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Rentner aus Pulheim ermordetAngehörige: „Gericht nimmt mehr Rücksicht auf Täter als auf das Opfer“

Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Foto sind zwei Männer in einem Gerichtssaal zu sehen.

Christoph und Bernd C. kritisieren den Ausgang des ersten Prozesses gegen zwei Männer, die am Überfall auf ihren Vater beteiligt gewesen sind.

Am dritten Prozesstag um den Raubmord an einem 85-Jährigen haben dessen Söhne ausgesagt. Sie hadern mit dem Urteil gegen zwei Tatbeteiligte.

 Mit unbewegtem Gesichtsausdruck folgte der Angeklagte im Prozess um den Raubmord an einem 85-Jährigen der Aussage des Sohnes, der seinen Vater am 7. September 2023 brutal zugerichtet im Keller seines Reihenhauses auffand. „Das ist ein Bild, das bekomme ich nicht mehr aus meinem Kopf“, sagte Christoph C. dem Gericht.

Am Tattag arbeitete der heute 59-Jährige, der wenige Gehminuten vom Elternhaus entfernt wohnt, im Homeoffice, als am frühen Nachmittag ein besorgter Nachbar anrief. „Menschen stehen vor dem Haus und diskutieren aufgeregt, da muss etwas passiert sein“, soll der Anwohner der Mozartstraße berichtet haben. Christoph C. dachte an einen häuslichen Unfall, der seinem Vater keine Zeit mehr ließ, den Alarmknopf am Notfallarmband zu drücken.

Da ich in einem Ausnahmezustand war, bat ich die Nachbarin, das Klebeband von seinem Mund zu nehmen
Christoph C.

Er eilte los. Vor Ort traf er die Haushaltshilfe an, die vergeblich zum vereinbarten Termin an der Tür geklingelt hatte. Auch Nachbarn, an die sich die Hilfskraft wandte, hatten erfolglos versucht, den sonst gut erreichbaren Senior zu kontaktieren.

Christoph C. besitzt einen Zweischlüssel. Gemeinsam mit einer Nachbarin betrat er das Haus. Bereits im Eingangsbereich habe sich ein „schrecklicher“ Anblick geboten. Der Flur sei mit Sachen und Glassplittern übersät gewesen. Er habe nach seinem Vater gerufen, während er mit der Nachbarin Wohnzimmer, Küche und Obergeschoss absuchte. Schließlich gingen die beiden den Blutspuren und Glassplittern auf der Kellertreppe nach.

Auf dem Foto sind ein Anwalt und ein Angeklagter zu sehen. Dessen Gesicht ist unkenntlich gemacht.

Der Angeklagte mit seinem Anwalt im Gespräch.

„Da habe ich meinen Vater auf dem Boden liegend gesehen“, beschreibt der Sohn die Situation. „Da ich in einem Ausnahmezustand war, bat ich die Nachbarin, das Klebeband von seinem Mund zu nehmen. Doch sie hat offenbar medizinische Kenntnisse, denn sie sagte, er sei tot und fühlte zur Sicherheit seinen Puls.“ Schnell habe er das Haus verlassen und draußen auf die Polizei gewartet.

Der Sohn konnte der Kripo sagen, wo sein Vater den Schlüssel für den eingemauerten Tresor im Keller aufbewahrte. Das Schloss war jedoch durch Aufbruchversuche der Täter derart beschädigt, dass die Öffnung erst mithilfe einer Spezialfirma gelang. Rund 10.000 Euro Bargeld und Schmuck der im Mai desselben Jahres verstorbenen Ehefrau bewahrte das Opfer darin auf -  Beute, auf die es die Räuber wohl abgesehen hatten.

Mein Vater war ein herzensguter Mensch, der überall gern gesehen war
Bernd C.

Zum letzten Mal lebend gesehen hatte Christoph C. seinen Vater zwei Tage vor der Tat. Der Senior fuhr mit dem Rad zum Friedhof, wo er täglich das Grab seiner Frau besuchte. Sie hatte er nach der Diagnose Demenz 2021 zu Hause gepflegt und später täglich im Heim besucht. Dort nahm er nach ihrem Tod noch das Mittagessen ein, so dass am 7. September auch dem Heim sein Ausbleiben auffiel. „Mein Vater war ein herzensguter Mensch, der überall gern gesehen war. Er hatte Pläne, buchte eine Urlaubsreise, trieb Sport, backte Kuchen mit dem Obst aus dem Garten“, bestätigte der 55-jährige Bernd C. die Charakterisierung seines Bruders.

Die Hinterbliebenen wiederholten im laufenden Prozess ihre Unzufriedenheit mit dem Prozessausgang nach der Verurteilung der beiden zuerst gefassten Täter. Durch die verhängten Jugendstrafen werde mehr Rücksicht auf die Täter als auf die Opfer genommen, meinen sie. Gleichzeitig appellieren sie unermüdlich an die Gesellschaft, wegen einzelner Verbrecher ausländischer Herkunft die Gesamtheit der Migranten nicht unter Generalverdacht zu stellen.