Seit Ende 2024 liegt in Kerpen der städtische Finanzplan vor. Ein bewilligter Haushalt scheitert am Streit zwischen den Fraktionen. Mit bizarren Folgen.
Streit um FinanzenBöses Spiel in Kerpen auf Kosten der jüngsten Bürger


So sah es im vergangenen Jahr im Freibad Türnich aus. Frühestens Ende Mai wird es öffnen.
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Während im Pulheimer Freibad am 1. Mai die ersten Schwimmer ihre Bahnen zogen und andere Städte in Kürze nachziehen werden, schauen alle, die das Freibad in Türnich und den Außenbereich an der Erftlagune schätzen, in die Röhre. Frühestens Ende Mai könnte es auch dort „Wasser marsch!“ heißen. Dies hatte eine Rathaussprecherin in dieser Woche mitgeteilt.
Wer die Bäderlandschaft in den vergangenen Jahren aufmerksam verfolgt, kommt nicht umhin, Personalmangel oder marode Technik hinter diesem späten Öffnungstermin zu vermuten – was gerade in der Kolpingstadt mit schöner Regelmäßigkeit dazu führt, dass die Badegäste vor verschlossener Tür stehen.
Kerpen: Der letzte Anlauf scheiterte Anfang April
Doch dieses Mal tragen die Politikerinnen und Politiker im Kerpener Stadtrat sowie die Verwaltung die Verantwortung dafür. Wer einen größeren Anteil daran hat, darüber lässt sich trefflich streiten. Fakt ist, dass es die gewählten Vertreter der Bürgerschaft bis jetzt nicht geschafft haben, den Ende 2024 von Bürgermeister und Kämmerer eingebrachten Haushaltsplan zu verabschieden. Der letzte Anlauf dafür scheiterte Anfang April.
Für die Beschäftigten im Rathaus bedeutet dies nicht viel – sie kriegen pünktlich ihren Lohn. Allerdings bekommen die Kerpenerinnen und Kerpener diesen finanziellen Schwebezustand zu spüren. Vor allem die jüngeren. Und das schmerzlich. Mit der Folge, dass die Freibäder fürs Erste geschlossen bleiben und dass das Spielmobil in der Garage stehen bleibt.
Ohne eine gesicherte finanzielle Grundlage ist es der Stadtverwaltung derzeit leider nicht möglich, die notwendigen Planungen und Buchungen für das Spielmobil zu veranlassen
In beiden Fällen bezieht sich die Stadtverwaltung darauf, dass sie auf ihre Ausgaben achten muss: Daher können „nicht alle notwendigen Aufträge erteilt werden, die für einen sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb“ der Bäder erforderlich seien. Und beim Spielmobil hieß es, es handele sich um eine freiwillige Leistung. Das las sich dann so: „Ohne eine gesicherte finanzielle Grundlage ist es der Stadtverwaltung derzeit leider nicht möglich, die notwendigen Planungen und Buchungen für das Spielmobil zu veranlassen.“
Das lässt den Betrachter einigermaßen ratlos zurück. Denn welcher finanzielle Aufwand bei Planungen und Buchungen für ein vorhandenes Spielmobil mit vorhandenem Personal entsteht, erschließt sich nicht. Und ob es ratsam ist, dringend notwendige Reparaturen in der Freibad-Technik auf die lange Bank zu schieben – mit dem Ergebnis, dass möglicherweise höhere Kosten entstehen –, darf ebenfalls bezweifelt werden.
Kerpen: Das sind Taschenspielertricks der unschönen Sorte
Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass CDU-nahe Teile der Verwaltungsspitze den Streit zwischen der CDU und den anderen Fraktionen über die Stadtfinanzen auf dem Rücken ihrer Bürgerinnen und Bürger austragen. Getreu dem Motto: Wir würden ja gerne Bäder öffnen und das Spielmobil fahren lassen, aber SPD, Grüne, FDP, BBK – und all die übrigen Akteure– verhindern das ja. Schließlich hatte die CDU ja als einzige Fraktion Zustimmung zum Haushalt erklärt.
Solche Taschenspielertricks sind von der unschönen Sorte – und es müssen sich die Verantwortlichen im Rathaus und in der Politik die Frage stellen, ob sie in einem Nicht-Wahljahr genauso handeln würden. Die Lebensqualität der Menschen in der Kolpingstadt ist jedenfalls nicht für Machtpoker geeignet.

Im Kerpener Rathaus treffen sich am Dienstag erneut die Fraktionen, um Konsens zu erzielen.
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Nun wollen sich die Fraktionen in der kommenden Woche nach einem ersten Treffen erneut an einen Tisch setzen, um im Mai doch noch den Haushalt zu verabschieden. Andreas Lipp (SPD) sagt: „Wir wollten erstmal abklopfen, was jede Fraktion braucht, damit wir schnellstmöglich einen beschlussfähigen Haushalt vorliegen haben.“
Er und andere sollten sich lieber fragen, was die Bürgerinnen und Bürger brauchen.