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AusflugslokalHerrenteich vor Wiedereröffnung

Lesezeit 4 Minuten

Norbert Brehmer vor seiner neuen Eroberung, dem Gasthof Herrenteich. Vor allem die Wasserfläche hat es ihm angetan.

Much – Man muss schon ein bisschen besonders sein, wenn man sich vor dem „Herrenteich“ in Kreuzkapelle nicht abschrecken lässt, denn trotz seiner bunten und wechselvollen Geschichte ist das Gasthaus ein „alter Kasten“, das Dach nicht isoliert, Fenster zum Teil einfachverglast, Fliesen mehrerer Stilepochen stoßen in Gastraum, Flur und Toiletten gnadenlos aneinander, Vorhänge atmen den düsteren Charme der 70er Jahre. Das alles juckt Norbert Brehmer nicht, den neuen Eigentümer. Ganz im Gegenteil. Der Immobilienmakler hat sich provisorisch Räume zum Wohnen hergerichtet, er steht Tag für Tag in staubigen Klamotten auf der Baustelle, mal sehen, was wird. Ostern möchte er eröffnen, und wenn’s nicht klappt – nun, dann eben später.Da konkrete Zeitpläne und der Arbeitsaufwand bei alten Objekten wie diesem in der Regel sowieso nicht kontrollierbar sind, hat er das gar nicht erst angefangen. „Loslassen und dem Zufall Raum geben“, nennt Brehmer seine Philosophie, und so ist er sehr gespannt, was aus dem ganzen Abenteuerspielplatz wohl wird. Ob kleine Küche oder größere Speisekarte – alles ist offen und wird sich regeln, wenn zum Beispiel ein Koch bei ihm anklopft und loslegen will. Wenn nicht – auch gut.„Ich will mich auch auf die Bedürfnisse der Gäste einstellen, ich weiß ja gar nicht, wer alles so kommt“, fügt der 52-Jährige Bergisch-Gladbacher an, der sich nach 25 Jahren Immobilientätigkeit im Jahr 2012 eine Auszeit gönnte, die er meistens im Wohnwagen auf einem Rodenkirchener Campingplatz direkt am Rhein verbrachte. Als es kühler wurde im letzten Herbst und der Winter vor der Tür stand, fühlte er sich doch genötigt, eine Wohnung in Gladbach zu suchen. Zwei Angebote sagten ihm zu – und da erreichte ihn unerwartet die Nachricht, dass die früheren Eigentümer, die Familie Schwamborn, sein Kaufangebot akzeptieren würden.

Und so wohnt er, der Stadtmensch, nun mitten in der Pampa. Direkt am See – der für ihn ausschlaggebend war. Wasser hat ihn seit der Kindheit begeistert, in Urlaub fuhr er mit Frau und Sohn gern an den mecklenburgischen Müritzsee, und als er 2010 auf dem Weg zu einem Meditationswochenende in Ruppichteroth am Herrenteich mit dem Verkaufsschild vorbeikam, stach ihm die wunderbar beruhigende Wasserfläche direkt ins Auge. Aber es sollten eben noch zwei Jahre des Wartens vergehen, bis er seine Zelte an eben diesem See aufschlagen konnte.

Bötchenfahren will Brehmer wiederbeleben, aber da steht zunächst die Einigung der Unteren Wasser- und der Unteren Landschaftsbehörde im Raum. Der Teich ist mit den Jahren ziemlich versandet, eine Erhöhung der Staumauer wäre nur eine Lösung auf Zeit, ein Ausbaggern die bessere Idee. „Vielleicht kriege ich den Wahnbachtalsperrenverband dazu, sich an den Kosten zu beteiligen, denn für ihn ist der Herrenteich ja auch eine Art Staubecken für die Talsperre“, hofft Brehmer auf konstruktive Gespräche. An der Staumauer möchte er eine Turbine installieren für Stromerzeugung.

Beim Gang durch die Räume und Etagen fällt auf, dass er ein Faible für das Alte hat, er weist begeistert auf den alten Eisenofen in eine Nische hin, auf dem früher gekocht wurde, selbst die Halterungen der Klorollen, die noch an den WC-Innentüren festgeschraubt sind, findet er urig. Vieles soll erhalten bleiben. Die Theke hat er allerdings herausreißen lassen, die Wand auch, so dass ein großer Schankraum entsteht. Was mit dem Saal geschieht, weiß er noch nicht. Die Kegelbahn jedenfalls ist voll funktionstüchtig. Auch in der Küche hat er wenig geändert: „Ehepaar Schwamborn hat alles in Schuss gehalten“, sagt der neue Eigentümer dankbar. Mit Elfriede Schwamborn und ihrer Tochter Brigitte sei er in ständigem Austausch, viele Fragen könnten nur die Voreigentümer beantworten.Der Kaufvertrag wurde Anfang Oktober 2012 unterschrieben, seitdem erlebt der Diplom-Kaufmann die Höhen und Tiefen einer Sanierungsbaustelle. Zum Glück hat er Ressourcen im Rücken, „die Banken geben einem auf ein solches Objekt keinen Kredit.“ Statt sich wie andere einen teuren Schlitten zu kaufen, habe er eben dieses Anwesen erworben. Was nach der Eröffnung kommt? Zuerst mal macht Brehmer selber den Wirt, vielleicht für länger, vielleicht verpachtet er. Auch hier gilt die Regel: „Dem Zufall eine Tür öffnen, auf den Bauch hören.“ Der Laden soll brummen: Konzerte und die Wiedereröffnung des Biergartens sind beschlossen. Seit Sonntag dümpeln zwei weiße Schwäne auf dem Herrenteich – ein gutes Omen.