Letzter „Klütten-Job“Kohlenhändler nehmen Abschied von Frechener Brikettfabrik

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Zwei LKW aus den 1950er-Jahren stehen in der Brikettfabrik in Frechen und warten, dass sie mit Kohle beladen werden. Ein Arbeiter steht mit Helm und Warnweste neben dem linken LKW.

Die Kohlenhändler aus dem Rhein-Erft-Kreis haben für ihre letzte Fahrt zur Brikettverladung ihre alten Lastfahrzeuge auf Hochglanz poliert.

Die Frechener Brikettfabrik schließt. Zum Ende der Ära kamen die Kohlehändler aus dem Rhein-Erft-Kreis ein letztes Mal zum Verladen mit ihren Oldtimern in die Brikettfarik Wachtberg. Die Lastwagen aus den 1950er-Jahren waren mit dem Logo der „Union“-Brikett, „Klütten-Job“ und anderen einschlägigen Firmennamen geschmückt.

Ein letztes Mal gehe es zum Verladen an der Brikettfabrik Wachtberg, sagte der Hürther Kohlenhändler Peter Josef Hürter. Dafür hatte er seinen grünen VW-Pritschenwagen aus den 1960er-Jahren, der ihm immer gute Dienste geleistet hat, nach Frechen gefahren. Säcke mit Klütten in die Keller und auf die Etagen zu tragen, das habe immer zum Kerngeschäft des Unternehmens gehört, gegründet von Vater Gottfried Josef. Ganze Nächte habe er im Wagen beim Warten auf die Brikettverladung verbracht.

Mit seinem Oldtimer reihte Hürter sich am Samstagmittag in den Pulk der Lastwagen aus den 1950er-Jahren ein. Für die letzte Fahrt zur Brikettverladung hatten die Kollegen aus dem Rhein-Erft-Kreis die alten  Laster auf Hochglanz poliert und mit dem Logo des „Union“-Briketts, „Klütten-Jupp“ und einschlägigen Firmennamen, geschmückt. Allen sei klar, dass eine Ära zu Ende gehe, so Hürter.

Ein Mann sitzt auf einem Stuhl und hat vor sich mehrere Knöpfe. Durch eine Scheibe kann er auf die LKW blicken, die mit Kohle beladen werden.

Jan Hiecker bedient seit 2006 die alte Technik im Leitstand der Brikettverladung. Demnächst übernimmt er einen neuen Posten.

In der Verladung dirigierte Jan Hiecker, wie so oft seit seinem ersten Arbeitstag im Jahr 2006, die staubenden Förderbänder über die Ladeflächen der Oldtimer. Immerhin zweimal setzte er für wenige Tonnen des Brennstoffes die Förderbänder auch in Gang.

Von der verglasten Kanzel am Ende einer Treppe, schwarz vom Kohlenstaub, dirigierte Hiecker die Verladung mit Joystick und Druckschaltern. Nur die eisernen Fußpedale, die einem einarmigen Kollegen die Verladung ermöglicht hätten, seien außer Betrieb genommen worden, sagte Hiecker. Er selbst werde demnächst einen Posten in der Staubverladung übernehmen.

Pferdefuhrwerke fuhren die Klütten bei Geschäftsgründung 1939

In der Leitzentrale gibt es immer noch zwei Stühle und einen einfachen Tisch sowie eine Toilette. Auf der Warte können die Kohlehändler einen heißen Kaffee trinken und sich aufwärmen. Resi Schmitz trauerte alten Zeiten hinterher, in denen es morgens hieß: „Öfen hochstochen“, Asche raus, neue Klütten rein, Wärme genießen und kochen. Immer noch sitzt die 67-jährige Frau des Brennstoffhändlers Reiner Schmitz (82) im  Kirchhertener Büro. Obwohl längst Tochter Resi und Sohn Hansi – er hatte die Idee für das Oldtimertreffen – die Geschäfte führen.

Die letzte Fuhre Briketts habe er im Oktober verladen, erzählt Reiner Schmitz. Hansi Schmitz erinnert sich noch gut daran, dass er mit seinem Großvater Klütten gefahren hat. Der habe den Betrieb 1939 gegründet, damals mit Pferdefuhrwerken.

Kurz vor Weihnachten sei es mit der Brikettproduktion in der Brikettfabrik Wachtberg endgültig vorbei, sagte Produktionsleiter Raimund Lange. 118 Millionen Tonnen Brikett seien in der Fabrik seit Anfang vergangenen Jahrhunderts gefertigt worden. Die Frist bis Ende des Jahres hatte die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ für die Produktion im Westen gesetzt, in der Lausitz darf länger mit Briketts geheizt werden.

Brikettfabrik Wachtberg schließt kurz vor Weihnachten 2022

Zurzeit liege der Preis für Briketts bei bis zu 1000 Euro pro Tonne, weiß Lange, im Einzelhandel gehe ein konfektioniertes Zehn-Kilogramm-Paket Briketts für bis zu zehn Euro über die Ladentheke. Noch vor einigen Jahren hätten es Supermärkte   für knapp zwei Euro verkauft.

Resi Schmitz erzählt, sie erhalte viele Anrufe von Leuten, die gern Briketts für ihre Öfen hätten. Langjährige Kunden tröstet sie dann mit „Fuhrmannssprit“, einem Kräuterlikör in einer Steingutflasche. Einmal geleert und mit Sand gefüllt, könne man sich die auch als Wärmflasche ins Bett legen, rät Resi Schmitz.

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