Kommunalwahl 2020Acht Listen fürs Hürther Rathaus – Die Kandidaten

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Hürth wählt am 13. September einen neuen Bürgermeister oder eine neue Bürgermeisterin.

Hürth – Fünf Kandidaten treten am 13. September an zur Bürgermeisterwahl, die spannender werden dürfte als die vor fünf Jahren. 2015 lag Christdemokrat Dirk Breuer klar vorn und gewann im ersten Wahlgang – allerdings wurde er damals auch von den Grünen unterstützt, die diesmal mit einer eigenen Kandidatin antreten. Weil 2015 nur über das Bürgermeisteramt abgestimmt wurde – der Stadtrat war bereits im Jahr zuvor gewählt worden – war die Wahlbeteiligung mit 44,3 Prozent niedrig. Das dürfte beim nächsten Urnengang anders sein, denn dann werden Bürgermeister und Rat wieder gemeinsam gewählt, außerdem Landrat und Kreistag.

In Hürth sind 48 630 Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme per Briefwahl oder am Wahlsonntag in einem der 15 Wahllokale abzugeben. 360 Wahlhelfer werden ehrenamtlich dafür sorgen, dass die Wahl ordnungsgemäß abläuft. Fünf Kandidaten treten zur Bürgermeisterwahl an: Amtsinhaber Dirk Breuer (CDU), Michael Kleofasz (SPD), Regina Kaiser (Grüne), Kurt Martmann (Freie Wähler Hürth) und Rüdiger Reiners (Piraten). Eine AfD-Kandidatin wurde wegen eines Formfehlers nicht zur Bürgermeisterwahl zugelassen. Für den Stadtrat haben CDU, SPD, Grüne, Linke, Freie Wähler, FDP, Piraten und AfD Kandidaten aufgestellt, die Piraten aber nur in der Hälfte der Wahlkreise.

Vier Männer und eine Frau stellen sich am Sonntag, 13. September, zu Wahl. Der Amtsinhaber will weitermachen, die anderen wollen ihn ablösen.

Dirk Breuer, CDU

Mit deutlichem Vorsprung gewann der Verwaltungswissenschaftler Dirk Breuer (43) vor fünf Jahren die Wahl, Hürth hatte nach 36 Jahren wieder einen CDU-Bürgermeister. Breuer beschreibt sich als „Hürther Jung“, seine Familie lebe seit Generationen dort. Unter seiner Führung seien Kitas, Schulen und die OGS ausgebaut, der Bürgerservice sei verbessert und die Lebensqualität erhöht worden, unter anderem durch Blühstreifen und eine Erweiterung des Bürgerparks.

Auch die emissionsfreie Mobilität verbucht er für sich. So wird die Stadtbusflotte auf Wasserstoffantrieb umgestellt. Außerdem hat Breuer die Pläne für eine Verlängerung der Stadtbahn nach Hürth-Mitte wieder aus der Schublade geholt. Auf seiner Agenda stehen weitere Schulprojekte wie die Erweiterung der Martinusschule in Fischenich, der Brüder-Grimm-Schule in Gleuel und der Friedrich-Ebert-Realschule in Hermülheim. Im „Headquarters Hürth“ in Efferen, dem Medienpark in Kalscheuren und im geplanten Kreativquartier am alten Rangierbahnhof Hermülheim sollen zukunftssichere Arbeitsplätze entstehen. Wichtig ist Breuer, dass sich die Hürther in ihrer Stadt wohlfühlen, dafür soll auch der geplante Stadionpark sorgen. Das Gebiet um die Luxemburger Straße in Hermülheim, die durch die Ortsumgehung vom Durchgangsverkehr entlastet wird, soll innerhalb eines Jahrzehnts aufgewertet werden. Grundlage dafür, dass die Stadt – gerade in der Pandemie – handlungsfähig bleibe, sei eine solide Finanzpolitik. Breuer ist verheiratet und hat drei Töchter.

Michael Kleofasz, SPD

Viel beschlossen, wenig umgesetzt – das wirft Michael Kleofasz dem schwarz-grünen Ratsbündnis und dem Bürgermeister vor. Als Beispiele führt der 51-jährige, in Mannheim geborene Historiker das Klimaschutzkonzept und den Verkehrsentwicklungsplan an.

Bauprojekte hätten sich verzögert oder würden teurer als geplant, darunter die Feuerwache. Kleofasz lebt seit Ende 2001 in Hürth, ist seit 2002 hauptamtlicher Geschäftsführer der SPD-Ratsfraktion, war von 2009 bis 2017 Vorsitzender der Hürther SPD und ist seit 2008 Ratsmitglied. Bezahlbaren Wohnraum, kostenfreie Bildungs- und Betreuungsangebote, Digitalisierung und sichere Arbeitsplätze nicht nur für hoch qualifizierte Menschen nennt er als politische Ziele. Zur Verkehrswende gehört für den Sozialdemokraten eine Ausweitung des Nahverkehrs, unter anderem soll der Stadtbus auch sonntags fahren und die Stadtbahn nach Hürth-Mitte verlängert werden, zudem die Förderung des Radverkehrs. In der Sozialpolitik fordert Kleofasz eine Neuausrichtung, so sollen die Sozialraumbüros in Efferen und Hermülheim und die Flüchtlingsinitiativen finanziell besser unterstützt werden. Kleofasz ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Regina Kaiser, Grüne

Regina Kaiser (59) ist Lehrerin an einer Hauptschule in Köln-Mülheim, hat aber neben dem Lehramt auch Betriebswirtschaft in Köln studiert und Erfahrungen in einem internationalen Unternehmen gesammelt. Zeitweise führte sie den elterlichen Betrieb, das Café Roggendorf in Berrenrath.

Die gebürtige Kölnerin ist in Efferen aufgewachsen, hat eine erwachsene Tochter und lebt mit ihrem Mann in Berrenrath. Politische Erfahrung sammelte sie bei den Kölner Grünen. Als wichtigstes Ziel bezeichnete sie die Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise und des Strukturwandels. Kaiser will eine klimafreundliche, nachhaltige Wirtschaft fördern, etwa durch einfachere Genehmigungsverfahren, unbürokratische Hilfen und eine bessere Nahverkehrsanbindung der Gewerbegebiete. Ab 2030 soll die Stadt klimaneutral handeln. Kaiser will ÖPNV und Radwege ausbauen und ein Netz aus Grünflächen schaffen. Um der Wohnungsnot zu begegnen, will sie den sozialen Wohnungsbau forcieren. Die Stadt soll mehr Einfluss nehmen beim Wohnungsbau, städtische Grundstücke sollen nach sozialen Kriterien vergeben und alte Bebauungspläne auf neue Bauplätze abgeklopft werden.

Kurt Martmann, FWH

Kurt Martmann ist in der Stadtverwaltung kein Unbekannter: Der Diplom-Betriebswirt (62), Inhaber einer Immobilienverwaltung, war in den 90er-Jahren stellvertretender Amtsleiter für Wohnungsbau und Wirtschaftsförderung.

Seit 2009 ist er Ratsmitglied, bis 2012 bei den Linken, dann gründete er mit der Ratskollegin Gabriele Weisheit die Freien Wähler. Ganz oben auf der Agenda steht für ihn die Erweiterung des Hürth-Passes zum Mobilitätspass: Der Stadtbus soll Menschen mit geringem Einkommen kostenlos befördern. Bebauungspläne will Martmann am Bedarf von Familien und Senioren orientieren. Er kritisiert die Klimaschutzpolitik der Stadt; das Weltklima könne nicht in Hürth gerettet werden. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Rüdiger Reiners, Piraten

Vom technischen Fortschritt sollen nicht nur Menschen profitieren, die ihn sich leisten können, meint Rüdiger Reiners. Der Installateurmeister (58) will Schüler mit Tablet-Computern ausstatten, Behördengänge sollen größtenteils online erledigt werden können.

Reiners fordert, dass der Stadtbus auch sonntags fährt, er will Güterbahngleise in Alt-Hürth und Knapsack als Straßenbahnlinien nutzen und die Stadtbahn über Alstädten/Burbach und Gleuel bis Berrenrath verlängern. Reiners ist verheiratet und hat drei eigene Kinder und einen Stiefsohn. Bei den Piraten ist er seit 2010. Als Sachkundiger Bürger gehört er dem Behindertenbeirat an.

Martina Thomas und Ernst Josef Püschel, Die Linke

Mehr Frauen in der Politik will die Linke, der Frauenanteil auf ihrer Reserveliste zur Wahl des Stadtrats liegt bei fast 80 Prozent. Martina Thomas und Ernst Josef Püschel, auch Kreissprecher seiner Partei, führen die Liste an. Die Spitzenkandidatin will sich für ein soziales, familienfreundliches, ökologisches und tolerantes Hürth einsetzen. Ein wichtiges Thema für die Linkspartei ist die Wohnungsnot. Gerade Wohnungen für Normal- und Geringverdiener seien praktisch nicht mehr verfügbar. Püschel fordert, dass bei allen Neubauprojekten ein Anteil von mindestens 50 Prozent an Sozialwohnungen vorgesehen wird. Die Stadt solle Baugrundstücke auch nicht mehr an Bauherren verkaufen, sondern sie als Erbpacht für kommunalen, genossenschaftlichen oder kooperativen Wohnungsbau vergeben. Eine Empfehlung zur Bürgermeisterwahl gibt die Linke nicht ab.

Dr. Martin Grabmann  und Dr. Christian Karaus, FDP

Die Reserveliste der Freien Demokraten wird angeführt von den Juristen Dr. Martin Grabmann  und Dr. Christian Karaus, ehemaliger Beigeordneter  in der Stadtverwaltung. Die FDP will Grund- und Gewerbesteuern gerade während der Corona-Pandemie  stabil halten und Entlastung schaffen, wo der Haushalt es hergebe.  Die FDP setzt sich für den Ausbau der Linie 18 ein. Baugrundstücke sollen bevorzugt an Hürther vergeben werden. Bei der Kinderbetreuung fordern die Freien Demokraten mehr Flexibilität, Handlungsbedarf sehen sie bei der Digitalisierung der Schulen, das sei durch Corona deutlich geworden.  Zur Bürgermeisterwahl will die FDP erst zu in einer  Stichwahl eine Empfehlung für einen Kandidaten abgeben. Bis dahin sollen  Themen im Vordergrund stehen. 

Norbert Raatz, AfD

Uhrmachermeister Norbert Raatz, Jahrgang 1965, führt die Kandidatenliste der AfD an. Raatz  ist in Hürth aufgewachsen und selbstständiger Kaufmann. Er bezeichnet sich als „offen, ehrlich, patriotisch“, sein Politikstil sei „Realpolitik anstelle Ideologien“. Die AfD will das Heimatgefühl fördern  und  den lokalen Einzelhandel stärken, sie fordert eine schlanke Verwaltung und will die Familienpolitik in den Fokus rücken. Mehr bezahlbarer Wohnraum ist ein Ziel, bei der Modernisierung aller Schulen dürfe es nicht nur um Digitalisierung gehen. Um die Sicherheit zu erhöhen, fordert die AfD Kameras an Brennpunkten. Außerdem dürfe der Braunkohleabbau nicht weiter eingeschränkt werden, neue Industriearbeitsplätze seien nötig.

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