„Omas gegen Rechts“Journalist Teidelbaum entlarvt in Erftstadt die Argumente der Querdenker

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Ein Plakat zeigt die Sänger Xavier Naidoo, Hannes Ostendorf.

Xavier Naidoo und Hannes Ostendorf, hier auf einem Plakat, führte Lucius Teidelbaum als Beispiel an.

Der Journalist Lucius Teidelbaum sprach in Erftstadt-Lechenich über Querdenker und entlarvte die Argumente der Verschwörungstheoretiker. 

„Omas gegen Rechts“ nennen sich die Veranstalterinnen des Vortrags über Verschwörungserzählungen – ein niedlicher Name, eingedenk des komplexen und nicht gerade erfreulichen Themas. Lucius Teidelbaum, Journalist und Vortragsreferent, beschäftigt sich seit Langem mit extremen Bewegungen, er hat eine Reihe von Büchern geschrieben, zum Beispiel über „Obdachlosenhass und Sozialdarwinismus“, „Die christliche Rechte in Deutschland“ oder „Pegida: Die neue deutschnationale Welle auf der Straße“.

Im Pfarrzentrum St. Kilian in Lechenich hielt er nun einen Vortrag mit dem Titel „Vom Querdenken zur Querfront? Die rechts-offenen Proteste seit April 2020 – Nachdenken statt Querdenken!“ Der Begriff „Querfront“ bezeichnet dabei den Versuch, links- und rechtsextreme Bewegungen und Argumentationen miteinander zu verbinden.

Entwicklung zu Demokratiefeinden

Am Ende der Weimarer Zeit gab es ein zeitweises Zusammengehen von Kommunistischer Partei und Nazis, die die SPD als Hauptfeind definierten. Heute, so Teidelbaum, gehe die Querfront-Strategie von der extremen Rechten aus. Er verdeutliche das mit einem Bild, das den ursprünglich antirassistischen Sänger Xavier Naidoo mit dem rechtsextremen Musiker Hannes Ostendorf zeigt.

Teidelbaum zeigte die Entwicklung einer ursprünglich auf die Corona-Maßnahmen ausgerichteten Bewegung hin zu einer radikal demokratiefeindlichen und antisemitischen Verschwörungsideologie auf. Bei den ersten Demonstrationen gegen staatliche Corona-Maßnahmen hätten 50 Prozent noch nie an einer Demo teilgenommen gehabt.

Der Anteil der Selbstständigen habe bei mehr als 50 Prozent gelegen – Existenzängste spielten eine große Rolle. Esoteriker, Hippies, Menschen, die eher dem Alternativmilieu zugeordnet werden könnten, seien dabeigewesen. Das gelte auch für die aus dieser Bewegung entstandene Partei „Die Basis“, die sich bald nach rechts offen gezeigt habe.

Wichtig sind Argumentations-Trainings und Ausstiegs-Programme
Lucius Teidelbaum

Ähnlich groß wie die AfD, aber bei Wahlen wenig erfolgreich, greife „Die Basis“ verschiedenste Themen auf, über die bei der großen Mehrheit der Bevölkerung Konsens bestehe, und negiere sie. Beispiel: Ein Wahlplakat zeigt blühende Landschaften mit dem Slogan: „Klimawandel ist normal“.

Verschwörungserzählungen, so Teidelbaum, fassten solche Themen zusammen und verbänden sie zu einer Fundamentalkritik an der Demokratie. Für komplexe Probleme böten sie vereinfachte bis falsche Lösungen an, würden vermeintliche Verursacher benennen, zum Beispiel den Investor George Soros oder die Familie Rothschild; durch die Betonung von deren jüdischem Hintergrund bedient man sich antisemitischer Narrative.

Teidelbaum befürchtet steigende AfD-Erfolge, auch die ursprünglich links verortete Friedensbewegung zeige sich inzwischen, gerade im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine, in Teilen als nach rechts offen. Fremdenfeindliche Proteste nähmen zu. Was kann man tun? Teidelbaum: „Wichtig sind Argumentations-Trainings und Ausstiegs-Programme.“

Er gibt zwei Literatur-Tipps: Andreas Speit, „Verqueres Denken. Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus“, CH Links Verlag. Und: Ingrid Brodnig, „Einspruch! Verschwörungsmythen und Fake News kontern – in der Familie, im Freundeskreis und online“, Brandstätter Verlag. Ein erhellender Abend.

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