Weihnachten im Rhein-Erft-KreisWeihnachtsbäume selber fällen steht hoch im Trend

Mit mehr als zehn Familienmitgliedern und Freunden machen die Hamachers aus Bergheim das jährliche Tannenbaumschlagen zu einem großen Spaß und Familienerlebnis.
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Rhein-Erft – Von winterlicher Waldesruh kann in einigen Tannen-Schonungen der Region derzeit keine Rede sein. Denn nicht nur die Landwirte sägen jetzt frische Weihnachtsbäume, um sie auf ihrem Hof bei Glühwein und gemütlicher Stimmung zu verkaufen. Die künftigen Baumbesitzer schlagen sich auf speziell ausgewiesenen Flächen selbst in die Schonung, bewaffnet mit Säge und, je nach Wetterlage, Gummistiefeln und Regenjacke. Denn auch Dauerregen kann sie nicht aufhalten in ihrer Mission, den schönsten Weihnachtsbaum nach Hause zu holen.
„Habt ihr schon einen?“ – „Ich geh mal da rüber.“ – „Ach nein, der ist an einer Stelle ganz kahl.“ Diese Sätze werden noch bis zum 23. Dezember wohl in diesen Schonungen am häufigsten fallen, beispielsweise am Gut Hohenholz in Kerpen-Türnich, auf Gut Clarenhof in Frechen oder auch am Forsthaus Londorf in Bornheim-Merten. Doch warum stehen so viele Leute im Nieselregen, stapfen durch den Morast und schleppen ihren Baum Hunderte Meter zurück zum Auto? Sie könnten doch auch ein fast ebenso frisches Bäumchen an fast jeder Ecke ganz bequem, schnell, trocken und ohne Einsatz der eigenen Muskelkraft erstehen.
15 Menschen suchen fünf Bäume
„Wir machen das seit Jahren, alle zusammen. Das ist schon Tradition und macht einfach Spaß, vor allem für die Kinder“, erklären Michael und Bianca Hamacher aus Bergheim ihre Beweggründe. Das „alle zusammen“ nimmt die Familie wörtlich, denn mehr als 15 junge und ältere Hamachers verschiedenster Verwandtschaftsgrade sind in der Türnicher Schonung auf der Suche nach insgesamt fünf Weihnachtsbäumen. Während Kinder und Frauen vor allem mit das Aussuchen der passenden Nordmanntanne übernehmen, sind die Männer beim Sägen gefragt. „Das gehört für uns dazu“, sagt Michael Hamacher, bevor er vor dem auserwählten Gewächs auf die Knie geht und die Säge ansetzt. Nach wenigen Zügen kann er vermelden: „Baum fällt!“
Das war gute Arbeit und ein Ansporn für Bruder Ralf und die anderen Hamacher-Herren, es ihm gleich zu tun. Dabei werden sie von den Damen genau beobachtet, damit der Stamm auch gerade abgesägt wird, denn sie sind gedanklich schon beim Aufstellen und Schmücken. Während die eine Familie noch sucht, sind die Wagners aus Köln einige Tannen weiter schon kurz vor dem Abtransport. Da sie sich für ein ziemlich großes und wuchtiges Exemplar entschieden haben, setzt Gut-Hohenholz-Mitarbeiter Florian Dreesbach die Motorsäge an. Neben den Eltern Claudia und Dieter lassen es sich auch die Töchter Lara (17) und Anna (15) sowie Gast Phoebe (19) aus Berlin nicht nehmen, am jährlichen Tannenbaum-Schlagen teilzunehmen.
„Wir haben das für die Kinder angefangen und dachten, sie hätten irgendwann keine Lust mehr dazu“, erklärt Mutter Claudia Wagner. Doch weit gefehlt. „Es ist doch viel toller, wenn man den Baum auch selbst fällt“, betonen beide Töchter – selbst wenn es in diesem Jahr nur ein fast selbst geschlagener ist.
Bis zu zehn Jahre gewachsen
Mit vereinten Familienkräften wird das gute und schwere Stück bergab aus der Schonung gewuchtet und im Wagen verstaut. Glücklich machen sich die Wagners und die zahlreichen anderen Weihnachtsbaum-Neubesitzer auf den Weg nach Hause, während die Mitarbeiter des Türnicher Hofes noch bis Einbruch der Dunkelheit Sägen ausgeben, Bäume in Netze schieben und hier und da zur Hand gehen. Sie helfen im Zweifelsfall aber auch beim Anschieben des Autos, wenn es auf oder an dem schlammigen Waldweg stecken geblieben ist.
Doch auch wenn an guten Tagen so einige Tannen selbst geschlagen werden, mehr als drei Viertel der Käufer entscheiden sich doch für den frischen, aber professionell gefällten Baum ab Hof. Doch egal ob selbst geschlagen oder nur selbst ausgesucht, Florian Dreesbach hofft, dass die Leute es zu schätzen wissen, was sie sich ins Haus holen. Schließlich muss ein heimischer Nordmann acht bis zehn Jahre wachsen, um die Deckenhöhe von 2,50 Meter zu erreichen.
Es steckt viel Arbeit in der Aufzucht der Tannen. Dazu gehört das Düngen, der Kampf gegen Unkraut und Schädlinge, das Ausdünnen und das Pflanzen neuer Bäumchen. Der Weihnachtsbaum ist für seinen Produzenten ein Ganzjahres-Job.