Helfende HändeKinderhospizdienst hilft Familien wie der vom schwerstbehinderten Lazo aus Frechen

Lesezeit 4 Minuten
Das Foto zeigt Tavga Suleiman, Nassradin Rahim und ihren Sohn Lazo.

Tavga Suleiman und Nassradin Rahim mit ihrem Sohn Lazo.

Der zwölfjährige Lazo ist mit einer schweren geistigen und körperlichen Behinderung zur Welt gekommen. Der Kinderhospizdienst hilft.

Lazo mag Jazz und Marschmusik. „Manchmal singe ich mit, dann lacht er“, erzählt Silke Otto. Auf Kinderlieder steht der Zwölfjährige nicht. Lazo kann nicht selbst sagen, was er mag oder nicht mag. Der Zwölfjährige ist mit einer schweren geistigen und körperlichen Behinderung zu Welt gekommen.

Silke Otto ist ehrenamtliche Mitarbeiterin des Kinderhospizdienstes und kümmert sich einmal in der Woche um Lazo, der mit seiner Familie in Frechen wohnt.

Ein Zusammenleben, das die Eltern an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt. Nassradin Rahim und Tavga Suleiman sind Kurden aus dem Nordirak. Er lebt seit 1999 in Deutschland, sie seit 2005. Dass sie den Sohn rund um die Uhr betreuen, ist nicht nur eine seelische Belastung, sondern auch eine körperliche Strapaze.

Nachts bekommt Lazo keine Luft, er läuft blau an

Lazo kann weder gehen noch stehen, er muss ins Bett oder in den Rollstuhl gehoben werden. Vater Nassradin Rahim hat mittlerweile einen Bandscheibenvorfall und Knieprobleme, Mutter Tavga Suleiman klagt über Schmerzen im Arm. „Ich bin immer müde, ich fühle mich total erschöpft“, sagt sie. „Wir habe keine Nacht durchgeschlafen, seit Lazo auf der Welt ist“, sagt Rahim.

Denn nachts geht es dem Jungen oft schlecht, er bekommt keine Luft, läuft blau an. Dann reißt das Überwachungsgerät die Eltern aus dem Schlaf, damit sie ihrem Kind zu Hilfe kommen können. Bis vor drei Jahren kamen bei dem Jungen zu alldem auch noch epileptische Anfälle hinzu.

Wir haben keine Zeit, den Großen zum Schwimmen zu fahren. Oder mal zuzuschauen, wenn er Fußball spielt
Tavga Suleiman

Mehr als die unruhigen Nächte belastet die Mutter allerdings die Sorge, dass ihre beiden anderen Kinder zu kurz kommen könnten, weil Lazo das Familienleben bestimmt. Der älteste Sohn ist 17, die kleine Tochter vier Jahre alt. „Wir haben keine Zeit, den Großen zum Schwimmen zu fahren. Oder mal zuzuschauen, wenn er Fußball spielt“, bedauert Tavga Suleiman. Selbst einfach mal am Samstag gemeinsam einkaufen zu gehen sei nicht möglich. „Wir werden nie wie eine normale Familie leben.“

Lazo besucht die Donatusschule in Pulheim-Brauweiler, eine Förderschule des Landschaftsverbandes Rheinland mit Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Dort habe der Junge schon große Fortschritte gemacht, erzählen die Eltern stolz. Seit einiger Zeit könne er beispielsweise ohne Unterstützung sitzen. Die Stunden, wenn er in der Schule ist, sind nahezu die einzigen, in denen Vater und Mutter mal durchatmen können.

Wenn der Schulbegleiter ausfällt, findet sich kaum Ersatz

Doch häufig muss der Zwölfjährige zu Hause bleiben. Denn er braucht einen Schulbegleiter mit medizinischen Kenntnissen. Und die sind rar gesät. Falle der Schulbegleiter aus, finde sich kaum ein Ersatz, berichtet die Mutter. Dann kann Lazo nicht zur Schule gehen.

Auch ein Pflegedienst sei für ihn kaum zu finden: Die meisten seien nicht auf die Pflege von Kindern eingestellt. Umso dankbarer ist die Familie, wenn Silke Otto kommt. „Lazo ist ein tapferer Junge“, sagt sie. „Er merkt ja selbst, dass er an Grenzen stößt.“ In den vier Jahren, die sie den Jungen kennt, hat sie eine eigene Kommunikation mit ihm gefunden. Und auch sie sieht, dass er sich entwickelt: „Er hat schon mal Nein gesagt.“

Für Tavga Suleiman sind Leute vom Hospizverein wie Engel

Ansonsten gibt er ihr durch Laute zu verstehen, wenn er etwas nicht möchte. Und lacht, wenn er sich freut. Beispielsweise, wenn die beiden bei schönem Wetter im Rosmarpark unterwegs sind. Oder an einem Brunnen in der Frechener Innenstadt die Hände ins Wasser tunken. Manchmal gehen die beiden auch Eis essen. „Ich habe gelernt, kein Programm abzuspulen, sondern reinzuspüren, was er möchte“, schildert Silke Otto. Und zu respektieren, wenn der Junge einfach nur seine Ruhe brauche.

Sie bewundere die Herzlichkeit in der Familie, sagt Silke Otto. Die Leute vom Hospizverein seien wie Engel, sagt hingegen Tavga Suleiman. Und dann: „Manchmal bin ich nur noch am Weinen. Dann kann ich nicht mehr.“


Der 10. Februar ist der Tag der Kinderhospizarbeit. Der Deutsche Kinderhospizverein hat ihn 2006 ins Leben gerufen. Damit soll auf die Situation von Familien aufmerksam gemacht werden, die ein lebensverkürzend erkranktes Kind zu betreuen haben. Aber auch die Arbeit der Helferinnen und Helfer soll in den Fokus gerückt und das Thema „Tod und Sterben junger Menschen“ enttabuisiert werden.

Der ambulante Kinder-Hospizdienst im Rhein-Erft-Kreis ist beim Hospizverein Erftstadt angesiedelt. Hauptamtliche Kräfte und geschulte Ehrenamtliche begleiten und unterstützen die Familien. Ein stationäres Kinderhospiz gibt es im Rhein-Erft-Kreis nicht.

Kontakt zum Hospizverein kann man unter 02235/5227  aufnehmen. (uj)

KStA abonnieren