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Für mehr GehaltErzieher beteiligen sich in Kerpen am Warnstreik

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Auf dem Foto sind Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Kerpen bei einer Demonstration zu sehen. Sie tragen knallgelbe Westen der Gewerkschaften.

Mehr Anerkennung und Attraktivität für ihren Beruf: Das erhofften sich die Streikenden in Kerpen.

90 Streikende gingen am Weltfrauentag in der Kolpingstadt auf die Straße. Sie sprechen von Existenzängsten.

Zu wenig Arbeitskräfte und zu wenig Geld: Zum Weltfrauentag hatte Verdi gestern um Warnstreik im Sozial- und Erziehungsdienst aufgerufen. So auch im Bezirk Aachen/Düren/Erft, dabei gingen in Kerpen rund 90 Streikende auf die Straße. Mehr als 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten sich im Vorhinein angemeldet, sagte Harald Rehberger, Beschäftigter der Stadt Kerpen im Jugendamt und Sprecher der Vertrauensleute von Verdi.

Vom Streiklokal „Restauration Lohmeyer“ zogen die Streikenden um 11 Uhr mit Bannern und Fahnen Richtung Rathaus. Was sie im Sozial- und Erziehungsbereich neben höherer Entlohnung fordern, ist klar: mehr Anerkennung für ihre Branche.

Berufe müssen attraktiver werden

Auch Elke Eling-Grondstra, Erzieherin in der Kita Panama in Kerpen, ging am Weltfrauentag auf die Straße. „Ich bin nicht bereit, nicht mehr an das Gute zu glauben“, sprach sie vor den Streikenden, als die das Rathaus erreicht hatten. Auch Eling-Grondstra habe leider wieder feststellen müssen, dass die Attraktivität ihres Berufs wieder nicht zugenommen hat.

Denn weniger Attraktivität bedeutet auch weniger neue Arbeitskräfte, die die Branche dringend benötigt. Die Folgen für die Beschäftigten machte Harald Rehberger klar: Überlastung, Erkrankung und Burnout. „Müssen wir erst dienstuntauglich werden?“, fragte er die Streikenden. Daher sei ihr mehr Attraktivität für ihren Beruf ein großes Anliegen, sagte Elke Eling-Grondstra. Damit mehr Fachpersonal die immer größer werdenden Aufgaben erledigen könne.

Es ist schwierig, da Menschen zu finden, die für viel zu wenig Gehalt arbeiten wollen
Claudia Vallo

Dass die Leute krank werden und ausfallen, liegt laut der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Kerpen , Sahra-Schirin Vafai, aber nicht an den Beschäftigten: „Das liegt an den Strukturen, die falsch sind“, gab Vafai an. „Wir möchten arbeiten“, stellte sie klar.

Der Sozial- und Erziehungsdienst hat jedoch stark damit zu kämpfen, überhaupt Personal zu finden. „Es ist schwierig, da Menschen zu finden, die für viel zu wenig Gehalt arbeiten wollen“, sagte Abteilungsleiterin Claudia Vallo. Die Leitungskraft war zum Streik gekommen, um Solidarität zu zeige.

Für die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kerpen, Sahra-Schirin Vafai, handelt es sich aber auch um ein gesamtgesellschaftliches Problem. Denn wenn Kitas aufgrund von zu wenig Beschäftigten geschlossen bleiben müssen, fallen auch die Betreuungsplätze für die Kinder weg, deren Eltern jedoch selbst zur Arbeit müssen. „Die soziale Gerechtigkeit muss man sich erkämpfen“, sagte sie . So werde man das Thema immer wieder aufgreifen, unterstrich die Gleichstellungsbeauftragte.

Streikende haben Angst vor Altersarmut

Zudem hätten die Erzieherinnen und Erzieher laut dem Sprecher der Vertrauensleute von Verdi, Harald Rehberger, mit immer höherem Druck zu kämpfen. Es werde auf dem Rücken der Erzieherinnen ausgetragen. „Die bekommen den Druck der Eltern“, sagte Rehberger.

Eine weitere Angst der Streikenden ist die Altersarmut. Von der sind besonders Frauen bedroht. „Wenn wir die Gehälter jetzt nicht erhöhen, was ist im Alter?“, sagte Sahra-Schirin Vafai. Man müsse jetzt darum kämpfen, damit es im Alter nicht dazu komme.

Jedoch nicht nur im Alter – auch aktuell haben die Beschäftigten besonders finanziell zu kämpfen. Hinzu kommen Inflation und gestiegene Energiepreise. Harald Rehberger sprach von Existenzängsten der Beschäftigten.

Letztlich ging es den Streikenden aber besonders um eins: „Uns geht es um die Anerkennung“, sagte Rehberger. „Aber auch um die Gerechtigkeit“, fügte laut Sahra-Schirin Vafai hinzu. Denn diese Anerkennung werde man freiwillig von den Arbeitgebern nicht bekommen, gab Rehberger an. „Gehen wir auf die Straße, sind laut und unbequem“, sagte er.

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