BonnHaus der Geschichte sammelt Objekte zur Flüchtlingskriese

Das Haus der Geschichte in Bonn will seine Sammlung um Objekte aus der Flüchtlingskrise erweitern
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Bonn – Vor gut einem Jahr ging das Foto des kleinen Flüchtlingsjungen Aylan aus Syrien um die Welt.
Es zeigt die Leiche des Dreijährigen am Strand nahe der türkischen Touristenhochburg Bodrum. Aylans Familie hatte Griechenland über das Wasser erreichen wollen.
Doch das Schlepperboot kenterte. Nur der Vater erreichte lebend das Ufer. Aylans Mutter und sein fünf Jahre alter Bruder Galip ertranken genauso wie der Dreijährige.
„Das Bild hat sich tief in das kollektive Gedächtnis eingebrannt“, sagt Dietmar Preißler, Sammlungsdirektor der Stiftung Haus der Geschichte in Bonn.
Preißler ist am Donnerstag ins sächsische Niederau gekommen, um Zeugnisse der Flüchtlingskrise für seine Sammlung in Empfang zu nehmen. Dabei geht es auch um Aylan.
Denn der Junge war bei den Flüchtlingen in Niederau, die hier in einem früheren Supermarkt lebten, immer präsent. Ein syrischer Maler hat ihn auf einem Wandbild verewigt und das Sujet erweitert - die gesamte Mauer wird künftig im Museum stehen.
Im Hintergrund sieht man Meerestiere aus dem Wasser schauen. Krake, Wal, Delfin oder Krebs - sie alle weinen um das tote Kind. Preißler nennt das Bild ein „Storytelling-Object“ - er sucht Objekte, die Geschichten erzählen.In Niederau sind nur noch Überbleibsel der früheren Nutzung sichtbar.
Hunderte Doppelstockbetten stehen in einzelnen Sektoren, die durch Gitter mit Sichtschutz abgegrenzt sind. So hat man hier einst Menschen aus bis zu 20 Nationen getrennt, aber auch Familien von Singles. An den Wänden hängen Kinderzeichungen.
Die deutsche Fahne war ein beliebtes Motiv, oft ist sie mit der syrischen Flagge kombiniert. Die meisten Flüchtlinge stammten aus Syrien und Afghanistan. Für 800 Betroffene war die Unterkunft ausgelegt. Die Höchstzahl lag bei 839. Inzwischen steht das Quartier leer.
Preißler nimmt auch ein Exponat ins Haus der Geschichte mit, das für die Ablehnung der Flüchtlingspolitik steht.
Auf dem Sichtschutz eines Camps in Dresden hatte das DRK Zitate angebracht, die an das Menschenrecht auf Asyl erinnern und Flüchtlinge willkommen heißen. Der Spruch „Refugees Welcome“ wurde zerstört, andere mit einem „No“ versehen. „Wir möchten auch die Auseinadersetzung um die Asylpolitik dokumentieren“, sagt der Sammlungsdirektor.
Menschen sollen noch in 100 Jahren erinnert werden
Auch daran sollten Menschen noch in 50 oder 100 Jahren erinnert werden. Zugleich stünden die Objekte Museen in aller Welt als Leihgabe zur Verfügung.
Eine jetzt in Cuxhaven lebende Flüchtlingsfamilie überließ dem Haus der Geschichte unter anderem Kleidungsstücke und ein Zeitzeugen- Interview.
Auch das Handy eines Geflüchteten will Preißler erwerben, weil es etwas über die Kommunikation der Betroffenen erzählt: „Am besten wäre ein Handy, auf dem die Flucht mit Fotos dokumentiert ist.“ Ein Schlepperfahrzeug befindet sich bereits in der Sammlung. Jetzt sollen noch ein Schlauchboot und eine Schwimmweste dazukommen.
Preißler spricht von Exponaten, bei deren Anblick es einem eiskalt den Rücken herunterläuft. Die Flüchtlingskrise bietet leider sehr viele davon. (dpa)