Sehnsuchtsorte in CoronazeitenWolfgang Steimel entdeckte Sanary-sur-Mer schon 1969

Lesezeit 4 Minuten
Sanary-Sehnsucht_(4)

Auch  Gänse gibt es auf dem Agrarmarkt am Hafen – offenbar sehr aufmerksame Tiere. 

  • Wo zieht es uns hin? In unserer Sommerserie „Sehnsuchtsorte“ erzählen Leserinnen und Leser von der persönlichen Beziehung zu ihren Urlaubszielen. Für Wolfgang Steimel (73) aus Ruppichteroth liegt dieses Ziel in Südfrankreich, in Sanary-sur-Mer.

Ruppichteroth – Zum Glück ist dieser Ort bis heute ein „kleines Fischerdorf“ mit Flair, keine großen Jachten liegen im Hafen, keine Betonklötze sind im direkten Umfeld entstanden. Malerisch liegt Sanary-sur-Mer 50 Kilometer östlich von Marseille und 15 Kilometer westlich von Toulon entfernt.

Ort und Umland bieten abwechslungsreiche Fauna und Flora, schon nach wenigen Kilometern bewegt man sich wie in einem Grand Canyon. Hafen und Meer bieten alles, was Wassersportfreunde wünschen, und kulinarisch lässt der tägliche Markt sowie der Direktverkauf vom Fischerboot keine Wünsche offen.

Alle kommen zum provenzalischen Markt

Mittwochs wird die Kapazität des Ortes gesprengt, der provenzalische Markt erstreckt sich über die ganze Länge entlang der Hafenstraße. Besucher reisen aus dem Hinterland an und nutzen das vielfältige Angebot. Seien es traditionelle Stoffe, seien es Käse oder Fleisch von Schafhirten und Bauern oder Obst und Gemüse in bunter Pracht und Frische – nicht zu vergessen: Wein, den die kleinen Weingüter zur Verkostung anbieten und kartonweise verkaufen.

Sanary-Sehnsucht_(1)

Boulespieler sind regelmäßig anzutreffen. 

Ein Bummel über diesen Markt – schließt man ihn ab in einem Bistro mit Kaffee und Croissant oder auch einem Pastis – lässt einen alle Zeit und Sorgen vergessen. Das Gleiche bietet ein Bummel am Hafen oder in den Gassen.

Plötzlich nimmt man ein Klackergeräusch wahr, und es dauert nicht lange, bis man auf einem kleinen Platz auf Boulespieler trifft. Man bleibt stehen und freut sich mit den Spielern, wenn das „Schweinchen“ getroffen wird, amüsiert sich aber auch, wenn lange und intensiv gestikulierend diskutiert wird, welche Kugel die Siegerkugel ist.

Das könnte Sie auch interessieren:

Meine erste Reise dorthin war mit der Bundeswehr im Jahr 1969. Es ging darum, ein Feriencamp aufzubauen. Ein Jahr danach bin ich mit der DLRG nach Sanary-sur-Mer gefahren, das Camp wurde mit Jugendlichen im Zuge der Deutsch-Französischen Freundschaft beschickt.

Foto_Wolfgang_Steimel

Wolfgang Steimel lebt in Ruppichteroth.

In dreiwöchigem Wechsel hatte die DLRG-Ortsgruppe Bonn-Hardtberg dort Strandwache, mit Kameraden der Feuerwehr Sanary organisiert. Jahre später folgten weitere Aufenthalte mit Freunden, mit meiner Frau und mit den Kindern, natürlich auch mit den verschiedenen Hunden, Babsi, Bernie und Aggi – man kam immer wieder „nach Hause“.

So konnte man manch anderem Urlauber schon Tipps geben, wo es den besten Bäcker gibt, den schönsten Strand, und wo man landestypisch und preiswert essen kann, zum Beispiel in der Bahnhofsgaststätte Sanary/Ollioules. Freitags, wenn es dort Aioli gibt, muss man sich unbedingt anmelden, das Restaurant ist immer proppenvoll, primär mit Handwerkern, Bank- und Bürokaufleuten, alles Einheimische. Touristen sieht man nur wenige.

Geschichte deutscher Emigranten

Auch deutsche Emigranten haben in den Jahren 1933 bis 1945 in Sanary-sur-Mer Zuflucht gesucht. Namen wie Heinrich und Thomas Mann, Lion Feuchtwanger, Franz Werfel oder Stefan Zweig findet man an der Touristinformation auf einer Gedenktafel. Sanary hält diese Zeit, diese Vorgänge in Erinnerung, sei es in Schriftform, mit Ausstellungen oder Archivpflege – sehr erfreulich.

Die Serie „Sehnsuchtsorte“

Ab in den Süden, der Sonne hinterher, Gipfel stürmen oder lieber ans Wasser und Leinen los? Die zurückgewonnene Reisefreiheit erlaubt es uns, dahin zu kommen, wo wir aufatmen, glücklichen Momenten des Lebens nachspüren können. Zum Auftakt der Sommerserie „Sehnsuchtsorte“ erzählen drei Redakteure, wohin sie unbedingt (wieder) reisen wollen.

Haben Sie auch ein Lieblingsreiseziel? Wo zieht es Sie hin? In unserer Sommerserie „Sehnsuchtsorte“ geben wir Leserinnen und Lesern Gelegenheit, ihren favorisierten Urlaubsort vorzustellen. Die Beiträge werden in loser Reihenfolge veröffentlicht.

Schreiben Sie uns per Post oder per E-Mail, am besten mit einem Urlaubsbild und einem Porträt von Ihnen. Unser Fotograf kommt aber auch gern für eine Aufnahme und ein Repro zu Ihnen nach Hause. Die Adresse: Rhein-Sieg Rundschau/Rhein-Sieg Anzeiger, Neue Poststraße 15, 53721 Siegburg. (kh)

Es ist schön, das man über all die Jahre nicht nur das Land, sondern auch die Leute und Gebräuche kennengelernt hat. Manche kirchlichen oder vereinsmäßigen Umzüge durch den Ort haben Tradition vermittelt und die Lebensfreude im Süden aufgezeigt. Natürlich gehörte dazu auch das sonntägliche Fischerstechen am Hafen. Wenn es in die Zeit passte, hat man alles daran gesetzt, eine Etappe der Tour de France zu erwischen.

Absoluter Höhepunkt ist der Nationalfeiertag am 14. Juli. Es wird gefeiert drinnen und draußen, auf den Straßen wird gesungen und getanzt, und wenn gegen 22 Uhr das Feuerwerk auf den Molen abgebrannt wird, gibt es Riesenjubel und Applaus zum Ende des Spektakels.

Ich habe jetzt auch schon wieder Sehnsucht nach Sanary-sur-Mer, für September ist gebucht.

KStA abonnieren