Nach Streit um WahlbeamteKerpen will auf Beigeordnete verzichten

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Das Rathaus in Kerpen.

Kerpen – In der Stadtverwaltung gibt es Pläne, die Ebene der Beigeordneten abzuschaffen. Stattdessen sollen neben Bürgermeister Dieter Spürck (CDU) bis zu sechs Verwaltungsdezernenten die wichtigsten Führungspositionen bekleiden. Im Gegensatz zu Beigeordneten werden Verwaltungsdezernenten nicht vom Rat direkt gewählt.

Mit den Plänen würde die Stadt aus der Not eine Tugend machen: Denn bislang sind laut Hauptsatzung zwei Beigeordnete in Kerpen vorgesehen. Doch die Stelle des ersten Beigeordneten ist schon seit 2019 vakant. Es gab heftigsten Streit um ihre Wiederbesetzung, die bislang nicht gelang. Die Stelle des technischen Beigeordneten ist durch eine einvernehmliche Abwahl des bisherigen Amtsinhabers Joachim Schwister gerade freigeworden.

Kerpener Bürgermeister will die Verwaltungsspitze umbauen

Auf Anfrage bestätigte Spürck seine Überlegungen, die Beigeordnetenebene ganz abzuschaffen: „Die vom Stadtrat herbeigeführte Situation nach Abwahl des technischen Beigeordneten nutze ich gerne zum Wohle der Stadt, um dieses alternative Modell vorzustellen.“

Schon kursieren zwei Organigramme, wonach es in Kerpen statt der Beigeordneten sechs oder sieben Verwaltungsdezernenten einschließlich des Bürgermeisters geben könnte. Abgesehen von Spürck sind mit Andreas Comacchio und Michael Höhn zwei Stellen schon besetzt. Comacchio ist seit 2018 im Amt und etwa für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung zuständig. Höhn ist seit Anfang des Jahres Verwaltungsdezernent und kümmert sich um die Themen Bürgerkommunikation, Digitalisierung und Strukturwandel. Für zwei bis drei weitere der zukünftigen Dezernate, etwa für Sicherheit und Ordnung sowie Jugend und Kinder, gibt es schon aussichtsreiche Kandidaten aus der Stadtverwaltung. Also fehlt möglicherweise nur noch ein Kandidat, der von außerhalb kommen könnte.

Verwaltung will die Fraktionen im Kerpener Stadtrat mit ins Boot nehmen

Offen ist aber noch, ob der Stadtrat den Plänen zustimmt. Dafür müsste die Hauptsatzung geändert werden, wofür eine einfache Stimmenmehrheit erforderlich ist. Da Beigeordnete vom Rat direkt gewählt werden, haben sie gegenüber dem Bürgermeister eine stärkere Position als Verwaltungsdezernenten und können unabhängiger agieren. Deshalb könnten Fraktionen im Rat einen Machtverlust befürchten, da die Möglichkeit der politischen Einflussnahme geringer werden könnte. Dem will die Verwaltung entgegenwirken. So soll eine Findungskommission eingerichtet werden, um die Stellen möglichst einvernehmlich zu besetzen. „Wir nehmen die politischen Kräfte so mit ins Boot“, heißt es aus dem Bürgermeisterbüro.

Ist die Hauptsatzung geändert, muss der Rat bei der Stellenbesetzung nur noch sein „Einvernehmen“ erteilen. Das heißt: Kandidaten, die die Verwaltungsspitze ins Amt heben will, können vom Rat nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit abgelehnt werden.

150.000 Euro an Personalkosten könnten laut Verwaltung in Kerpen eingespart werden

Bislang ist es so, dass eher kleinere Kommunen auf Beigeordnete verzichten. Aber auch die Stadt Marl mit 85.000 Einwohner tue dies, heißt es im Rathaus. Zudem könnten durch die Neustrukturierung – aufgrund unterschiedlicher Besoldung – jährlich rund 150.000 Euro Personalkosten einspart werden.

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Zu den Plänen in Kerpen will der Städte- und Gemeindebund NRW konkret keine Stellung nehmen. Grundsätzlich sei es so, dass Kommunen frei entscheiden könnten, ob sie Beigeordnete als politische Wahlbeamte bestellen oder Verwaltungsdezernenten ernennen. „Beide Modelle gehören fest zur kommunalen Praxis“, sagt Sprecher Philipp Stempel. Er verweist darauf, dass auch andere Kommunen Probleme bei der Besetzung von Beigeordnetenstellen haben. Es gebe hier eine Art „Fachkräftemangel“.

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