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InternetPorno-Verdacht gegen Lehrer

Lesezeit 4 Minuten

Das Facebook-Logo.

Köln – Tagsüber unterrichtete Achim Kießling (Name geändert) katholische Religion an einem Gymnasium im Rhein-Erft-Kreis. Nach Schulschluss setzte sich der 32-jährige Vertretungslehrer häufig vor seinen Computer, im Internet soll er nach Fotos von Schülerinnen und Ex-Schülerinnen gesucht haben. Kießling, so der Verdacht der Polizei, durchforstete Netzwerke wie Facebook, Schüler- oder Studi-VZ. Er soll sich den Ermittlungen zufolge auch auf privaten Homepages bedient haben, zum Beispiel auf der Seite einer Jugendeinrichtung seiner Gemeinde.

Mutmaßlich Hunderte Bilder von mehr als einhundert jugendlichen und minderjährigen Mädchen aus seinem Umfeld soll der Pädagoge anschließend auf einer vielgeklickten Pornoseite im Internet eingestellt haben – angeblich versehen mit der Aufforderung an andere Nutzer, die Fotos pornografisch zu bearbeiten. Die Polizei prüft auch, ob der Lehrer Bilder selbst manipuliert haben könnte. Ob oder wann Anklage erhoben wird, ist nicht absehbar.

Mitte September durchsuchten Fahnder seine Wohnung, sie beschlagnahmten mögliche Beweismittel. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte Staatsanwalt Ulrich Bremer: „Wir ermitteln wegen Beleidigung und Verstoßes gegen das Kunst-Urhebergesetz.“ Der Anwalt des Beschuldigten war nicht zu einer Stellungnahme bereit.

Sollte ich überhaupt noch Bilder, die mich oder meine Freunde abbilden, im Internet hochladen?

Grundsätzlich spricht nichts dagegen. Es kommt dabei vor allem auf die Art der Bilder an.

Welche Bilder sollte ich definitiv nicht hochladen?

Alle Bilder, die eine freizügige Anmutung haben.  Denn eben diese landen häufig auf Pornoseiten.

Kann ich mich  nicht dagegen wehren, dass diese Bilder missbraucht werden?

Es gibt Möglichkeiten zur Prävention. In den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Studi-VZ hilft es schon, die Privatsphäre so einzustellen, dass nur die befreundeten Personen die  Bilder sehen. Außerdem ist Vorsicht bei der Annahme von Freundschaftsanfragen von Unbekannten geboten. Man kann das Material außerdem „für die Täter uninteressant machen“, wie ein Experte der Initiative Wakeup Internet erklärt.

Und wie geht das?

Es ist ratsam, die Bilder in einem kleinen Dateiformat hochzuladen, also  in geringer Qualität – und die  Bilder in Schwarz-Weiß zu veröffentlichen oder ein Logo einzuarbeiten.

Monatelang sollen im Internet Fotomontagen der Kinder und Jugendlichen aus dem Erftkreis kursiert sein. Auf den Bildern sollen ihre Gesichter auf fremde, nackte Körper montiert worden sein. Teilweise hätten Unbekannte Sprechblasen mit pornografischem Inhalt hinzugefügt – „übelste Beleidigungen der alleruntersten Sorte“, berichtet ein Ermittler.

Auch die echten Vornamen der Opfer und ihr Wohnort sollen unter den Fotos vermerkt gewesen sein, einige mit dem sinngemäßen Zusatz: „Schreibt mir, wenn ihr mehr über die Mädchen erfahren wollt.“

Eine der Geschädigten ist Stefanie B. (Name geändert) aus Erftstadt. An einem Abend Anfang September klingelte ein Mitarbeiter der Jugendeinrichtung bei ihr und ihren Eltern. „Er erzählte uns, dass Fotos von mir und meiner Schwester auf einer Pornoseite zu sehen sind und wer dafür verantwortlich sein soll“, berichtet die 23-Jährige. „Das war ein Schock für uns. Auch meine Eltern waren völlig fassungslos.“ Die Familie kennt Kießling und seine Eltern persönlich. Stefanie B. erstattete Strafanzeige gegen ihn. Der Mitarbeiter der Jugendeinrichtung hatte seine Informationen vom Wakeup Internet e. V. bekommen, einem Verein, dessen ehrenamtliche Mitglieder sich im Datenschutz engagieren. Täglich surfen sie über die zehn weltweit bekanntesten Pornoseiten, fahnden nach Bildern und Filmen von Minderjährigen und nach Fotos, die erkennbar ohne Wissen der Abgebildeten veröffentlicht wurden. Auch auf die Bilder von Stefanie B. waren sie aufmerksam geworden.

Simpler Trick

Mit einem simplen Trick verfolgten die Datenschützer die Spur der Fotos zurück bis zur Quelle: „Ich habe die Fotos in die Bildersuche bei Google gezogen und stieß so auf die Seite der Jugendeinrichtung, wo die Bilder im Original veröffentlicht waren“, schildert ein Mitglied von Wakeup Internet. Mit seinem Namen möchte der Mitarbeiter nicht in der Zeitung stehen – aus Sorge vor Racheaktionen.

Auch die Spur zu Achim Kießling habe er leicht zurückverfolgen können, schildert der Wakeup-Ermittler. „Der Mann hat auf der Pornoseite denselben Aliasnamen benutzt wie in verschiedenen Single-Börsen, in denen er sogar mit Foto vertreten war.“ Auch den Namen des Tatverdächtigen übermittelten sie an den Mitarbeiter der Jugendeinrichtung. „Ich mache das schon seit mehr als zehn Jahren“, erzählt der Mann von Wakeup, „aber einen Lehrer hatte ich bis her nicht dabei.“Die Bezirksregierung Köln, die die fachliche Aufsicht über Gymnasien führt, hat inzwischen „alle arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen, damit keine weitere Gefährdung mehr für Schülerinnen und Schüler besteht“, sagte der Sprecher Oliver Moritz. Wie aus dem Umfeld des Gymnasiums verlautet, soll Achim Kießling die Kündigung erhalten haben. Er war noch nicht verbeamtet.

Außer dem Strafverfahren muss der Beschuldigte sich vermutlich auch einem Zivilprozess stellen. Stefanie B. hat sich einen Anwalt genommen. „Wir werden mit allen zivilrechtlichen Mitteln gegen den Beschuldigten vorgehen, insbesondere die Zahlung einer Geldentschädigung für unsere Mandantin durchsetzen“, kündigt Medienanwalt Marcel Leeser von der Kanzlei Höcker in Köln an.

Sollte Kießling erneut unerlaubt Bilder von Stefanie B. im Internet verbreiten, muss er mit einer empfindlichen Strafzahlung rechnen.