Gespräch mit Leticia KoffkeDie erste und einzige Miss DDR kommt aus Wesseling

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Denkt heute noch gern an ihre alte Heimat, die DDR, zurück: Leticia Koffke.

Denkt heute noch gern an ihre alte Heimat, die DDR, zurück: Leticia Koffke.

Wesseling – An alle Details der Misswahl kann sich Leticia Koffke rund 30 Jahre danach nicht mehr erinnern. Stolz ist sie aber nach wie vor, die erste, einzige und letzte Miss DDR zu sein. Und die erste Miss Germany des wiedervereinten Deutschlands. „Auf jeden Fall dachte ich, dass ich die Wahl niemals gewinnen würde“, erzählt die heute 49-Jährige. Beim Telefonat am Freitagmorgen sitzt sie im Zug auf dem Weg von ihrer neuen Heimat Wesseling nach Hamburg, wo sie am Abend an einer Talkshow teilnehmen wird. 30 Jahre nach ihrem Sieg bei der Wahl zur Miss DDR am 21. September 1990 ist das Medieninteresse an der Wesselingerin immer noch – oder wieder – groß. Auch Sängerin und Schauspielerin Katja Ebstein wird zu Gast sein, auf sie freut sie sich am meisten.

Der große Finaltag der Miss-DDR-Wahl in Schwerin sei der Höhepunkt eines einwöchigen Marathons zwischen Fotoshootings und Interviews gewesen, an denen die 17 Teilnehmerinnen aus den neuen Bundesländern und Berlin, die sich zuvor zumeist bei kleineren Schönheitswettbewerben qualifiziert hatten, teilnahmen. „Am Tag der Entscheidung hatten wir morgens zuerst eine Generalprobe. Ich erinnere mich noch besonders daran, wie das Auto, ein schwarzer Mini Mayfair Sport, das wir gewinnen konnten, in die Halle am Fernsehturm geschoben wurde. Damals hätte ich doch nie gedacht, dass ich jemals ein Auto geschweige denn einen Führerschein besitzen würde“, erzählt Koffke.

Ein komisches Gefühl sei es gewesen, einen Schönheitswettbewerb in einem Land zu gewinnen, dass es nur wenige Tage später nicht mehr gegeben habe. Leticia Koffke (M.) lernte viel Prominenz kennen.

Ein komisches Gefühl sei es gewesen, einen Schönheitswettbewerb in einem Land zu gewinnen, dass es nur wenige Tage später nicht mehr gegeben habe. Leticia Koffke (M.) lernte viel Prominenz kennen.

Nur drei Monate später hatte die junge Frau dann sogar zwei Autos. Allerdings immer noch keinen Führerschein. Nach ihrem Sieg bei der ersten Wahl, bei der sie Jurymitglieder wie Schlagersänger Frank Schöbel mit ihrem Gang über den Laufsteg im geliehenen Abendkleid, einem Jogginganzug und im Badeanzug überzeugen konnte, gewann die damals 19-Jährige auch die Wahl der Miss Germany. Mit dem Toyota, den sie dabei gewann, startete sie schließlich durch und verkaufte das andere Auto. Den Führerschein machte sie im Januar 1991 in Oldenburg, wo sie nach ihren Siegen von Brandenburg an der Havel aus hinzog.

„Ich stand schon auf der Sonnenseite. Diese Schönheitswettbewerbe waren ja in der DDR was ganz Neues. Ich hatte viel Glück, konnte nach den Siegen Westdeutschland kennenlernen und die Welt bereisen“, erzählt Koffke. Der Hersteller einer Luxus-Koffermarke habe sie zum Beispiel zur Eröffnung eines neuen Geschäfts nach Los Angeles eingeladen, eines ihrer Highlights.

„No risk, no fun“

Dass ihre Heimat, die DDR, nur wenige Tage nach ihrer Wahl zur Miss DDR Geschichte war, sei damals ein komisches Gefühl gewesen. „1971, als ich geboren wurde, waren die Verhältnisse in der DDR stabil. Ich bin dort gut aufgewachsen und plötzlich sollte alles, woran wir geglaubt hatten, nicht mehr so sein.“

Drei Jahre arbeitete Koffke als Model. „No risk, no fun, das war mein Motto. Ich wusste ja, dass ich immer in meinen Beruf als Krankenschwester zurückgehen konnte.“ Das Interesse an ihr und der Besonderheit ihres Titels sei groß gewesen, sie habe die perfekten Maße für Modelagenturen gehabt, Natürlichkeit, schöne Haare und die richtige Haut. Dass sie eigentlich zu klein gewesen sei, sei den Agenturen egal gewesen. Letztendlich habe ihr das Modeln aber nicht mehr gereicht. Koffke gründete 1993 mit ihrem damaligen Partner eine Textilfirma am Niederrhein: „Ich hatte ja keine Ahnung, wie man ein Unternehmen führt. Aber ich wollte mir etwas Eigenes aufbauen, da war Learning by Doing.“ Drei Jahre später bekam sie eine Tochter.

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Dass sie heute im Rhein-Erft-Kreis zu Hause ist, ist einem Zufall zu verdanken. Als sie 2007 in ihre Wahlheimat Köln gezogen sei, sei es ihr in der Südstadt irgendwann „zu eng geworden“. Auf einmal sei das Angebot für eine Wohnung in Wesseling aufgetaucht, und sie habe zugeschlagen. „Seit 2016 lebe ich hier. Es ist ein Traum. Ich gehe aus dem Haus und bin direkt an der Rheinpromenade und schnell in Köln. Ich habe ein schönes Plätzchen gefunden“, sagt Koffke. Wegen eines Nierenversagens kann die 49-Jährige nicht mehr Vollzeit arbeiten und ist im Vorruhestand. Ihr Bruder habe ihr 2011 „ein neues Leben geschenkt“, als er ihr eine Niere gespendet habe. Leticia Koffke hat eine Leidenschaft für Yoga. In einem Yoga-Studio in Köln-Nippes gibt sie Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene.

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