitzende des Blessemer Bürgerforums Karl Berger und deutet auf den Rebengarten, der nahe der Grube bereits tüchtig gewachsen ist. Vor drei Jahren wurden 180 Rebstöcke gepflanzt. Alle sind sehr gut angewachsen und haben sich bereits zu kräftigen Pflanzen entwickelt.
Weinberg in Blessem: Nächstes Jahr erste Lese
Fast täglich streift Berger in diesen Wochen durch die gepflegte Anlage. Aktuell wachsen die Rebstöcke tüchtig. „Ich muss sie fast wöchentlich geizen“, erklärt Berger. Einen ordentlichen Rückschnitt wurde den Rebstöcken auch schon vor ein paar Tagen beim ersten Sommerfest verpasst, als alle etwa 20 ehrenamtlichen Hobbywinzer mit angepackt hatten.
In knapp zweieinhalb Stunden konnten dabei alle 180 Weinstöcke fachgerecht zurückgeschnitten werden. Vor Ort waren dabei natürlich auch die beiden Winzer Dirk Wollersheim und Ludwig Kreuzberg aus dem Ahrtal. Kostenlos beraten sie die Hobbywinzer in Blessem.
In Dernau ist bei der Flut auch der komplette Sportplatz weggespült worden
„In Dernau ist bei der Flut auch der komplette Sportplatz weggespült worden“, erklärt Ott den Hintergrund. 10.000 Euro hätten die Rotarier Köln/Ville damals für den Wiederaufbau dieser Sportanlage gespendet. Dabei sei mit dem damaligen Ortsbürgermeister Alfred Sebastian, sowie den Winzern Dirk Wollersheim und Ludwig Kreuzberg ein Plan geschmiedet worden. Demnach erhalten die Blessemer Hobbywinzer als Gegenleistung für die Geldspende der Rotarier zum Wiederaufbau des Sportplatzes, eine kostenlose und fachliche Anleitung und Beratung für den Weinanbau.
Die Rebsorte Weißburgunder habe ihnen die Winzer empfohlen. Weißburgunder sei relativ anspruchslos und pflegeleicht. 2026 soll es die erste Lese geben, im Frühjahr 2027 den ersten Blessemer Wein.
Die Idee für den Weinanbau am Loch in Blessem hatte Günter Ott. „Es ging mir vor allen Dingen darum, dem Areal hier eine positive und ganz neue Perspektive zu geben“, erklärt er. „Und das längst mehr als gelungen“, ergänzt Berger.
Tüchtig die Werbetrommel rührt aktuell auch der Präsident der Rotarier Köln/Ville. So wie schon sein Amtsvorgänger Udo Buschmann hat es sich auch Walter Brecht zur Aufgabe gemacht, die Patenschaften für die Rebstöcke weiter zu fördern. 67 Patenschaften seien bereits vergeben. Die Kosten betragen jährlich zehn Euro. „Wir pflegen dafür den Rebstock“, erklärt Ott. Jeder Pate erhielt eine Schiefertafel mit Namen, die an „seinem“ Rebstock befestigt wird. Ganz neu ist, dass sich inzwischen auch in Erftstadt ein Rotary-Club gegründet hat. „Die haben spontan direkt 13 Patenschaften übernommen“, berichtet Ott.