KommentarRespekt gebührt denen, die in Rhein-Erft gegen Rechtsextremismus protestieren

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt eine Demonstration gegen rechtsextreme Hetze in Brühl.

Mehrere Tausend Menschen sind in Brühl auf die Straße gegangen und haben gegen rechtsextreme Hetze demonstriert.

Brühl und Erftstadt haben eindrucksvoll bewiesen, dass die Bürger nicht bereit sind, ihr Land Rechtsextremen und einer Politik zu überlassen, die menschenverachtend ist.

Nun muss nicht darüber gestritten werden, warum andere Städte außerhalb des Rhein-Erft-Kreises schneller reagiert haben oder weshalb die Erftstädter noch vor den Brühlern an die Öffentlichkeit gegangen sind oder warum die Kerpener erst ein Bündnis gegen Rechtsradikalismus, Rassismus und Intoleranz gründen, bevor sie auf die Straße gehen.

Auf die Straße gehen, um die entschlossene Bereitschaft zu demonstrieren, unsere Demokratie und unser Gesellschaftssystem gegen all jene zu schützen, die ihre Politik auf einer Ideologie und einem Menschenbild aufbauen, das die Welt vor 90 Jahren in einen schrecklichen Krieg geführt und Millionen Menschen das Leben gekostet hat – und einen blinden Hass gegen Juden und andere Minderheiten geschürt hat. Der Holocaust mit mehr als sechs Millionen getöteten Kindern, Frauen und Männern sollte auf ewig ein abschreckendes Beispiel sein, damit rechtsextremes Gedankengut nie wieder auf fruchtbaren Boden in unserem Land fallen würde.

AfD schürt unreflektierte Kritik gegen alle Regierenden

Die Realität ist eine andere. Das ist bitter und erschreckend. Und wem das Bekanntwerden des Treffens von Vertretern rechtsextremer Kreise in Potsdam nicht die Augen geöffnet hat, welche menschenverachtenden Ziele diese Gruppierungen verfolgen, ist entweder gleichgültig, abgestumpft – oder Sympathisant.

Diejenigen, die die Kundgebungen am Freitag in Brühl und am Samstag in Erftstadt organisiert haben, sind es nicht. Sie sind in großer Sorge darüber, dass eine Partei wie die AfD nicht nur die „Remigration“ von Geflüchteten und Menschen mit Zuwanderungshintergrund fordert, sondern – in Regierungsverantwortung kommend, wie es in östlichen Bundesländern ja keineswegs ausgeschlossen ist – auch praktiziert. Und nicht nur das: Agitation und Rhetorik der AfD sollen ein gesellschaftliches Klima schaffen, das spaltet und unreflektierte Kritik gegen alle Regierenden schürt.

Dass dieser Plan nicht aufgeht, haben am Wochenende erneut mehrere Hunderttausend Menschen durch ihre Teilnahme an Demonstrationen und Kundgebungen gegen Rechtsextremismus bewiesen. Brühl und Erftstadt haben sich in diese imaginäre Menschenkette eingereiht, andere Städte im Rhein-Erft-Kreis werden folgen – da bin ich mir sicher.

Bemerkenswert in Brühl war der Umstand, dass Matthias Pampus-Meder als Mitglied der Geschäftsführung des Brühler Eisenwerks zu den Teilnehmern sprach – und eben nicht nur diejenigen, von denen man es ohnehin erwarten darf: Parteien, Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Kirchen oder Gewerkschaften. Er machte deutlich, was eine Ausweisung all jener Menschen in der Praxis bedeuten würde, die nicht in das Bild passen, das Rechtsextreme von Deutschen haben: Die Hälfte seiner 1600 Mitarbeitende umfassenden Belegschaft hat Migrationshintergrund. Ohne sie könnte Brühls größter Arbeitgeber dichtmachen.

Sie alle tragen ihren Teil zum Wohlstand des Landes bei

Auch Krankenhäuser, Pflegedienste, Kneipen und Kitas – um nur einen Bruchteil der betroffenen Einrichtungen zu nennen – müssten ohne die Arbeit von Frauen und Männern, die zugewandert sind, schließen: Menschen im Übrigen, die im guten Glauben in unser Land gekommen sind, weil sie darauf vertrauten, willkommen zu sein und ein Leben in Sicherheit zu führen. Sie, aber auch diejenigen, die als Kinder von Zugewanderten hier geboren sind, steuern ihren Teil zum Wohlstand des Landes bei.

Auch das gilt es zu verteidigen: gestern in Brühl, heute in Erftstadt, morgen wieder woanders. Eigentlich überall.

KStA abonnieren