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„Das war schon surreal“Geschäfte in Rhein-Erft ziehen nach Öffnung gemischte Bilanz

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Matthias Preuschoff, Filialleiter des Buchhändlers Thalia im Einkaufszentrum Hürth-Park, freut sich, dass sein Geschäft wieder öffnen darf.

Rhein-Erft-Kreis – Bummeln, als wäre nichts gewesen? Ganz so einfach ist es nicht, auch wenn die Regeln für den Einzelhandel seit Montag gelockert sind. Zumal die Lage verzwickt bis undurchsichtig ist: Buchhandlungen beispielsweise haben ganz normal geöffnet, nur die Zahl der Menschen, die dort stöbern, blättern und schmökern dürfen, ist begrenzt. Andere Geschäfte dürfen Kunden nur nach Anmeldung einlassen. Der große Ansturm auf Einkaufszentren und Innenstädte ist am Wochenbeginn jedenfalls ausgeblieben.

„Für den ersten Tag ist der Besuch schon ganz gut“, sagt Karin Bohnen. Sie kann aus der Buchhandlung Köhl, in der sie arbeitet, ins Liblarer Einkaufszentrum schauen. Dort sei aber nicht mehr los als zu Zeiten des Lockdowns, sagt die Buchhändlerin. In Lechenich sehe es anders aus, berichtet ihr Kollege Jörg Neuburg aus der dortigen Filiale. „Hier gab es aber auch in den vergangenen Wochen mehr Laufkundschaft.“ Die Buchhandlungen Köhl begrüßen in dieser Woche alle Kunden mit einer kleinen Überraschung.

Erftstadt: Nicht alle Läden öffnen wieder komplett

Auch Petra Zimmer könnte wieder Kunden in ihr Wollgeschäft lassen, wenn auch mit Voranmeldung. Tut sie aber nicht. „Das wäre unrentabel“, sagt sie. „Da berate ich einen Kunden eine halbe Stunde lang und verkaufe dann ein Knäuel für 4,50 Euro.“ Stattdessen macht sie weiter wie bisher. An zwei Tagen pro Woche – dienstags und freitags, 10 bis 14 Uhr – ist sie im Laden „Lieblingsstück“ am Spürkerkreuz in Liblar, wo sie außer handgefärbter Wolle auch hübsche Kleinigkeiten aus der Buchbinderei ihres Mannes anbietet. Dort hat sie das gesamte Sortiment ins Schaufenster geräumt, in der Tür steht ein Tisch, der Inhaberin und Kundin trennt. „Ich bringe dann eine Auswahl, und hinterher habe ich jede Menge wegzuräumen“, sagt Zimmer. Im wahrsten Sinne des Wortes ein mühsames Geschäft.

Zu mühsam auf Dauer. Im Sommer wird Petra Zimmer ihren Laden schließen – nach fünf Jahren. Sie bekomme einfach zu viel Elend mit, sagt sie, sehe zu viele Menschen, die an den Kontaktbeschränkungen zugrunde gingen.

Hürth-Park: Ein Drittel aller Geschäfte hat geöffnet

Auch im Einkaufszentrum Hürth-Park blieben am Montag noch viele Läden geschlossen. „Ein Drittel der 150 Geschäfte hat geöffnet“, sagt Centermanager Enver Savkay, am Montag seien 15 Läden dazugekommen, bei denen man nach vorheriger Terminabsprache einkaufen kann. „Das muss sich erst einpendeln“, glaubt Savkay, der auch noch keinen Überblick darüber hat, ob sich das für die Händler überhaupt lohnt. Kunden mit Einkaufstaschen der Boutiquen waren am Nachmittag ein seltener Anblick.

Dafür waren die Taschen dann aber bisweilen gut gefüllt. „Die Stammkunden waren zuerst wieder da“, berichtet die Filialleiterin eines Modegeschäfts, „und die haben sehr gezielt und teils auch richtig viel eingekauft.“ Groß sei die Lust auf die lockere Frühjahrsmode und die neuen Farben. Einlassen darf sie aber jeweils nur einen Kunden mit Termin, und der hat dann eine dreiviertel Stunde Zeit zum Shoppen. „Danach muss ich lüften und alles desinfizieren“, so die Filialleiterin. „Das dauert eine Viertelstunde.“

Beim Buchhändler Thalia braucht man keinen Termin, im Hürth-Park können Filialleiter Matthias Preuschoff und sein Team auch wieder Laufkundschaft beraten und bedienen. „Das war anfangs schon etwas surreal, dass hier wieder Leute herumliefen“, räumt Preuschoff schmunzelnd ein. Die Kunden seien dankbar und die Mitarbeiter froh, nicht mehr in einem „Geisterladen“ hauptsächlich mit Inventur- und Sortierarbeiten beschäftigt zu sein, auch wenn am ersten Tag nach dem Lockdown deutlich weniger Besucher im Laden waren als sonst. 80 Kunden dürfen bei Thalia im Hürth-Park gleichzeitig stöbern und schmökern. „Davon sind wir aber noch weit entfernt.“ Das führt der Fillialleiter auch darauf zurück, dass viele andere Geschäfte im Einkaufszentrum noch geschlossen hätten.

Rhein-Erft-Kreis: Terminvergabe sorgt für Unverständnis

Ein halbes Dutzend Voranmeldungen für den ersten Tag der gelockerten Regelungen verzeichnete Thomas Engelhard, der in der Bergheimer Fußgängerzone ein Fachgeschäft für Haushaltwaren, Wohnaccessoires und Geschenkartikel betreibt. Weiterhin ist auch die Abholstation für vorbestellte Waren in Betrieb.

Der Kassenbereich im Laden von Thomas Engelhard ist mit Folie geschützt, der Einlass wird kontrolliert.

Wenig begeistert ist Engelhard von der Organisationsform: „Wie lange vorher müssen die Kunden sich denn einen Termin geben lassen? Können sie auch ans Fenster klopfen und einen Termin in einer Minute vereinbaren?“ In seinem Ladenlokal dürften sich laut Corona-Verordnung aktuell vier Kunden gleichzeitig aufhalten. „Wir lassen aber immer nur zwei Personen gleichzeitig ein“, beteuert er. Das wäre auch ohne Voranmeldung vor Ort regelbar gewesen, ist er sicher, „natürlich mit Aufnahme der persönlichen Daten“.

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Ihm sei es mit Blick auf seine Gesundheit und die der Mitarbeiter nur recht, wenn nicht zu viele Menschen gleichzeitig im Geschäft seien. Verärgert ist er darüber, dass Supermärkte Waren offen anbieten dürfen, die er auch im Angebot habe, aber bislang nicht verkaufen durfte. „Wir wären froh, wenn wir wieder richtig öffnen dürften und als Anbieter von Waren des täglichen Bedarfs anerkannt wären“, sagt der Kaufmann, der auch Geschäftsführer der örtlichen Gewerbevereinigung WIG ist.

In Frechen eröffnet ein Küchen-Geschäft

In Frechen gibt es mitten in der Corona-Pandemie sogar eine Neueröffnung. An der Ecke Europaallee/Hermann-Seger-Straße im Europark eröffnete am Montag das Fachgeschäft „Der Küchenmacher“. Geführt wird es von den beiden Küchen-Profis Guido Melcher und Michael Dahmen, die in Frechen die fünfte Niederlassung in NRW eröffneten. Nach der Lockerung der Bestimmungen kann auf der 1000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche gezeigt werden, was die moderne Küche von heute zu bieten hat.

Michael Dahmen (l.) und Guido Melcher eröffneten in Frechen ein Küchen-Fachgeschäft.

„Küche ist unsere Leidenschaft“, so Michael Dahmen, der die Nähe zu den anderen Anbietern nicht fürchtet, sondern als Herausforderung betrachtet. „Unsere Stärke ist der Service“, erklären die Chefs, die im Verkauf von sieben Mitarbeitern unterstützt werden.