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„Wir wollen Ruhe“Anwohner protestieren gegen neues Wohngebiet in Much

Lesezeit 3 Minuten
Umstrittenes Baugebiet: Am Rande von Krahm sollen 28 Häuser mit 70 Wohneinheiten errichtet werden.

Umstrittenes Baugebiet: Am Rande von Krahm sollen 28 Häuser mit 70 Wohneinheiten errichtet werden. Hier der Blick vom Kapellenweg.

70 Wohneinheiten sollen am Ortsrand von Krahm entstehen. Gegen den Entscheid des Planungsausschusses regt sich Protest.

Rund 1000 Seiten dick ist die Akte zum neuen Wohngebiet in Krahm. Nach jahrelanger Diskussion hat nun der Planungs- und Verkehrsausschuss einstimmig grünes Licht für das nicht unumstrittene Vorhaben gegeben. 70 Wohnungen sollen auf der grünen Wiese entstehen. Dagegen regt sich der Protest von Nachbarn.

„Wir sind aufs Dorf gezogen, um Ruhe zu haben“, sagte eine Frau auf den voll besetzten Zuschauerplätzen. Nun würde der gesamte Verkehr, zunächst die Baufahrzeuge, dann die neuen Bewohner, an ihrem Haus vorbeirollen. Warum eine direkte Anbindung an die B56 nicht möglich sei, erklärte der Mucher Beigeordnete Karsten Schäfer.

Laut der Gemeinde Much kann es keine Zufahrt von der B56 geben

Nicht nur aus Kostengründen müsse man die vorhandene Infrastruktur nutzen. Eine neue Zufahrt würde Wasserläufe tangieren, zudem erlaube das für die Bundesstraße zuständige Land keinen neuen Abzweig so nahe an einem bereits bestehenden. Das Wohngebiet wird über den Krahmer Weg, an dem der Netto-Markt und der Norma liegen, und den Kapellenweg, der hierfür laut Verwaltung „ertüchtigt werden“ soll, erschlossen. 

Andere Anwohner befürchten, dass die Kanalisation nicht ausreicht, schon jetzt liefen bei starkem Regen die Gullis über. Das Schmutzwasser der Haushalte werde die Situation nicht verschärfen, so Schäfer, da es über eine Pumpanlage in einen separaten Mischwasserkanal geleitet werden soll. Überschüssiges Regenwasser fließe hingegen in ein Regenrückhaltebecken.     

Am Rand von Much-Krahm sind 70 Wohneinheiten in 28 Häusern geplant

28 Gebäude sind am Rand von Krahm geplant, darunter fünf Mehrfamilienhäuser, einige Zweifamilienhäuser, wenige Doppelhäuser und frei stehende Einfamilienhäuser. Die Grundstücke werden laut dem Lohmarer Architekturbüro Hennes, das den Entwurf verantwortet, einzeln veräußert. Heinz Hennes verfolgte ebenfalls die Diskussion um die Aufstellung des Bebauungsplans.  

Das Areal, das nur wenige hundert Meter vom Ortskern entfernt liegt, sei im Flächennutzungsplan schon seit Jahrzehnten als Wohnbaufläche vermerkt, erklärte der Ausschussvorsitzende Stephan Zielinski (FDP). Quasi auf Vorrat. Nun werde die Planung realisiert. Auf die Frage von Bürgern, ob es überhaupt Bedarf für so viel Wohnraum gebe, antwortete der Beigeordnete Karsten Schäfer mit Ja.    

Much sei eine der wenigen ländlichen Kommunen, die trotz des Sterbeüberschusses ihre Einwohnerzahl stabil halte. Wenn weniger Kinder geboren werden als Menschen sterben, gelinge dies nur durch Zuzüge. Mehr Menschen bedeuteten auch mehr Steuereinnahmen. Bei einer schrumpfenden Bevölkerung müssten die Kosten auf weniger Leute umgelegt werden.

Unter anderem aus Köln würden die Bürger verstärkt in den Speckgürtel ziehen, vor allem aufgrund der Wohnungsknappheit und der immens hohen Mieten in der Stadt, so Schäfer. Diese suchten auch wegen der hohen Bauzinsen zunehmend Wohnungen in Mehrfamilienhäusern.

Die Planung sei rechtssicher, er erkenne keine Fehler, die Gemeinde fürchte kein Normenkontrollverfahren, antwortete der Beigeordnete auf einen Einwurf eines Anwohners. Die Lärm- und die Umweltbelastung werde die gesetzlichen Grenzen nicht überschreiten, die Gutachten seien öffentlich. Der um ihre Ruhe fürchtenden Dame gab er mit auf den Weg: „Sie sind auch mal hierhin gezogen. Und ihre Vorgänger haben sicher dasselbe gedacht.“