Profi-Jockey aus Much„Ich verdiene pro Ritt 55 bis 75 Euro brutto“

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Jockey Maxim Pecheur aus Much auf der dreijährigen Stute Lively. 

Er gehört zu den Top-Jockeys in Deutschland und wohnt in Much. Maxim Pecheur dort anzutreffen ist aber gar nicht so einfach. Denn entweder arbeitet er in Köln auf dem Gestüt Röttgen oder der Vielstarter ist auf den Galopprennbahnen in Deutschland und dem benachbarten Ausland im Einsatz. So sprach auch Olaf Pohl mit dem 31-Jährigen, als er auf der Autobahn Richtung Frankreich zum Hippodrome du Putois in Compiègne nördlich von Paris unterwegs war.

Herr Pecheur, es heißt, dass Sie erst recht spät und dann auch eher zufällig zum Pferderennsport gekommen sind?

Das ist richtig. Erst nach dem Abitur kam ich über ein Praktikum im Rennstall von Christian von der Recke zum Pferderennsport. Anstatt Psychologie zu studieren, begann ich dort in Weilerswist eine Ausbildung. Es war eine harte Schule, denn auf der Anlage gab es extrem viele Pferde, die entsprechend viel Arbeit bedeuteten. Der Betrieb hat einen hohen Qualitätsanspruch, selbst bei Kleinigkeiten und Details. Ich habe aber viel gelernt, und heute macht das manchmal den Unterschied aus.

Sie sind dennoch zu Gerald Geisler, einem österreichischen Galoppertrainer mit Trainingsquartier in Iffezheim, gewechselt. Warum?

Ein Freund von mir hat dort gearbeitet. Ich war gezwungen zu wechseln, weil ich beim Rennstall Recke nur trainieren, aber keine aktiven Rennen bestreiten konnte. Mein Standortwechsel war die richtige Entscheidung, denn ich habe sofort das Nachwuchschampionat gewonnen und war 2012 der erfolgreichste Azubi Deutschlands.

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Maxim Pecheur (l.) beim Training 

Heute leben Sie in Much. Wir kam es dazu?

Ausgangspunkt war mein Wechsel zum Gestüt Röttgen. Ich wollte aber nicht in Köln wohnen und habe erst einmal eine Wohnung in Lohmar bezogen. Dann bin ich mit meiner Frau nach Much in ein Haus umgezogen. Hier fühlen wir uns sehr wohl wegen der schönen Natur und der guten Anbindung zu größeren Städten. Wir wurden in Much auch sehr gut aufgenommen.

Heute gehören Sie zu den erfolgreichsten Jockeys in Deutschland. Aktuell haben Sie 610 Siege in Ihrer bisherigen Karriere vorzuweisen. Nachdem Sie zunächst ein Spätstarter in Ihrer Sportart waren, sind Sie jetzt ein Vielstarter.

Nun, das ist mein Beruf. Ich muss mit dem Reiten Geld verdienen. Und wenn ich Ihnen sage, dass ich pro Ritt zwischen 55 und 75 Euro brutto bekomme und am Preisgeld mit lediglich 4,65 Prozent beteiligt bin, können Sie sich vorstellen, warum ich so häufig im Sattel sitze. Aktuell bin auch auf der Suche nach einem Sponsor. Unsere Sportart hat eine hohe Reichweite, deswegen bin ich zuversichtlich, dass ich bald fündig werde.

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Auch die Pflege des Pferdes gehört zum Arbeitsalltag des Jockeys. 

Sie haben einmal gesagt, dass Ihr Sport ein Glücksspiel sei. Wie haben Sie das gemeint?

Um in einem Rennen vorne zu landen, muss man das richtige Pferd zur richtigen Zeit am richtigen Ort erwischen, so dass die dann vorherrschenden Rahmenbedingungen passen. Manche Pferde mögen Regen, andere Sonnenschein. Manche bevorzugen weichen, andere wiederum festen Boden.

Ich dachte, Sie spielen damit darauf an, dass gerne auf Pferderennen gewettet wird.

Nein, aber ich sehe das grundsätzlich positiv. Die Wetten helfen uns dabei, unseren Sport zu finanzieren. Ein Teil der Wetteinsätze fließt in unseren Sport zurück. Für mich als Jockey ist egal, wie gewettet wird. Aber die meisten Menschen gehen auf die Rennbahn, um Spaß zu haben und das Flair zu genießen. Dazu gehört auch, dass man bei den Rennen mit fiebert. Schon ein Wetteinsatz von zwei Euro reicht aus, um diesen Nervenkitzel auszulösen.

Maximalgewicht 55 Kilogramm

Pferdewirt mit Schwerpunkt Rennreiten

Ein Jockey ist ein Berufs-Pferderennreiter. Um sich als Jockey bezeichnen zu dürfen, muss man eine dreijährige Ausbildung bei einem Trainer absolviert sowie eine Abschlussprüfung bestanden haben und mindestens 50 Klasse-A-Rennen gewonnen haben. Jockeys dürfen maximal 55 Kilogramm wiegen. Die Ausbildung nennt sich offiziell „Pferdewirt mit dem Schwerpunkt Rennreiten“.

Die Auszubildenden werden neben dem Reiten in der Versorgung, Gesundheit, Fortpflanzung und Körperbau von Pferden unterrichtet. „Das macht Sinn“, sagt Maxim Pecheur: „Denn das Tierwohl steht immer an oberster Stelle und kann so gewährleistet werden. Außerdem will gutes Rennreiten genauso gelernt sein, wie gut Fußball spielen.“ (opo)

Gestüt Röttgen liegt in Köln-Rath/Heumar

Das Gestüt Röttgen im Kölner Stadtteil Rath/Heumar hat eine Größe von 250 Hektar und ist damit das größte deutsche Vollblutgestüt. Es hat seinen Namen vom Schloss Röttgen, welches lange Zeit zum Gestüt gehörte. Gegründet wurde es von Peter Paul Mülhens im Jahre 1924.

Das Gestüt ist bekannt für seine Vollblutzucht für den Galopprennsport. Das wohl bekannteste Pferd war der Hengst Star Appeal, der 1975 als erstes und lange Zeit einziges deutsches Pferd den Prix de l’Arc de Triomphe in Paris gewann. Seit 2010 ist Markus Klug Trainer auf der eigenen Trainingsanlage des Gestüts. (opo)

Ein anderes Charakteristikum in Ihrer Sportart ist, dass Jockeys nicht viel wiegen dürfen. Fällt es Ihnen schwer, Ihr Gewicht zu halten?

Ich wiege bei 1,68 Meter Körpergröße um die 52/53 Kilogramm. Ich habe großes Glück, dass ich nicht schnell zunehme, auch wenn ich mal sündige. Das passiert allerdings selten, da ich mich viel mit gesunder Ernährung beschäftige. Außerdem habe ich einen hohen Kalorienverbrauch. Reiten ist anstrengender, als man denkt. Ich muss jeden Galoppsprung ausgleichen, weil ich sonst das Pferd in seiner Bewegung behindere. Ich muss mit dem Pferd eine Einheit bilden, ihm aber gleichzeitig den Takt vorgeben. Manche Pferde sind im Rennen überehrgeizig. Da muss ich mich dann reinfühlen und es zügeln, sonst passiert das gleiche wie bei einem Menschen. Es übersäuert, ermüdet und wir kommen als Letzte ins Ziel.

Was waren bislang Ihre größten sportlichen Erfolge?

Das war zum einen sicherlich der Sieg mit dem Hengst Windstoß im 148. Deutschen Derby 2017. Und zum anderen der Sieg 2019 beim „Preis der Diana“ in Düsseldorf auf Diamanta. Das sind die beiden wertvollsten Rennen in Deutschland.

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Ihr Sport ist nicht ganz ungefährlich, wie Sie im vergangenen Jahr leidvoll erfahren haben.

Ja, da bin ich zweimal vom Pferd gestürzt. Man darf nicht vergessen, dass Pferde bis zu 65 Kilometer schnell werden und meistens kennt man die Pferde ja nicht, die man im Rennen reitet. Beim ersten Mal habe ich mir die Schulter verletzt, beim zweiten Mal einen doppelten Bruch des rechten Sprunggelenks erlitten. Aber das ist halt Berufsrisiko.

Welche Ziele haben Sie sich für 2022 gesetzt?

Das Hamburger Meeting inklusive Deutschem Derby Anfang Juli ist ein Saisonhöhepunkt, auf den wir mit den Pferden hinarbeiten. Dort dürfen nur dreijährige Pferde starten. Jedes Pferd hat also nur einmal im Leben die Chance, dort zu gewinnen. Dort kann man sein Prestige und den Zuchtwert steigern.

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