TransplantationRuppichterother lebt seit 25 Jahren mit dem Herzen eines anderen

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hans-Joachim Löffelbein Herztransplantation Ruppichteroth

Schnee schippen ist seit der Transplantation für Hans-Joachim Löffelbein (83) kein Problem.

  • Seit 25 Jahren lebt der Ruppichterother Hans-Joachim Löffelbein mit einem Spenderherz.
  • Vor der Transplantation wurde er immer schwächer: Es musste sehr schnell gehen.
  • Heute ist der 83-Jährige fit, aber in der Reha erlebte Löffelbein einen harten Rückschlag.

Ruppichteroth – Nach wie vor legt Hans-Joachim Löffelbein Hand an, wenn’s sein muss. Der 83-Jährige schaufelt Schnee weg, fährt auch noch Auto. Nichts Außergewöhnliches für einen rüstigen Rentner. Außergewöhnlich daran ist, dass Löffelbein mit dem Herzen eines anderen Menschen lebt, jetzt schon seit 25 Jahren.

Am Dreikönigstag 1996 fand im Kölner Universitätsklinikum die Transplantation statt. „Ich hatte eine Herzmuskelerkrankung“, erzählt Löffelbein. Nach einer Untersuchung Anfang 1995 hörte er, wie der Arzt am Telefon sagte: „Der muss ein neues Herz haben.“ Beim damals 57-Jährigen sträubte sich zunächst alles gegen eine Transplantation. „Ich wollte mich nicht operieren lassen.“ Die Kölner Ärztin Dr. Dagmar Hartmann, die Löffelbein heute „meine Freundin“ nennt, musste erst Überzeugungsarbeit leisten. „Sie hatte recht, alles, was sie vorhergesagt hat, ist so eingetroffen“, stellt er heute fest. „Diese Frau hat mir das Leben gerettet.“

Auf Dringlichkeitsliste gesetzt

Das kranke Herz machte Löffelbein nicht nur bei seiner Arbeit als Maurer schwer zu schaffen. „Ich war es gewohnt, voranzumachen, das ging nicht mehr, es ging nur noch schleppend.“ Probleme beim Luftholen zwangen ihn dazu, im Sitzen in einem Sessel zu schlafen. Da er immer schwächer wurde, sollte möglichst schnell transplantiert werden. Hans-Joachim Löffelbein wurde auf die Eurotransplant-Warteliste gesetzt, dann auf die Dringlichkeitsliste.

Organspende

25 Jahre nach seiner Herztransplantation meldete sich Hans-Joachim Löffelbein vor allem aus einem Grund bei der Zeitungsredaktion: „Ich will zu mehr Spendenbereitschaft anstoßen.“ Menschen, die an den Maschinen hingen und auf ein Spenderorgan warteten, würden immer schwächer. Deutschland steht in der Statistik nicht gut da. 11,2 Organspenden kommen auf eine Millionen Einwohner, beim Spitzenreiter Spanien sind es 48,9.

Die Warteliste auf der Internetseite der Deutschen Stiftung Organtransplantation zeigt, dass am häufigsten eine Niere (7148 Fälle) benötigt wird. Die Zahl der als „transplantabel“ ausgewiesenen Patienten, die auf ein Herz warten, liegt bei 722.

344 Herzen wurden im Jahr 2019 an 21 Klinikstandorten transplantiert. Seit der ersten Herztransplantation durch Christiaan Barnard im Dezember 1967 hat sich die Lebenserwartung der Empfänger stark erhöht. 85 Prozent der Patienten überleben das erste Jahr mit neuem Herzen. Zwischen 45 und 60 Prozent liegen die Angaben für Überlebende nach zehn Jahren.

Dreimal kam ein Spenderherz in Frage, doch alle drei stellten sich dann doch als nicht passend heraus. Der vierte Anlauf brachte die Rettung. Eine halbe Stunde vor Mitternacht klingelte am 5. Januar 1996 bei Löffelbeins das Telefon. „Ich hatte keine Angst“, erzählt er, er habe sogar noch schlafen können, bevor es mit dem Rettungswagen nach Köln ging. Während des siebenstündigen Eingriffs hielt dreieinhalb Stunden die Herz-Lungen-Maschine den Patienten am Leben. „Mein Körper musste auf 17 Grad heruntergekühlt werden“, berichtet Löffelbein, auf die gleiche Temperatur, die das einzupflanzenden Organ hatte. Zu Hause drückten Ehefrau, Tochter und zwei Söhne die Daumen. „Das war nicht einfach“, sagt Maria Löffelbein (82) rückblickend.

Nach sieben Tagen kam Hans-Joachim Löffelbein auf Station und konnte schon bald kleine Runden gehen. Wegen der mustergültigen Genesung galt er als „Starpatient“. In der Reha erlebte er allerdings einen Rückschlag. „Da war ich bald über die Wupper“, berichtet Löffelbein, eine schwere Abstoßung sei nicht erkannt worden. Wieder sei Dr. Hartmann seine Retterin gewesen. Als sie über einen der Söhne von seinem schlechten Zustand erfahren habe, habe sie ihn sofort nach Köln geholt. Auf der Intensivstation der Uniklinik erholte er sich.

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Vom Spender seines neuen Herzens weiß Löffelbein, dass dieser in Braunschweig lebte und im Alter von 40 Jahren bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist. „Ich wollte damals gern mal sein Grab besuchen“, sagt der Winterscheider, doch davon wurde ihm auch wegen der möglichen Begegnung mit Angehörigen des Spenders auf dem Friedhof abgeraten.

Nach wie vor ist Löffelbein in Behandlung. Sein Wohl hängt davon ab, dass der Körper das transplantierte Herz nicht abstößt. „Dafür muss ich jede Menge Tabletten einnehmen“, erklärt der 83-Jährige. Sein Blut wird regelmäßig untersucht. Alle acht Wochen fährt er fürs „Labor“ nach Köln – noch mit dem eigenen Auto.

Löffelbein zählt zu den Spitzenreitern der Langzeitüberlebenden

Mit 25 Jahren zählt Löffelbein zu den Spitzenreitern der Langzeitüberlebenden nach einer Herztransplantation. „Wenn alles gut geht, ist es ein geschenktes Leben“, sagte er 1997 im Gespräch mit dieser Zeitung. Hans-Joachim Löffelbein hat das Geschenk ausgekostet. Er nutzte seine handwerklichen Fähigkeiten („Ich kann alles“), baute in Eitorf eine Fischzucht mit auf und für die Tochter sogar ein Haus. Er sah drei Enkelkinder aufwachsen, feierte 2018 mit seiner Frau die diamantene Hochzeit und freut sich über den inzwischen zweijährigen Urenkel Simon.

Wenn der kleine Wirbelwind zu viel Durcheinander anrichtet, ermahnt ihn der Opa in „Bausprache“, will heißen: laut, aber natürlich liebevoll. Und das Herz? „Funktioniert einwandfrei“, sagt Löffelbein. Sein Schrittmacher habe schon zwei Jahre lang keinen Strom gebraucht. Dass er zwar alles essen, aber nur wenig Alkoholisches trinken darf, erklärt der Senior mit Humor: „Man verträgt einfach nichts mehr, ein Kasten Bier und eine Flasche Schnaps, schon ist man besoffen.“ Solche Witze könne er auch mit seiner Freundin, der Ärztin, machen.

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