Immer weniger BewerberBetriebe konkurrieren um Auszubildende

Der Böttcher Carsten Romberg dichtet ein Fass in seiner Werkstatt in Roßbach bei Naumburg ab.
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Rhein-Sieg-Kreis – Die Agentur für Arbeit, die Industrie- und Handelskammer und die Kreishandwerkerschaft präsentierten die Bilanz des Berufsberatungsjahres 2018/19 für die Region Rhein-Sieg-Kreis und Bonn.
Arbeitsagentur
Die Agentur für Arbeit konnte im zurückliegenden Jahr 5474 Ausbildungsstellen akquirieren, 331 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Bewerber sank ebenfalls. Der erneute Rückgang der Bewerber für eine duale Ausbildung liege, neben der hohen Studierneigung in der Region, in dem breiter werdenden Oberstufenangebot, so die Agentur.
Laut Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung, wird deutlich, „dass sich der Ausbildungsmarkt zu einem stabilen Bewerbermarkt entwickelt hat, auf dem motivierte Schulabgänger sehr gute Chancen haben. Die duale Ausbildung bleibt das Fachkräfterückgrat der kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Region.“
In vielen Fällen konkurrierten die Betriebe untereinander, aber auch mit Universitäten oder weiterführenden Schulen. Deswegen seien nicht nur zusätzliche Anreize der Firmen für die Bewerber wichtig, sondern auch die Bereitschaft, einem Azubi mit schwächeren Schulnoten eine Chance zu geben. An angehende Schulabgänger und deren Eltern appellierte der Leiter der Arbeitsagentur, zu überlegen, ob ein Studium „wirklich die erste Wahl“ sei.
Offene Ausbildungsstellen
Auf 233 unversorgte Bewerber kamen 335 offene Stellen. „Als Arbeitsagentur haben wir viele Möglichkeiten, Azubis und Betriebe zu fördern, den Einstieg in die Ausbildung vorzubereiten und diese dann auch erfolgreich abzuschließen“, erläuterte Ralf Steinhauer, Leiter der Berufsberatung. Die Erfahrung sei, dass so auch Jugendliche mit schwachem Schulabschluss ihre Ausbildung erfolgreich abschließen könnten.
Industrie- und Handelskammer
Mit 2974 Verträgen zum 30. September hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg 5,3 Prozent weniger Ausbildungsverhältnisse eingetragen als zum Vorjahr. Der Fachkräftemangel spitze sich weiter zu, so Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung der IHK.

Ein Auszubildender im Schreiner-Handwerk arbeitet in einem Ausbildungszentrum mit dem Hobel an seinem Werkstück.
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Bereits im vergangenen Jahr hätten 28 Prozent aller Ausbildungsbetriebe nicht besetzt werden können. „Wir müssen gemeinsam an der Attraktivitätssteigerung der dualen Ausbildung arbeiten, sonst gehen unserer Region und unseren Unternehmen die Fachkräfte aus“, mahnt Jürgen Hindenberg.
Kreishandwerkerschaft
Bis zum 30. September 2019 haben 1395 junge Menschen eine Ausbildung in Handwerksbetrieben der Region begonnen. Dies sei nur ein leichter Rückgang zu den Zahlen des Vorjahres, berichtete Kreishandwerkermeister Thomas Radermacher. Deutliche Verluste seien in den Gewerken Bäcker, Tischler und Friseur zu verzeichnen, Einbußen hätten aber auch Elektro und Kfz hinnehmen müssen, teilte Radermacher mit.

Eine Bäckerin schiebt Stollen in den Ofen.
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Seit Jahren sei die Wirtschaftsregion gekennzeichnet von einem Überangebot an Ausbildungsplätzen. Dies sei eigentlich unverständlich, aber „ein Ausdruck der gesellschaftlichen Fehlentwicklung der vergangenen Jahre“, urteilt Radermacher. „Die praxisnahe, abwechslungsreiche Ausbildung im Handwerk ist oftmals die bessere Wahl als das quälende Lernen auf dem Weg zu einem Universitäts- oder Fachhochschulabschluss mit vagen Berufsaussichten.“
Gesellschaft und Wirtschaft brauchten das Handwerk, und das Handwerk brauche qualifizierten Nachwuchs, so Radermacher, der auch Präsident des Bundesverbandes des deutschen Tischler- und Schreinerhandwerks ist. (EB/Bir)