Vor dem AbbruchAbschied vom alten Bad

Jörg Wagner aus Kerpen zeigt seinen Kindern das alte Schwimmbad in Kerpen, in dem er schwimmen gelernt hat.
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Kerpen – Ein wenig wehmütig sind die Menschen. Kleine Lebensmittelläden seien schon längst verschwunden. Bank- und Postfilialen machten dicht. Und die Zeiten, in denen es fast an jeder Grundschule Schwimmbäder gegeben habe, seien auch vorbei. Die Feier zur Schließung des alten Hallenbades am Kerpener Rathaus ist Anlass für Bürger, noch mal einen Blick in das Gebäude zu werfen und über den Lauf der Dinge zu sinnieren. Das marode Schwimmbad wird von einigen als Zeichen für sich auflösende gesellschaftliche Strukturen wahrgenommen.
Klagen im Internet
In Zusammenarbeit mit dem Investor, der das Schwimmbad abreißen und auf dem Grundstück neue Büro- und Geschäftshäuser errichten wird, hat Volker Böttcher von der Gaststätte „Stift's“ die Veranstaltung organisiert. In einem Internetforum hätten viele Menschen beklagt, dass das alte Hallenbad so einfach verschwinde. Daraus sei die Überlegung entstanden, den Leuten Gelegenheit zu geben, noch mal vor Ort Abschied zu nehmen.
Tagsüber konnten Bürger kommen, gucken und alte Kacheln des Bades kaufen. Mit Zertifikat. „Wie bei der Berliner Mauer. Nur nicht ganz so bedeutungsvoll“, scherzt jemand. Der Erlös wird gespendet. Abends stieg eine Party. Im Becken durfte getanzt werden.
Jörg Wagner ist mit seinen drei Kindern gekommen. „Ich habe hier schwimmen gelernt“, erinnert sich der Kerpener. In den Ferien wäre für Kinder der Eintritt immer frei gewesen. „Und die Bademeister waren streng“, lacht der Familienvater. Seine Kinder wühlen noch mal in der Kiste mit den Kacheln. Dann geht es wieder nach Hause.
Auch Volker Böttcher erinnert sich an vergangene Kindertage. „Ich habe hier alle Schwimmabzeichen gemacht. Und der Bademeister Müller war immer mit dabei. Der gehörte dazu.“ Wenn man vom Beckenrand gesprungen sei, habe er geschimpft. „Aber sonst war der ziemlich nett.“ Fotos hängen an den Wänden. Betrachter sehen das leere Becken, die alten Schränke mit den großen Zahlen, Gebrauchsspuren an Kacheln und Fliesen. Auf den Bildern von Ralf Klinkhammer wird der morbide Charme des abbruchreifen Gebäudes sichtbar.
Ein wenig traurig ist auch Kurt Hofmeister, der an diesem Wochenende zum letzten Mal seinen Minigolfplatz öffnet. Der an das alte Schwimmbad angrenzende Platz fällt dem Neubau ebenfalls zum Opfer. Vor 42 Jahren hätten seine Eltern die Milchbar im Bad eröffnet. Ein Jahr später folgte der Minigolfplatz. „Ich bin hier groß geworden“.
Minigolfplatz verschwindet
Vor drei Jahren habe er den Platz übernommen. Die alten Bahnen habe er verkauft. Die dürfe er wegen der Belastung mit Asbest nicht mehr in Betrieb nehmen. Einen alternativen Platz habe er von der Stadt nicht angeboten bekommen. Eine Neueröffnung würde er finanziell sowieso nicht schultern können. „Da muss man mit bis zu 100 000 Euro rechnen.“ Die Leute wollten heute eben Erlebnis-Bahnen mit richtig viel Schnickschnack. Seit Anfang des Jahres ist das Bad, das 1969 eröffnet wurde, geschlossen.
Seit einiger Zeit springen die Menschen nämlich im neuen Bad am Gymnasium ins kühle Nass. Die hohen Betriebskosten und die teure Renovierung hätte die Stadt nicht tragen können, erklärt der Investor. Im November werde das Bad abgebrochen. Im Januar beginne der Bau der neuen Häuser. Im Dezember 2013 sollen dann die Mitarbeiter des Jobcenters in die neuen Räume ziehen. Die restlichen Büro- und Praxisräume würden dann hoffentlich auch schnell vermietet.