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Nach Tod einer Schülerin„Verhindern Sie weiteres Sterben“ – Hürther appellieren an NRW-Verkehrsminister

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An der  Frechener Straße erinnern Blumen, Kerzen, Teddybären, Fotos und Briefe der Mitschüler an das Schicksal der tödlich verunglückten zehnjährigen Avin.

An der Frechener Straße erinnern Blumen, Kerzen, Teddybären, Fotos und Briefe der Mitschüler an das Schicksal der tödlich verunglückten zehnjährigen Avin.

Zeynep Fuchs und Ingo Lenz werfen Landrat Rock und Bürgermeister Breuer Untätigkeit vor. Sie fordern schnelles Handeln nach dem schweren Unfall.

Der tragische Verkehrsunfall in Hürth mit einem getöteten Mädchen (10) und sechs weiteren zum Teil schwerverletzten Opfern zieht weitere Kreise. Die Initiatoren einer Online-Petition, die ein Tempolimit von 30 km/h auf der Frechener Straße fordern, haben sich in einem Schreiben hilfesuchend an NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) gewandt.

Die Mediziner Zeynep Fuchs und Ingo Lenz sind in Sorge, schließlich kreuzten im Hürther Ortsgebiet zahlreiche Schul- und Radwege die Kreisstraße L92 (Frechener Straße). Diese Kreuzungen stellten seit Jahren erhebliche Gefahrenzonen dar. Der Unfall vom 4. Juni sei nicht der einzige folgenschwere auf der Frechener Straße in den vergangenen Jahren gewesen. Am 7. Oktober 2018 sei ein Radfahrer beim Überqueren der Frechener Straße von einem Pkw erfasst worden und gestorben.

Es gibt bisher keine Reaktion oder offizielle Stellungnahme vom zuständigen Landrat Frank Rock
Zeynep Fuchs und Ingo Lenz

Und am 7. Dezember 2021 sei ein Junge an der Kreuzung Frechener Straße/Sudetenstraße ums Leben gekommen, der unter einen abbiegenden Lkw geraten war. Sie fordern: „Diese Kreuzungen müssen erheblich sicherer werden und die Ampelschaltungen so verbessert werden, dass die Sicherheit der Fußgänger und Radfahrer gewährleistet ist.“

Tödliche Unfälle in Hürth: Vorwürfe gegen Landrat Rock und Bürgermeister Breuer

Weder Landrat Frank Rock noch Hürths Bürgermeister Dirk Breuer (beide CDU) hätten seit 2018 etwas unternommen, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Enttäuschend seien auch deren Reaktionen auf die Online-Petition, die zwei Tage nach dem Unfall mit der Schülergruppe und deren Lehrerinnen sowie Betreuer öffentlich gestartet worden war, kritisieren Fuchs und Lenz in dem Schreiben an den Minister: „Es gibt bisher keine Reaktion oder offizielle Stellungnahme vom zuständigen Landrat Frank Rock. Dieses halten wir für absolut unzureichend und ungenügend.“

Ein Großaufgebot an Rettern war am Unfalltag im Einsatz.

Ein Großaufgebot an Rettern war am Unfalltag im Einsatz.

Rock und Breuer hatten am Dienstag durch ihre jeweiligen Pressestellen Fragen dieser Redaktion zur Verkehrssicherheit, der Unfallhäufigkeit und zu Konsequenzen aus dem Unfall wenige Tage vor dem Pfingstfest beantworten lassen. Darin teilten die Verwaltungschefs unter anderem mit, dass sich am heutigen Freitag die Unfallkommission an der Frechener Straße ein Bild machen werde. Sie wird von Vertreterinnen und Vertretern von Kreis, Polizei, Stadt Hürth, der Bezirksregierung und von Straßen NRW gebildet.

Dabei werde es auch um die Frage gehen, ob die Straße zu einer 30er-Zone werden kann. Ob eine solche Maßnahme rechtlich zulässig und fachlich geboten ist, müsse erörtert werden, teilte ein Sprecher der Kreisverwaltung in Bergheim mit: „Eine Anordnung ist nur unter besonderen Voraussetzungen durch den zuständigen Straßenbaulastträger, das Land Nordrhein-Westfalen, möglich.“

Hürth: Die Initiatoren erwarten schnelles Handeln

Rock hatte sich zuletzt am Unfalltag öffentlich zu Wort gemeldet und sein Bedauern für die Unfallopfer und deren Familien ausgedrückt. Breuer hatte am Freitag vergangener Woche auf seinem privaten Facebook-Account den Tod der zehnjährigen Avin, eines der beiden lebensgefährlich verletzten Unfallopfer, betrauert: „Ein heller Stern ist für immer erloschen. Wir sind unendlich traurig. Es ist eine dunkle Stunde für Hürth und schwer zu fassen.“

Zeynep Fuchs und Ingo Lenz erwarten schnelles Handeln. Ihr Vertrauen in die politisch Handelnden vor Ort ist erschüttert. In dem Schreiben an Verkehrsminister Krischer heißt es: „Bitte veranlassen Sie konkrete Maßnahmen zur umgehenden Verbesserung der Verkehrssicherheit. Sehr gerne würden wir mit Ihnen zusammen den Unfallort, sowie die Gefahrenzonen entlang der Frechener Straße in Hürth besuchen, damit Sie sich persönlich ein Bild von der Lage vor Ort machen können.“ Und abschließend: „Wir bitten um Ihre Unterstützung, um weiteres Sterben von unschuldigen Kindern und Erwachsenen zu verhindern.“

Wir bitten um Ihre Unterstützung, um weiteres Sterben von unschuldigen Kindern und Erwachsenen zu verhindern
Zeynep Fuchs und Ingo Lenz

Ein 20-Jähriger war am Mittwoch vergangener Woche in die Schülergruppe mit ihren Lehrerinnen und Betreuern gefahren. Die Kinder und die Erwachsenen hatten bei Grün eine Fußgängerampel an der vielbefahrenen Frechener Straße überquert. Der BMW-Fahrer hat nach Angaben von Zeugen das Rotlicht missachtet. Fünf Kinder und zwei Erwachsene wurden verletzt, zwei davon schwer.   Bereits zwei Tage danach ist Avin ihren schweren Verletzungen erlegen. Sie und ein 25-jähriger Schulbetreuer waren an der Unfallstelle reanimiert worden. Sein Zustand gilt laut Staatsanwaltschaft als „äußerst kritisch“.

Der Unfallfahrer ist polizeilich bekannt, unter anderem wegen Straßenverkehrsdelikten. Nach Recherchen dieser Redaktion hat er mindestens in einem Fall Unfallflucht begangen. Er schweigt zu den Vorwürfen und lässt sich anwaltlich vertreten.