Tierrettung im EhrenamtHürtherin fährt für ausgebüxten Hund durch halb Europa

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Eine Frau mit ihrem Hund in ihrem Wohnzimmer vor einem Hundefoto.

Manuela Hilgert mit ihrem Hund Filou. Die Hürtherin setzt sich seit zehn Jahren in der Tierrettung ein.

Die Kurierfahrerin Manuela Hilgert aus Alt-Hürth bringt entlaufene Hunde und Katzen ehrenamtlich wieder nach Hause.

Manuela Hilgert kommt viel herum. Um die 100.000 Kilometer fährt die Inhaberin des Kurierdienstes „Elas Flitzer“ jährlich durch ganz Europa. Doch die 53-jährige Kurierin setzt sich nicht nur hinters Steuer, um eilige Sendungen auszuliefern, sondern auch, um entlaufene Vierbeiner heimzuholen. Bis nach Kroatien führte jüngst die bisher längste Tour.

2007 übernahm Manuela Hilgert den Kurierdienst ihres Chefs, für den sie lange gefahren war. „Ich hatte keinen Bock, arbeitslos zu werden“, erinnert sie sich. Heute ist sie selbst Chefin eines Betriebs mit drei Fahrzeugen. Aus ihrem Heimbüro in Alt-Hürth koordiniert sie Kleintransporte – vom Brief über Bierfässer bis zum Maschinenteil. „Die weiten Touren fahre ich selbst“, so die rastlose Kleinunternehmerin.

Mischling Filou begleitet die Hürtherin auf jeder Tour

Immer dabei ist ihr Mischling Filou. „Mein Seelenhund“, sagt die Hundenärrin. Aber Manuela Hilgert kümmert sich nicht nur um ihre eigenen Tiere. Vor zehn Jahren stieß sie zur Tierrettung. Damals war in Köln der Therapiehund Benni entlaufen.

Bei Facebook habe sie gelesen, dass der Hund am Otto-Maigler-See gesichtet worden sein soll. „Da gehe ich oft spazieren“, sagt Hilgert. Sie habe ihre Hilfe angeboten – und die wird inzwischen oft in Anspruch genommen. Auch wenn sie Benni damals nicht gefunden hat: Die Erfolgsquote bei der Suche nach vermissten Tieren sei recht hoch.

Hürtherin mahnt, gesichtete Hunde nicht selbst einzufangen

Die Hundefreundin hält nicht nur beim Gassigehen Ausschau nach Hunden und Katzen, die ausgebüxt sind. Ständig klingelt ihr Telefon, wenn wieder ein Tier vermisst wird. Nach Sichtungen versucht sie zunächst, die Tiere mit Futterstellen zu locken. Sie schaffte Kameras an, die auslösen, wenn eines sich am Futter gütlich tut.

Die Fotos werden auf ihr Handy übertragen. Ist darauf der gesuchte Vierbeiner zu sehen, dann stellt sie – in Absprache mit Förstern oder Jägern – eine Falle auf. Mit ein wenig Glück tappt der Hund hinein. „Ohne Falle geht es nicht“, weiß die Tierretterin. Wer einen entlaufenen Hund sieht, solle nicht versuchen, ihn einzufangen. „Der Hund ist in einer Ausnahmesituation, er rennt nur wieder weg.“

Mischlingshund „Strolch“ ließ sich mit Leberwurst ködern

Zahlreiche gut vernetzte Initiativen kümmern sich darum, entlaufene Hunde und Katzen aufzuspüren. „Ich selbst bin in keinem Verein“, sagt Hilgert. „Ich biete nur meine Hilfe an.“ Um zu helfen, ist Manuela Hilgert aber fast kein Weg zu weit.

Sie hat entlaufene Hunde zurückgeholt, die nach Wochen in Düsseldorf oder sogar in Hamburg wieder aufgetaucht sind. Vier Tage hat sie auf einem Campingplatz in der Eifel übernachtet, um den Mischling „Strolch“ einzufangen, den sie mit Leberwurst geködert hat.

Ich bin so bekloppt, ich fahre dahin.
Manuela Hilgert, Tierretterin

Dass die Hürtherin tierverrückt ist, wissen ihre Freunde. Aber als sie Mitte September nach Kroatien aufgebrochen sei, da hätten ihr einige „den Vogel gezeigt“. Mitte Juli war Husky-Mischling Nele einer Familie aus Troisdorf im Urlaub in Poreč ausgerissen. „Die haben alles versucht, um ihren Hund wiederzubekommen“, berichtet die Tierschützerin. Doch irgendwann musste die Familie schweren Herzens nach Hause fahren – ohne Hund.

Die Suche gaben die Halter aber nicht auf. Sie fuhren übers Wochenende wieder hin, der kroatische Tierschutz richtete Futterstellen ein. Wochenlang gab es kein Lebenszeichen, doch dann wurde Nele gesichtet. Weil es vor Ort keine geeignete Falle gab, war Manuela Hilgert klar: „Ich bin so bekloppt, ich fahre dahin. Das ist eine Herzensangelegenheit.“

Sie stieg in ihren Kombi, holte beim Verein Tiersuchhilfe Rhein-Sieg/Oberberg, mit dem sie oft zusammenarbeitet, die Falle ab und machte sich abends auf den 1150 Kilometer langen Weg. Das Geld für Sprit, Maut und Übernachtung kam durch eine Spendenaktion des Vereins Voices for Dogs zusammen, sie selbst will für ihren Einsatz kein Geld.

Tags darauf ging Nele tatsächlich in die Falle, mitten in der Nacht. Manuela Hilgert war geschafft, aber glücklich. Inzwischen hat die Tierretterin den Hund auch mal zu Hause in Troisdorf besucht. Eine Ausnahme: „Das mache ich sonst nie.“

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