Petition gestartet21-Jähriger aus Pulheim möchte trotz Behinderung Notfallsanitäter werden

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Ein junger Mann mit Maske sitzt in einem Rollstuhl vor einem Schreibtisch. Er schaut konzentriert auf die vier Computer-Bildschirme vor sich.

Robin Heise sammelt Unterschriften, um Notfallsanitäter werden zu dürfen.

Der 21-jährige Robin Heise träumt davon, trotz seiner Behinderung Notfallsanitäter zu werden. Nun hat er eine Petition gestartet.

Robin Heise ist 21 Jahre alt und hat wahrscheinlich vielen anderen in seinem Alter etwas voraus: Er hat eine genaue Vorstellung davon, welchen Beruf er in seinem Leben ausüben will. Er will Notfallsanitäter werden und im Rettungsdienst arbeiten. Dafür muss der Pulheimer eine dreijährige Ausbildung absolvieren, was in seinem Fall jedoch mit Schwierigkeiten verbunden ist. Denn Robin Heise sitzt im Rollstuhl.

Der 21-Jährige wurde mit einer seltenen Muskelerkrankung geboren, Muskeldystrophie Duchenne. Zunehmender Muskelschwund ist Teil der Krankheit. Seit seinem zwölften Lebensjahr ist er daher auf den Rollstuhl angewiesen. Das hat ihn jedoch nicht davon abgehalten, 2021 bereits die Ausbildung zum Rettungssanitäter zu machen. „Ich bin der erste Rollstuhlfahrer in Deutschland, der das geschafft hat“, sagt er.

Ausbildung soll folgen

Jetzt soll die Ausbildung zum Notfallsanitäter folgen. Neben dem schulischen Teil und einem Praktikum im Krankenhaus ist dafür ein Praktikum im Rettungsdienst erforderlich. Für Heise ist das nur an einem Flughafen und in einer Telenotarztzentrale möglich. Denn dort sei es weitestgehend barrierefrei, erläutert er. Zudem müssten zwei Einsatzfahrzeuge mit Rampe angeschafft werden, ein Einsatzleitwagen und ein großen Rettungswagen. Die Fahrzeuge würden rund 350 000 Euro beziehungsweise 200 000 Euro kosten.

„Für mich ist diese Ausbildung nur als Inklusionsprojekt mit Sondergenehmigungen und mit prominenter Unterstützung möglich“, das ist Robin Heise klar. Daher hat der Rettungssanitäter eine Petition gestartet. Online können Unterstützer ihre Unterschrift setzen und den Pulheimer so in seinem Vorhaben bestärken.

Hobbys und Beruf sind wichtig

Neben einer Ausbildung in Deutschland käme für ihn eine vierjährige Selbstausbildung infrage, die Teile von europäischen Rettungsdienstausbildungen enthalte. Das könne er in Belgien, Luxemburg oder Skandinavien machen.

Am liebsten würde der 21-Jährige die Ausbildung im kommenden Frühjahr beginnen. „Je früher desto besser“, sagt er. „Solange ich mich noch so gut bewegen kann wie jetzt.“ Bei seiner Erkrankung sei die frühzeitige Wahl eines Berufs wichtig, weil soziale Kontakte, Hobbys und der Beruf die Lebenserwartung und Lebensqualität erhöhen würden. Das hätten ihm die Ärzte gesagt.

Ich habe Hilfe von anderen Leuten bekommen, dann kann ich das ja auch zurückgeben
Robin Heise

Das ist aber nicht das einzige Motiv, das den 21-Jährigen antreibt: „Ich wollte schon immer Menschen helfen“, sagt Heise. Er habe selbst schon mehrmals längere Zeit in Krankenhäusern verbracht. „Ich habe Hilfe von anderen Leuten bekommen, dann kann ich das ja auch zurückgeben.“

Als Rollisanitäter bietet er bereits eine Reihe an Leistungen in Pulheim, Köln und ganz Nordrhein-Westfalen an wie Erste-Hilfe-Kurse, Notfalltrainings oder Sanitätsdienst. Deutschland- und europaweit sind darüber hinaus Medical Coachings möglich. „Aktuell bin ich als Medical Assistant im Bereich Sportmedizin aktiv“, berichtet der 21-Jährige. So bietet er beispielsweise medizinische Beratung sowie Gesundheits-Check-ups bei Kampfsport-Clubs oder Vereinen an.

Zunächst macht er eine Weiterbildung

Von Oktober bis April wird der Pulheimer zunächst eine Weiterbildung machen und ein sportmedizinisches Hochschulzertifikat erlangen. So kommt er seinem Ziel wieder etwas näher. Und klar ist für Robin Heise sowieso: „Man darf sich nicht von seinen Zielen abbringen lassen.“

Ausbildungsleiter Wolfgang Esser von der Feuerwehr Bergheim sieht das Vorhaben kritisch, weil es viele Hürden gebe. Er schließt allerdings nicht aus, dass es gelingt, wenn es von einer anderen Stelle finanziert wird. Denn zur Notfallsanitäterausbildung, die im Kreis von den städtischen Feuerwehren durchgeführt wird, gehören neben den schulischen Teilen und Praktika im Krankenhaus auch eine Zeit auf der Rettungswache dazu.

Platzproblem im Rettungswagen

Besonders die Einsätze sieht Esser kritisch. Denn im Rettungswagen gebe es ein Platzproblem. Es gebe zwei Sitzplätze, denn während der Fahrt solle niemand stehen. Der Rollstuhl müsste eigens befestigt werden. Und wenn ein Patient doch unterwegs behandelt werden müsse, könne der Sanitäter im Rollstuhl nicht eingreifen.

Die schulischen Blöcke und die Arbeit in einer Leitstelle oder Telenotarztzentrale sieht Esser optimistisch. Die Idee finde er gut. Er gibt aber zu bedenken, dass dann die praktische Erfahrung fehle. Und auch der schulische Teil besteht nicht nur aus Theorie, sondern auch aus Reanimationen. „Die Auszubildenden machen rund 100 Reanimationen, die müssen absolut fit sein“, sagt der Fachmann. Der Notfallsanitäter erlebe jeden Tag Situationen wie Unfälle auf Gleisen oder auf der Autobahn mit Trümmerteilen, enge Flure oder schwere Patienten. Essers Fazit für Robin Heise: Er sieht mehr Hürden als Chancen.

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