Unterwegs mit Micky NauberWesseling hat auch schöne Ecken

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Joggen mit kleinen Gemeinheiten. Micky Naubers Trainierin jagt den Sänger auch gern die Treppen am Rheinforum hinauf.

Joggen mit kleinen Gemeinheiten. Micky Naubers Trainierin jagt den Sänger auch gern die Treppen am Rheinforum hinauf.

Wesseling – Michael „Micky“ Nauber zeigt auf die „Treppe des Grauens“, wie er sie getauft hat. Zwei- bis dreimal die Woche läuft der Leadsänger der Kölschrockband Domstürmer die 54 Stufen der steilen Treppe am Rheinforum am Wesselinger Rheinufer hinauf, angeführt von Antje Brand, die ihn zwischen dem Joggen noch mit kleinen Übungen beglücke. „Los Micky und jetzt mal ein paar Liegestütze“, zitiert der 42-Jährige die Worte seiner Personaltrainerin, die in immer wieder zu neuen Anstrengungen „peitsche“.

Seit vier Monaten ist Nauber auf dem Gesundheitstripp. Kein Fast-Food mehr. Auch im Stehen oder im Auto wird nicht mehr gegessen. Stattdessen gibt es Obst- und Gemüse-Snacks – und viel Bewegung. „Ich habe den Burger auf den Index gesetzt“, sagt Nauber. Abgenommen habe er zwar noch nicht soviel, dafür aber Muskeln aufgebaut und sein allgemeines Wohlbefinden gesteigert. „Komm aus deiner Komfortzone raus“, sage Anja Brand, Leiterin eines Wesselinger Fitnesstudios, immer. Das sei jetzt sein Motto.

Der Wahl-Wesselinger sitzt auf der Treppe am Rheinufer und schaut durch die dunkle Sonnenbrille auf den breiten Strom. Neben ihm steht ein Kaffee im Pappbecher. Er genieße den Blick auf das Wasser. „Das ist sehr inspirierend und man kann durchatmen.“ Seine Gedanken drehten sich eigentlich immer um Musik, sagt Nauber, der auch Songs für andere Künstler schreibt. Ja, warum es ihn nach Wesseling verschlagen habe, überlegt er laut. Er sei einfach auf der Suche nach einer großen Wohnung für sich und seine Familie gewesen. Vorher habe er in Brühl gewohnt, und da sei er eben in Nachbarort Berzdorf fündig geworden. Sein Studio ist in Sürth. Acht Minuten Autofahrt, das sei einfach perfekt für ihn.

„Anscheinend habe ich ein Faible für das Ländliche“, sagt Nauber lachend und erzählt, dass er in seinem Leben sehr viel umgezogen sei. Ursprünglich komme er aus Leverkusen, seine erste eigene Wohnung habe er in Urfeld gehabt, aber auch in Bergheim habe er schon gewohnt. „Warst du schon mal in Wesseling?“, pflege er denen zu antworten, die auf seine Auskunft, in Wesseling zu wohnen, entgeistert guckten. „Meistens heißt es dann nein.“

Wesseling habe sehr viele schöne Ecken und auch ein Imageproblem, sagt der Domstürmer. Viele sähen eben immer nur die riesigen Chemieanlagen mit den Schornsteinen und nicht die auch ruhigen und beschaulichen Seiten.

Der Musiker will uns die schönen Ecken von Wesseling zeigen. Bevor es zu seinem nächsten Lieblingsort geht, machen wir am Rheinforum noch einen kleinen Abstecher in die Redaktion von Radio Erft, die dort ihren Sitz hat. Hier hat Nauber gute Bekannte, er kennt viele Moderatoren des Lokalsenders persönlich. „Natürlich spielen wir die Musik von den Domstürmern“, sagt Moderatorin Kati Ulrich . „Allerdings zur Karnevalszeit.“ Die beiden tauschen sich im Studio kurz über die Vorzüge und Nachteile Wesselings aus, dann geht es weiter zu Naubers Lieblingsplätzen.

Still und idyllisch liegt der Entenfang da. Die Wasserfontäne verbreitet einen weißen Schleier auf dem kleinen Teich. „Hier komme ich oft mit seinem Sohn her“, erzählt Nauber. Nick ist acht Jahre. Da ist Entenfüttern und Fußballspielen angesagt. Ansonsten will Nauber sein Privatleben aber nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten. Er berichtet von den Nachteilen der Popularität, von einer Vielzahl von zerrissenen Hemden, wenn Fans ihn einfach versuchten zu stoppen, um mit ihm zu sprechen. „Autogramme und Fotos sind ja okay“, sagt der Musiker, aber einfach Anfassen sei halt nicht mehr schön.

Es geht vom Entenfang weiter zum nächsten Nauber-Lieblingsort, diesmal mit einer noch besonderen persönlichen Note: Den Sportplatz des SSV-Berzdorf im Kleinen Mölchen. „Hier hatte ich meinen letzten fußballerischen Erfolg“, erinnert er sich schmunzelnd. „Als 17-Jähriger, A-Jugend, das Spiel endete 13:1, ich stand im Tor.“ Danach habe er die Torwarthandschuhe endgültig an den Nagel gehängt. Er sei immer ein großer Fan von Toni Schumacher gewesen und berichtet stolz, dass er heute im Besitz der Handschuhe von Toni Schumacher sei und noch weitere persönliche Sachen aus der Karriere des ehemaligen Nationaltorwartes habe.

Gleich neben dem Sportplatz schlängelt sich der Palmersdorfer Bach unter großen Bäumen hindurch. Er verbreitet angenehme Kühle an diesem heißen Vormittag. Auch ein Ort, wo man ideal abschalten könne, sagt Nauber. Seinem Sohn gefalle es, im Bachlauf zu spielen.

Und wo geht Micky Nauber hin, wenn er mal in Ruhe ein Bierchen trinken will? Auch da kommt die Antwort prompt. Ins Wirtzhaus. An der Tür des Keldenicher Szenelokals wird der Musiker freudig begrüßt. Kellnerin Sabine Rodoy trifft letzte Vorbereitungen für die Trauergesellschaft, die sich für Mittag angekündigt hat.

„Ich hab´ den Micky entdeckt“, sagt Rodoy und berichtet davon, dass sie Micky vor vielen Jahren bei einer Karnevalssitzung im Pfarrsaal von St. Germanus erlebt habe und sich dachte. „Der wär was für uns. Der Junge kann was.“ Darauf folgte das erste Konzert von Micky Nauber, im Biergarten des Wirtzhauses. „Vor 150 Leuten, sozusagen unplugged“, erinnert sich dieser.

Damals war er noch als AlleinUnterhalter und Sänger Micky Colonia unterwegs. 2006 wurde die Band Domstürmer gegründet, die vor allem mit dem Karnevalslied Mach Dein Ding“ bekannt wurde. Heute kommt der Domstürmer ins Wirtzhaus, um in Ruhe ein Kölsch zu trinken und vor allem auch wegen der Frikadellen von Michael Knoblich. „Die sind ein Traum“, schwärmt Nauber. Koch Knoblich ist an diesem Vormittag auch da, allerdings nur um ein bischen zu Plaudern. Er kann nicht am Herd stehen, weil er sich großflächig die Hand verbrannt hat und krankgeschrieben ist. „Wird schon wieder“, sagt er mit Blick auf die Wunde, die allmählich verheilt. Die Wirtin habe am Abend Geburtstag, ob Micky nicht kurz vorbeikommen und ihr ein Ständchen bringen wolle. Als Sänger ist man eben immer gefragt,

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