Fahrschulen in Rhein-Erft schlagen AlarmSchüler warten wochenlang auf Fahrprüfungen

Fahrlehrer im Rhein-Erft-Kreis berichten von katastrophalen Zuständen.
Copyright: imago images/Future Image
Rhein-Erft-Kreis – Es ist wohl ein Dilemma, was sich nicht so schnell lösen lässt. Jedenfalls meinen das zahlreiche Fahrlehrer im Kreis. Sie berichten immer wieder, dass ihre Kandidaten derzeit mitunter sechs bis acht Wochen auf einen Termin für ihre praktische Führerscheinprüfung warten müssen.
Fahrschüler warten vergebens auf Prüfungen
„Dazu habe ich in der vergangenen Zeit mehrfach erlebt, dass ich mit meinem Fahrschüler und einem Auto vor dem Tüv stand und die Prüfung nicht stattfand“, berichtete ein Fahrlehrer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, aus Angst, dass seine Schüler bei Behörden mit Terminnachteilen rechnen müssten.
„Dass ein Prüfer krank oder wirklich mal verhindert ist, das passiert. Aber beim letzten Mal bekam ich erst mal gar keine Info. Wir mussten warten, um dann zu erfahren, dass die Prüfung erst in zwei Stunden stattfindet“, ärgerte er sich.
Fahrprüfungen in Rhein-Erft: Belastung für alle Beteiligten
„Für uns Fahrschulen führt das zu riesigen Planungsschwierigkeiten. Nach der bestanden Theorie kümmern wir uns eigentlich schon um die Praxisprüfung. Und tun alles dafür, dass der Schüler zum Tag der praktischen Prüfung fit ist“, erzählte er weiter. „Fällt sie aus, heißt es, wieder Wochen auf den nächsten Termin warten. Das ist für alle Beteiligten auch eine psychologische Belastung, mit Nerven und Kosten verbunden.“
Der Technische Überwachungsverein (Tüv) Rheinland bestätigte vor wenigen Tagen die aktuell langen Wartezeiten. Um sie abzubauen, sollen nun zusätzliche Termine für die praktische Fahrprüfung angeboten werden. „Der Samstag wird zum sechsten Prüfungstag“, erklärte Ralf Strunk, verantwortlich für den Bereich Mobilität beim Tüv Rheinland.
So viel kostet ein Führerschein
So viel Kostet ein FührerscheinJede Fahrschule erhebt eine Grundgebühr, über die der Verwaltungsaufwand und normalerweise auch der Theorieunterricht abgedeckt werden. Für Lehrmaterial kommen zusätzliche Kosten hinzu. Den größten Posten machen allerdings in der Regel die Fahrstunden aus, gleichzeitig lässt sich bei den regulären Fahrstunden auch am meisten sparen: Manche brauchen nicht so viele Übungsstunden und zahlen dementsprechend deutlich weniger.
Zwölf Sonderfahrten sind für alle verpflichtend: drei Nachtfahrten, vier Autobahnfahrten, fünf Überlandfahrten. Zusätzlich sind noch die Kosten für den Führerscheinantrag sowie für Sehtest, Erste-Hilfe-Kursus und Passfoto und die Prüfungsgebühr zu zahlen. Laut Fahrlehrerverband kann der Führerschein zwischen 1500 Euro und 2400 Euro kosten, mitunter mehr. Grund dafür seien derzeit zusätzliche Hygienemaßnahmen durch das Coronavirus. Außerdem sind in jüngster Vergangenheit die Tüv-Kosten gestiegen. (höb)
Erste Prüfungen gab es hier bereits im Gebiet zwischen Mönchengladbach, Krefeld, Düsseldorf und Wuppertal. Für einen Samstagbetrieb im Rhein-Erft-Kreis liege aber noch kein Starttermin vor, informierte Strunk. Hier seien die Verhandlungen mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen, hieß es.
Ausfallquote liegt bei 15 Prozent
Als Grund für die langen Wartezeiten nannte Strunk vor allem die Zunahme an Corona-Erkrankungen. Die Ausfallquote von Fahrprüfungen liege bei 15 Prozent und damit etwa zehn Prozent über der normaler Jahre. Insgesamt hätten in diesem Jahr in NRW rund 11.000 praktische Fahrerlaubnisprüfungen kurzfristig abgesagt werden müssen.
Dennoch seien mehr Prüfungen gefahren worden als je zuvor, bis Ende September 114.467. Im Rekordjahr 2019 waren es insgesamt rund 109.000. Um den angehäuften Prüfungsbedarf abzuarbeiten, seien Sachverständige aus anderen Arbeitsgebieten und zusätzlich Ruheständler eingesetzt worden, so Strunk. Er kritisierte, dass Fahrschulen wegen der Engpässe mehr Prüfungstermine beantragten, um besser planen zu können.
Viele Fahrlehrer wünschen sich einfach eine bessere Zusammenarbeit mit dem Tüv und klarere Aussagen der Prüfgesellschaft zu Wartezeiten, um einen Planungssicherheit für eine zielgerichtete Ausbildung und finanzielle Kalkulation zu bekommen.
Für die Ausbilder liegt der Prüfungsstau nicht nur an Corona, sondern auch an einer längerfristigen verfehlten Tüv-Politik mit drastischen Personaleinsparungen. Um künftig mehr Prüffachkräfte zu gewinnen, schlagen Fahrlehrer vor, die Eingangsvoraussetzungen zur Ausbildung für die Fahrprüfer beim Tüv Rheinland, das sind Ingenieure mit einer zusätzlichen zweijährigen Ausbildung, zu erleichtern.
Ferner plädieren sie dafür, die Dauer der praktischen Prüfung, die Anfang 2021 von 45 auf 55 Minuten verlängert wurde, wieder auf eine Dreiviertelstunde zu reduzieren. So könnten an einem Tag bis zu zwei Prüfungen mehr stattfinden.