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FlüchtlingIrakischer Tierarzt Hasan Ali hat in Erftstadt Fuß gefasst

Lesezeit 3 Minuten

Geschafft: Tierarzt Hasan Ali in seinem Appartement, die Möbel haben ehrenamtliche Paten spendiert.

Erftstadt – Er hat in Containern an der Schönhauser Straße in Köln gehaust und Monate in einem Mehrbettzimmer in Erftstadt verbracht. Jetzt steht Hasan Ali (32) auf seinem Balkon in der 19. Etage eines Hochhauses im Rhein-Erft-Kreis.

Er genießt den weiten Blick und atmet durch. Der 32 Jahre alte Tierarzt aus Bagdad hat es geschafft: Seit wenigen Tagen lebt der Flüchtling in einer Einzimmerwohnung.

Sein Antrag auf Anerkennung als Flüchtling ist erstaunlich schnell akzeptiert worden, der muslimische Iraker darf mindestens drei Jahre in Deutschland bleiben – und er hat das Recht, auch seine Ehefrau und die beiden sieben und acht Jahre alten Töchter nach Deutschland zu holen. Seit seiner Ausreise vor neun Monaten hat er sie nur per Skype gesehen.

Zwei Deutschkurse

Der höfliche, bedächtig wirkende Mann hat inzwischen schon zwei Deutschkurse absolviert, und seine Kenntnisse werden täglich besser. Über die Zeit in den Flüchtlingsheimen beschwert er sich nicht, noch nicht einmal über das Essen. Aber der Hobbykoch ist froh, wenn er jetzt wieder selbst schnibbeln und braten kann.

Natürlich sei es eng und unruhig gewesen, natürlich prallten dort Menschen unterschiedlicher Bildung und Herkunft aufeinander – mit unterschiedlich ausgeprägtem Gemeinschaftssinn und manchmal gewöhnungsbedürftigen Umgangsformen.

Hilfe durch Ehrenamtler

Aber Hasan Ali bildete war nicht nur wegen seine fundierten Kenntnisse und Berufserfahrung eine Ausnahme – auch dank der ehrenamtlichen Betreuer, die ihm „extrem viel geholfen haben“, verfiel er nicht in Frust. Sogar mit medizinischer Fachliteratur auf Deutsch versorgten ihn die Paten, hinter den Wälzern verschanzte Ali sich und lernte, wenn der Trubel zu groß wurde.

Auch in Erftstadt öffnete ein ehrenamtlicher Helfer die Türen effizienter als Behörden und Jobcenter. Er schrieb der ortsansässigen Veterinärin Simone Jendrysek und fragte nach einer Praktikumsstelle für seinen Schützling. Auch als Alternative zum enervierenden Einerlei im Heim.

Von Hund bis Kamel alles behandelt

Hasan Ali konnte Erfahrung in einer Tierklinik – da behandelte er vom Hund bis zum Kamel alle Tierarten – und in einer eigenen Praxis in Bagdad nachweisen. Jendrysek wagte den Versuch – und ist begeistert: „Ich habe schon lange eine Entlastung gesucht. Vergeblich. Und jetzt habe ich mit Hasan Ali nicht nur einen beherzten Tierarzt kennengelernt, sondern auch einen sehr sympathischen Menschen.“

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Noch ist die berufliche Anerkennung der irakischen Zeugnisse und Diplome nicht abgeschlossen, aber die Tierärztin ist guter Dinge. Der Praktikant kommt jeden Vormittag in die Praxis – und damit auch ins deutsche Sprachbad.

Schnell eingefügt

Da lerne er schneller als im nachmittäglichen Deutschkursus, sagt Ali. Er fügt sich schon jetzt gut ins Team ein, sagt die Veterinärin. „Das könnte was Dauerhaftes werden.“ Jendrysek würde den Kollegen fest anstellen, wenn alle behördlichen Genehmigungen vorliegen – und so auch die finanzielle Basis für eine Familienzusammenführung schaffen. Das Sofa und den Tisch für die erste Wohnung im Hochhaus haben sie und andere Unterstützer schon spendiert.