Die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW kritisiert die Nähe der geplanten Unterkunft zum europäischen Naturschutzgebiet Königsdorfer Forst.
LNU NRWUmweltverband will gegen die ZUE in Frechen klagen

Im Königsdorfer Forst schaut ein Schwarzspecht mit dem Kopf aus seiner Höhle.
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Die Aussage ist klar formuliert: „Sofern die Bezirksregierung Köln die Errichtung der Zentralen Unterkunftseinrichtung (ZUE) an der Alten Aachener Straße weiter vorantreibt, wird die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW (LNU) wegen der Verletzung naturschutzrechtlicher Bestimmungen eine Verbandsklage einreichen.“ Die LNU NRW ist ein Zusammenschluss von Vereinigungen des ehrenamtlichen Naturschutzes und hat rund 300.000 Einzelmitglieder.
Die Erfolgsaussichten würden von führenden Juristen als aussichtsreich angesehen, so der Verein Waldfreunde Königsdorf in einem Flyer, der in den nächsten Wochen an alle Königsdorfer Haushalte verteilt werden soll. Der Königsdorfer Forst sei ein außergewöhnliches und für die Region einmaliges Naturschutzgebiet. Noch ist die Publikation in der Druckerei, die Auflage beträgt mehrere Tausend Exemplare und soll von Freiwilligen ausgetragen werden.
Frechen: Vertrag über eine gegebenenfalls nötige Erhebung einer Verbandsklage
Die Bezirksregierung (BR) Köln plant, auf dem Gelände der ehemaligen Baumschule Zirener eine ZUE für bis zu 300 Geflüchtete errichten. Die Stadt Frechen hatte das Gelände im Oktober 2024 gekauft und will rund zehn Prozent davon an die Bezirksregierung für die Einrichtung verpachten. Der Rest des Grundstücks soll als Ausgleichsfläche für Bauprojekte an anderer Stelle dienen.

In der Anlage zu dem geplanten Pachtvertrag ist die vorgesehene Fläche für die ZUE genau gekennzeichet.
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Auch der LNU-Geschäftsführer Rainer Fischer bestätigt auf Anfrage dieser Redaktion: „Es ist zutreffend, dass unser Mitglied, die Bürgerinitiative Waldfreunde Königsdorf, an uns herangetreten ist und uns auf die Problematik der Errichtung einer ZUE angrenzend an das FFH-Gebiet „Königsdorfer Forst“ (also ein Naturschutzgebiet von europäischem Rang) hingewiesen hat. Die LNU hat nach naturschutzfachlicher und juristischer Prüfung diese Bedenken geteilt.“
Unseres Erachtens sollte ein Standort für eine ZUE gefunden werden, der nicht unmittelbar an ein FFH-Gebiet angrenzt
Es sei ein Vertrag zwischen der LNU und den Waldfreunden Königsdorf über eine gegebenenfalls nötige Erhebung einer Verbandsklage abgeschlossen worden. „Unseres Erachtens sollte ein Standort für eine ZUE gefunden werden, der nicht unmittelbar (50 m Entfernung sind ja derzeit geplant) an ein FFH-Gebiet angrenzt“, so Fischer.
Der Königsdorfer Forst sei als Flora- und Fauna-Habitat (FFH) rechtlich besonders geschützt, erläutern auch die Waldfreunde. Dies geschehe zur Erhaltung und Wiederherstellung von Lebensgemeinschaften und -räumen sowie Biotopen bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten. Besondere Spechtarten wie Mittel-, Schwarz- und Grauspecht seien als Schlüsselarten für das gesamte Waldökosytem von zentraler Bedeutung. So würden beispielsweise ihre Höhlen von einer Vielzahl anderer Nachnutzer bewohnt.

Der Königsdorfer Forst ist ein europäisches Naturschutzgebiet.
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Zudem beherberge der Forst als Wildnisentwicklungsgebiet bis zu 197-jährige Traubeneichen und Rotbuchen, die als Horstbäume für Vögel und Nachnutzer dienten. Dank der in den letzten Jahren ergriffenen Schutzmaßnahmen sei dieses Ökosystem bisher weitgehend ungestört gewesen, so die Waldfreunde um ihren Vorsitzenden Werner Fink.
Der laufende Betrieb einer ZUE und die Versorgungslogistik - an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr - bringen unweigerlich erhebliche Störungen mit sich
Dies sehen die Naturschützer gefährdet: „Der laufende Betrieb einer ZUE und die Versorgungslogistik - an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr - bringen unweigerlich erhebliche Störungen mit sich “ Dazu gehörten„ dauerhafter Lärm, Lichtbelästigung, verstärkte menschliche Aktivität sowie mechanische Eingriffe in die Natur“. Nicht zu vergessen sei die„ latente und nicht zu unterschätzende Waldbrandgefahr“.
Der Pachtvertrag zwischen der Stadt Frechen und der BR für die ZUE ist noch nicht unterschrieben. „Es gibt dafür auch noch keinen festen Termin“, teilte die BR auf Anfrage dieser Redaktion mit. „Einen festen Zeitplan für die ZUE gibt es noch nicht, das Projekt befindet sich noch im Planungsstadium“, so Dennis Heidel von der Bezirksregierung. Die Unterzeichnung erfolge, sobald die erforderlichen Zustimmungen der obersten Landesbehörden vorlägen.
Büro aus Königswinter erstellt erste Gutachten
Aktuell liefen rund um den Natur- und Umweltschutz Vorprüfungen, konkrete Informationen oder Ergebnisse gebe es hier noch nicht. Beauftragt wurde das Büro Strix GmbH aus Königswinter, es soll eine Artenschutz- und eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erstellen. Es handele sich jeweils um die Stufe 1 der Prüfung, so die BR.
Die Stadt Frechen ergänzt, dass die Gutachterbüros ihre Arbeit aufgenommen und Ortsbesichtigungen durchgeführt hätten. „Die Gutachten sind Teil der Bauantragsunterlagen, die vom Antragssteller, der Bezirksregierung Köln, einzureichen sind“, so die Verwaltung. Die Vertragsunterzeichnung sei für das zweite Quartal 2025 vorgesehen, „wenn die Bezirksregierung die entsprechenden Zustimmungen und Genehmigungen seitens der involvierten Ministerien erhalten hat“.
Tobias Weber, Sprecher der Bürgerinitiative Königsdorf, die auch den ZUE-Standort kritisiert und mit den Waldfreunden kooperiert, analysiert: „Wir haben den Eindruck, dass die ZUE am Königsdorfer Wald und der Schutz der tierischen Bewohner im aktuellen Wahlkampf gezielt außen vor gelassen werden. Unser Ziel ist es, unsere Mitbürger umfassend zu informieren, damit sie sich eine eigene Meinung bilden können. Nur wer weiß, was auf dem Spiel steht, kann verantwortungsvoll entscheiden und wählen. “