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Serie WochenmärkteIn Hürth bieten Markthändler ihre Waren unter schattigen Platanen feil

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Das Foto zeigt den Marktmeister und einen Händler an seinem Pralinen-Stand auf dem Hürther Wochenmarkt.

In bar kassiert Marktmeister Hans-Josef Lang die Standgebühr bei Björn Bartels, der auf dem Markt seine süßen Kreationen anbietet.

Der Wochenmarkt hat sich im vierten Jahr etabliert. Die Händler können auf ihre treuen Stammkunden zählen.

Klein, aber fein ist der Wochenmarkt auf dem Otto-Räcke-Platz vor dem Rathaus und Bürgerhaus. Etwa ein halbes Dutzend Händler bauen jeden Donnerstag ihre Verkaufsstände im Schatten der Platanen auf und bieten von 9 bis 15 Uhr ihre Waren an – vor allem Lebensmittel für den täglichen Bedarf. Dort kaufen vor allem Stammkunden ein, die auf Qualität achten und den Marktbesuch auch für einen kleinen Plausch nutzen.

Vor knapp vier Jahren hat Marktmeister Hans-Josef Lang den Wochenmarkt gemeinsam mit Corinna Hauenstein, Inhaberin des benachbarten Café Goldig, ins Leben gerufen. Ihr Ziel war, den idyllisch anmutenden Platz zu beleben. Denn viel ist dort sonst nicht los. Dabei liegt der Platz günstig: Es gibt Parkplätze im Umfeld, und der Busbahnhof ist nur einen Steinwurf entfernt. Doch Laufkundschaft gibt es kaum.

Hürth: Die Händler haben ihr Auskommen auf dem Wochenmarkt

„Am Anfang wurden wir regelrecht überrannt“, blickt Lang zurück. Mehr als zwei Dutzend Händler konnte er für den neuen Wochenmarkt gewinnen. Damals wurden dort auch Bekleidung, Schmuck, Fisch und Blumen feilgeboten. „Das hat sich leider nicht gehalten“, sagt der Marktmeister. Unzufrieden ist er trotzdem nicht. Denn die Stammkunden bleiben dem Markt treu, und die Händler haben ihr Auskommen.

„Klar, es könnte immer mehr sein“, sagt Gerard Beckers (51), der an seinem Stand Käse und Buttermilch aus Holland verkauft. „Aber es lohnt sich, sonst würde ich nicht kommen.“ Zwei Stunden fährt er morgens aus der Nähe von Eindhoven zum Wochenmarkt nach Hürth. „In Holland geht man auf den Markt, um billige Sachen zu kaufen“, berichtet er. „In Deutschland kommen die Kunden wegen der Qualität. Das ist der Unterschied.“

Käsehändler Gerard Beckers schneidet an seinem Stand mit einem großen Messer ein Stück von einem Gouda ab.

Gerard Beckers hat zwei Stunden Anfahrt aus Holland, um auf dem Hürther Wochenmarkt Käse zu verkaufen.

Für ein Kilo Gouda an seinem Stand würden zwölf Liter Milch verarbeitet. „Das schmeckt man“, sagt er und reicht eine Scheibe zum Probieren. Seine Stammkunden geben ihm recht. Eine Kundin komme regelmäßig, um mit ihm Holländisch zu üben. Auch das gehört dazu. Nur das Kopfsteinpflaster hält Beckers nicht für ideal: „Für ältere Leute ist das ein Problem.“

Das feldfrische Gemüse am Stand vom kleinen Biohof Eko Farm aus Nörvenich ist für Petra Zimmermann (51) ein Grund, jeden Donnerstag in der Mittagspause zu Fuß aus Alt-Hürth zum Markt zu kommen. „Ein Markt hat in Hürth gefehlt“, sagt die Betriebswirtin. „Ich hoffe, dass er bleibt.“ Verkäuferin Simone Jüngen hört das gern – und oft. „Das ist ein starker Wochenmarkt für uns“, sagt sie. Besonders gefragt seien die Tomaten. „Da haben wir eine große Auswahl, von süßlich bis leicht herb. Da sind viele Sorten dabei, die man im Supermarkt nicht bekommt.“

Chocolatier zieht den Wochenmarkt dem Online-Shop vor

Auch die süßen Kreationen von Björn Bartels bekommt man in keinem Supermarkt. „Ich mache das alles selbst“, berichtet der Chocolatier aus Pulheim. Früher habe er seine Pralinen auch über das Internet verkauft. „Inzwischen bin ich aber ein reiner Markthändler und habe den Online-Shop ganz gegen den Zeitgeist aufgegeben.“ Als kleiner Anbieter habe er sich nicht verzetteln wollen, und: „Ich habe es lieber, rauszufahren und mit den Kunden zu quatschen als zu Hause Pakete zu packen.“

Für Sonja Flock sind die Schokopralinen von Björn Bartels „ein Highlight“ auf dem Wochenmarkt. Sie ist im Personalrat der Stadtverwaltung und kommt, wie viele Bedienstete aus dem Rathaus, regelmäßig in der Mittagspause herüber zum Wochenmarkt. Auch Bürgermeister Dirk Breuer schaut vorbei und kauft am Stand der Landschlachterei Josef Schmitz Aufschnitt und Wurst ein.

Das Foto zeigt eine Markthändlerin und Kunden am Obst- und Gemüsestand auf dem Wochenmarkt in Hürth.

Frisch vom Feld ist das Obst und Gemüse, das Simone Jüngen am Stand von Eko Farm aus Nörvenich verkauft.

„Es gibt ja nicht mehr viele Metzger vor Ort, und der Supermarkt ist für uns keine Konkurrenz, weil wir selbst schlachten und produzieren“, sagt Jupp Schmitz, der Chef des Familienbetriebs aus Euskirchen, in dem neben ihm noch sein Sohn, seine Frau und zwei Gesellen beschäftigt sind. „Wenn wir montags nicht schlachten, ist den Rest der Woche nichts da, und dann kommen wir auch nicht.“

Hürth: Zu Beginn der Sommerferien machen die meisten Händler Pause

In den ersten drei Wochen der Sommerferien macht Schmitz wie fast alle anderen Händler auf dem Hürther Wochenmarkt erstmal Urlaub. Einzig der Stand vom Café Doppelfeld aus Stadtkyll wird dann die Stellung halten und seine nach alter Handwerkstradition hergestellten Backwaren verkaufen, vom Buchweizenbrot über das handgemachte Brötchen bis zum Törtchen mit Obst aus eigenem Anbau.

„Auch, wenn es in den kommenden Wochen ziemlich leer wird, die Händler kommen nach der Sommerpause wieder“, verspricht Marktmeister Lang, der mittags nach alter Tradition mit Börse und Quittungsblock über den Markt geht und die Standgebühr von einem Euro pro Quadratmeter kassiert. „Nur Bares ist Wahres“, sagt er lachend, auch wenn er davon nichts abbekommt. Der Stadtkämmerer darf sich über die im Schnitt 100 bis 110 Euro Einnahmen freuen.