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InterviewDirk Breuer (CDU): „Mir ist wichtig, dass das Hürther Lebensgefühl erhalten bleibt“

Lesezeit 6 Minuten
Das Foto zeigt Bürgermeister Dirk Breuer hinter einem Computerbildschirm an seinem Schreibtisch.

Bürgermeister Dirk Breuer (CDU) an seinem Schreibtisch im Rathaus.

Dirk Breuer ist seit zehn Jahren Bürgermeister in Hürth. Im Interview spricht der Christdemokrat darüber, was er erreicht und noch vor habe.

Der Christdemokrat Dirk Breuer ist seit 2015 Bürgermeister seiner Heimatstadt Hürth. Bei der Kommunalwahl im Herbst strebt der 47-jährige Diplom-Verwaltungswissenschaftler seine dritte Amtszeit an. Neben der CDU unterstützen ihn auch die Grünen.

Sie sind jetzt seit zehn Jahren Bürgermeister in Hürth. Was motiviert sie weiterzumachen?

Mich motiviert es, Dinge bewegen zu können, die Stadt voran zu bringen, Anstöße zu geben, die Hürth lebenswerter machen. Viele Projekte, die auf die Schiene gesetzt sind, brauchen einen langen Atem. Ich freue mich, diese Projekte zu realisieren.

Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolge in Ihrer bisherigen Amtszeit?

Wichtig ist, dass wir wieder angefangen haben zu investieren. Besonders in die Bildungseinrichtungen, und da stehen noch viele weitere Investitionen an. Wir konnten die Umgestaltung des Ernst-Mach-Gymnasiums abschließen. Der Umbau der Luxemburger Straße in Hermülheim hat begonnen. Und wir haben durch verschiedene Baumaßnahmen die Angebotsstruktur im Kindergartenbereich verbessert. Nicht zu vergessen: Die neue Feuer- und Rettungswache wird bis Sommer fertiggestellt sein. Ein Großprojekt, das nun erfolgreich abgeschlossen wird und der Sicherheit aller Hürtherinnen und Hürther dient. Auch der Aufbau eines Stabes ist erfolgreich gelungen, was uns in den vielen Krisen der vergangenen Jahre bereits gut geholfen hat.

Was hätte denn rückblickend besser laufen können?

Was mich persönlich nicht zufriedenstellt, ist der lange Zeitraum, bis ein Projekt umgesetzt werden kann. Da gibt es viele rechtliche Abhängigkeiten und bürokratische Vorgaben. Vergabeverfahren, Förderanträge, Planungsverfahren – das dauert alles sehr lange. Es ist oft auch schwierig gewesen, Auftragnehmer zu finden. Der entscheidende Engpass ist aber das Personal. Ich setze daher auf die Gründung einer eigenen Gesellschaft, die Hochbauprojekte für die Stadt realisieren soll, in der Hoffnung, dass wir dort besser Personal gewinnen können, das uns heute fehlt.

Wo hätte es denn schneller gehen können?

Zum Beispiel bei der Erweiterung der Martinusschule in Fischenich, die steht schon länger auf der Agenda. Da sind aber auch andere Dinge dazwischengekommen, etwa die Starkregenereignisse, von denen wir zweimal getroffen worden sind. Die haben das Arbeitsprogramm durcheinander gewirbelt. Das Gebäudemanagement war außerdem durch die gestiegene Zahl der Flüchtlinge gefordert, die untergebracht werden müssen.

Was sind die wichtigsten Themen, die Sie in Ihrer nächsten Amtszeit voranbringen wollen?

Wir haben einige Großprojekte, die vor uns liegen. Da ist zum einen die Umsetzung des Projekts Agora Hürth auf dem Kreishausareal. Dort entsteht ein Ort, an dem Lernen, bürgerschaftliche Initiativen und Kultur zusammenkommen. Das Projekt ergibt sich auch aus Notwendigkeiten. Die Stadtbücherei braucht mehr Platz, die Musikschule braucht neue Räumlichkeiten. Wir müssen auch die Grundschule im Zentrum erweitern, das lässt sich mit dem Projekt Agora Hürth alles viel besser umsetzen. Die Anbindung des Zentrums an die Stadtbahn ist auch eine gewaltige Aufgabe. Auch im Schulbereich ist noch einiges zu tun, was sich in Jahrzehnten an mangelnder Instandhaltung aufgestaut hat. So steht die Ertüchtigung des ASG, die Erweiterung und Sanierung der Brüder-Grimm-Schule in Gleuel und der Neubau von drei Sporthallen auf der Agenda.

Vor Ort geht es ganz pragmatisch darum, Dinge umzusetzen, die die Lebensqualität erhöhen
Dirk Breuer, Bürgermeister

Hürth wächst, gleichzeitig ist der Wohnraum knapp. Was sind Ihre Pläne, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen?

Wir haben in den letzten Jahren im Bereich des geförderten Wohnungsbaus bereits Investoren davon überzeugen können, hier eine größere Zahl an Sozialwohnungen zu bauen. Das ist wichtig, um eine ausgewogene Struktur zu haben. Wichtig ist aber auch, dass wir in allen Stadtteilen eine dezentrale und maßvolle Entwicklung ermöglichen. Efferen-West ist abgeschlossen, aber es stehen noch größere Bauvorhaben an, etwa in Hermülheim am Bahnhof. Da laufen derzeit die Verhandlungen mit dem Eigentümer. Da wird ein Quartier für bis zu 1000 Menschen entstehen.

Hürth ächzt unter dem Verkehr. Wie wollen Sie die Mobilitätswende hinbekommen?

Wenn die Stadt weiter wächst, gibt es nur eine Möglichkeit, und das ist ein Ausbau des ÖPNV. Deshalb ist die Anbindung des Stadtzentrums an die Schiene ein ganz wichtiger Punkt, weil es sonst keine Möglichkeiten gibt, neue Verkehrswege zu schaffen. Die Ortsumgehung Hermülheim trägt zur Entlastung bei, aber es ist wichtig, dass auch der Ausbau durch Efferen bald stattfindet. Das ist ein Nadelöhr, da ist der Landesbetrieb Straßen NRW gefragt.

Welche wirtschaftlichen Perspektiven sehen Sie für Hürth gerade vor dem Hintergrund des Strukturwandels?

Wir wollen eine Flächenerweiterung am Knapsacker Hügel für Neuansiedlungen möglich machen. Bei der Entwicklung neuer Gewerbe- und Industrieflächen im Bereich des Barbarahofs ziehen Stadt und Kreis an einem Strang. Wir haben bisher viele Anfragen, aber nicht immer die Flächen, um sie bedienen zu können. Deshalb ist es wichtig, weitere Gewerbeflächen zu schaffen, auch hinter dem Bahnhof Kalscheuren. Das bringt Gewerbesteuern, und die sind wichtig, um all die Leistungen, die die Stadt bietet, zu finanzieren.

Als Bürgermeisterkandidat werden Sie auch von den Grünen unterstützt. Wo sehen Sie die Gemeinsamkeiten?

Mir persönlich ist das Thema Nachhaltigkeit ganz wichtig, da haben wir in der Vergangenheit auch viel vorangebracht. Beispielsweise ist der Waldanteil in Hürth in den letzten zehn Jahren erhöht worden. Ich glaube, dass wir in vielen Zielen übereinstimmen, ob das jetzt die Grünraumvernetzung oder der Bau von Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der städtischen Gebäude oder die Stärkung unseres im Kreisvergleich herausragenden ÖPNV-Angebots ist.

Und wo sind die Unterschiede?

Es gibt unterschiedliche Sichtweisen, beispielsweise wenn es darum geht, neue Kunstrasenplätze zu schaffen. Sicherlich gibt es bei bundespolitischen Themen größere Unterschiede, das spielt aber in der Lokalpolitik nicht die große Rolle. Vor Ort geht es ganz pragmatisch darum, Dinge umzusetzen, die die Lebensqualität erhöhen.

Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit den anderen Parteien im Stadtrat?

Ich arbeite mit allen Fraktionen im Rat nach meinem Verständnis gut und vertrauensvoll zusammen, das möchte ich auch fortsetzen. Es geht ja darum, Politik für alle Hürtherinnen und Hürther zu machen.

Woran wollen Sie am Ende Ihrer nächsten Amtszeit gemessen werden?

Ich möchte, dass städtische Bauprojekte deutlich schneller realisiert werden können. Ich möchte, dass wir die Baustellen im Straßenraum erfolgreich abschließen, und ich möchte vor allen Dingen, dass wir mehr digitale Angebote für die Bürgerinnen und Bürger vorweisen und damit Wartezeiten weiter verkürzen können. Was mir aber auch wichtig ist, ist, dass das Hürther Lebensgefühl erhalten bleibt. Dazu gehört für mich, dass wir eine besondere Mischung haben von urbanen Räumen, dörflichen Räumen aber auch Landschaftsräumen. Wir haben rund 55 Prozent Fläche, die durch Wälder, Felder oder Gewässer abgedeckt werden. Das gilt es zu erhalten, und das ist nicht immer selbstverständlich.


Zum Werdegang

Dirk Breuer (47) ist verheiratet und hat drei Kinder. Er studierte Verwaltungswissenschaften an der Universität Konstanz, war danach Büroleiter des Bundestagsabgeordneten Willi Zylajew und Geschäftsführer der CDU-Kreistagsfraktion in Bergheim. 2011 wechselte er als Leiter des Beteiligungsmanagements in die Stadtkämmerei Bonn und wurde 2015 Bürgermeister in Hürth. Dort wurde er 2009 für die CDU in den Stadtrat gewählt und war von 2012 bis 2015 Fraktionsvorsitzender.