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Foltermord PulheimAussage des Angeklagten widerspricht Zeugen

Lesezeit 3 Minuten
Das Bild zeigt Polizeibeamte in Schutzanzügen vor einem Haus.

In Pulheim wurde in der Mozartstraße im September 2023 ein Rentner getötet. Jetzt läuft der Prozess.

Im Prozess um den tödlichen Raubüberfall auf einen Senior spielten Chats eine Rolle.

Im Prozess um den tödlichen Raubüberfall auf einen 85-Jährigen am 7. September 2023 stand den Söhnen am Freitagnachmittag die Qual ins Gesicht geschrieben. Der wegen Mordes angeklagte 27-Jährige hatte Einlassungen angekündigt. Sie widersprachen allerdings den spärlichen Angaben von Zeugen, die vor und nach der Tat Kontakt mit ihm hatten. Eingespielte Sprach- und Textnachrichten reichten trotz hartnäckiger Vernehmung durch den Vorsitzenden Richter Alexander Fühling nicht aus, um Falschaussagen nachzuweisen.

Vorhaltungen aus dem Vernehmungsprotokoll bei der Polizei relativierte der 35-jährige Cousin des noch flüchtigen vierten Komplizen: Die Kripo habe ihn sechs Stunden lang gedrängt, seinen Freund des Mordes zu beschuldigen, und obendrein ungenau protokolliert. Aus den Kontakten, die weiterbestanden, nachdem sich der Angeklagte bereits in den Kosovo abgesetzt hatte, geht aber hervor, dass der 35-Jährige ihm abriet, sich zu stellen, um Mittäter nicht zu verraten.

Nicht alle sind so abgebrüht wie du und bringen einfach einen Menschen um
aus einem Chatverlauf

In den Chats fielen sinngemäß Sätze wie: „Nicht alle sind so abgebrüht wie du und bringen einfach einen Menschen um.“ Der Zeuge räumte lediglich ein, der Angeklagte habe am Tattag gesagt: „Wir haben einen umgebracht.“ Laut den sichergestellten Nachrichten hatte der Zeuge jedoch wiederholt Vorwürfe erhoben wie: „Du hast einen Mann umgebracht, der könnte dein Vater oder Großvater sein.“

Die Kenntnisse der Tat vom Hörensagen gab er mit den Worten wieder, der Überfallene habe sich „nicht kooperativ“ gezeigt, er habe den Tresorschlüssel nicht rausrücken wollen. Den Senior habe man gefesselt und in den Keller gebracht, weil er überraschend fit gewesen sei und sich so heftig wehrte, dass der Cousin blaue Flecken an den Beinen davongetragen habe. Wie er von dem gebrochenen Zungenbein, das zum Erstickungstod des Seniors führte, erfahren haben will, war dem Zeugen nicht zu entlocken. Auch nicht, wer ihm erzählte, dass die drei Männer aus Niedersachsen, die in das Haus eindrangen, noch eine Weile um die Leiche im Keller herumsaßen und „schnackten“.

Das Bild zeigt den Angeklagten mit seinem Anwalt.

Der Angeklagte mit seinem Anwalt im Gespräch.

Ebenso mauerten die Lebensgefährtin des Zeugen und ein Mitbewohner des Angeklagten. Er sagte, ihn hätten weder die Flecken auf dessen Kleidung noch das Verschwinden kurz darauf interessiert. In seiner Einlassung belastete der Angeklagte die beiden Syrer, die bereits am 18. Juni 2024 zu noch nicht rechtskräftigen Jugendstrafen verurteilt wurden, schwer. Sie seien die Anstifter zu dem Raubüberfall gewesen. Seine Aufgabe sei es gewesen, an der Tür zu klingeln, durch Anbieten von Gärtnerdiensten auszukundschaften, ob der Senior allein sei.

Der zu acht Monaten Gefängnis verurteilte damals 20-jährige Syrer soll dem Senior beim Eindringen ins Haus zusammen mit dem noch flüchtigen Komplizen einen Faustschlag ins Gesicht versetzt haben, sodass der Mann stark aus der Nase blutete. Er selbst habe das Opfer nur einmal kurz festgehalten, was seine Spuren an der Leiche erkläre. Das Klebeband um den Mund will er erst gesehen haben, nachdem er und der Libanese das Haus nach Werten durchwühlt hatten. Währenddessen sei nur der 21-Jährige im Keller gewesen. „Er ist zu hundert Prozent verantwortlich für die Verletzungen des alten Mannes“, schloss der Angeklagte. Nachfragen blockte er mit Unterstützung seines Verteidigers Dr. Klaus W. Kirchner ab.