Geburt in der CoronakrisePaar erzählt von strengen Auflagen im Kreißsaal

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Wegen der erhöhten Hygienebestimmungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus dürfen Väter nur noch unter hohen Auflagen in den Kreißsaal. (Symbolbild)

  • Neun Monate lang haben Simone Kirch und ihr Mann der Geburt ihres ersten Kindes entgegengefiebert. Dann kam die schockierende Nachricht aus der Bonner Uniklinik: Werdende Väter dürften nicht mehr mit in den Kreißsaal, hieß es.
  • Am Montag kam die Entwarnung: Das Verbot wurde aufgehoben, dennoch gelten für werdende Väter strenge Auflagen.
  • Das Paar hat trotz der Komplikationen Verständnis für das Vorgehen der Uniklinik: „Natürlich können wir nachvollziehen, dass der Schutz enorm wichtig ist“, sagt die werdende Mutter.

Bonn – Fünf Tage vor dem errechneten Geburtstermin ihres ersten Kindes stolpert Simone Kirch (Name geändert)  über eine Nachricht, die ihr die Tränen in die Augen treiben.

Bei Facebook steht, dass im Universitätsklinikum in Bonn keine Väter mehr bei der Geburt dabei sein dürfen. Sie dürften das Klinikum wegen des sich rasant ausbreitenden Coronavirus nicht mehr betreten. Weder zur Geburt, noch um Mutter und Kind danach im Klinikum zu besuchen.  „Ich dachte erst, das wären mal wieder Fake News“, berichtet die 31 Jahre alte Bonnerin im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Sie schaut auch auf der Internetseite des Klinikums nach und findet dort die entsprechende Mitteilung. „In dem Moment ist mir alles aus dem Gesicht gefallen. Da sind erst mal Tränen geflossen“, so die werdende Mutter weiter.

Neun Monate lang haben ihr Mann und sie der Geburt ihres ersten Kindes entgegengefiebert. „Wir haben zusammen die Schwangerschaft erlebt und wollten unseren Sohn auch zusammen auf der Welt begrüßen “, sagt sie. Der Gedanke, dass ihr Mann sein erstes Kind nun auf dem Parkplatz kennenlernen muss, ist für die werdende Mutter das Schlimmste.

Werdender Vater: „Mir zerreißt es das Herz“

Und auch ihr Mann kann sich kaum an diesen Gedanken gewöhnen: „Mir zerriss es das Herz, bei der Geburt nicht bei meiner Frau sein und sie unterstützen zu können“, so der 34-Jährige. „Ich dachte: Mir wird so ein wichtiges und tolles Erlebnis genommen. Das kann mir einfach keiner mehr zurückgeben.“

Seit dem 17. März 2020 mussten werdende Mütter das Klinikgebäude für Geburtshilfe und Pränatalmedizin in Bonn alleine betreten. „Dies alles dient dem Schutz der Patientinnen, aber auch der Hebammen und Ärzte“, teilte die Klinik mit. 

Entwarnung am Montag

Man wisse, wie enttäuschend diese Entscheidung für viele Familien sei, viele Mitarbeiter seien selbst Eltern. Eine Hebamme erklärte Simone Kirch die Lage telefonisch:  „Es war eine sehr nette Frau, die mir noch mal alles erklärt hat. Sie hat mir aber zugesichert, dass ich bei der Geburt nicht alleine sein werde. Die Klinik versprach allen Schwangeren eine Eins-zu-eins-Betreuung durch eine Hebamme, auch wenn die meinen Mann nicht ersetzen kann“, so Simone Kirch.

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Dann am Montag die Entwarnung: „Die Bonner Kliniken haben beschlossen, werdende Väter unter besonderen Auflagen in der aktiven Phase der Geburt ihrer Kinder teilhaben zu lassen“, heißt es in einer Pressemitteilung. Damit werde die Entscheidung vom 17. März aufgehoben. Werdende Väter müssen nach den neuen Bestimmungen nun vorab einen Fragebogen zum eigenen Gesundheitszustand ausfüllen. „Daneben werden sie mit einem Mundschutz ausgestattet und müssen sich einer strengen Händedesinfektion unterziehen. Zudem müssen sie den Anweisungen des Klinikpersonals Folge leisten, einen Abstand von 1,5 Metern zu den Hebammen wahren und dürfen den Kreißsaal während der Geburt nicht verlassen“, schreibt die Klinik. Kommt es zu einem Kaiserschnitt, ist es Vätern nicht erlaubt, dabei zu sein.

Schwierige letzte Phase der Schwangerschaft

Simone Kirch bescherte die kurzfristige Unsicherheit eine schwierige letzte Phase der Schwangerschaft. An der Klinik hatte das Paar aber auch in dieser Zeit nicht gezweifelt. Sie hatten sich  immer gut aufgehoben gefühlt und wollten den Verantwortlichen keine Vorwürfe machen. „Natürlich können wir nachvollziehen, dass der Schutz der Belegschaft ungeheuer wichtig ist. Wenn in ein paar Wochen nur noch eine Hebamme pro Krankenhaus für Geburten zur Verfügung stehen würde, hätten wir ein viel größeres Problem. Von den Hebammen gibt es doch sowieso so wenige“, sagte  Kirch noch ehe sie von der Wiederzulassung der Väter in der Klinik hörte.

Der grassierende Coronavirus wird trotzdem Einfluss auf die Geburt und die Zeit danach haben. Die Großeltern des Kindes sollen das Baby zur Vorsicht erst später als geplant kennenlernen. „Wir möchten mit persönlichen Besuchen während der ersten Wochen noch warten. Meine Eltern sind zwar ebenfalls im Homeoffice, aber der Kleine soll erst mal nur mit uns sein. Seine Urgroßeltern waren gerade erst in einem Risikogebiet im Urlaub. So leid es uns tut, die beiden werden den Kleinen erst in vier bis sechs Wochen kennenlernen. Hier müssen wir jegliches Risiko ausschließen“, sagt die werdende Mutter.

„Wir müssen unseren Sohn so gut es geht schützen“

Nach der Geburt darf Kirchs Mann seine Frau und das Baby nicht auf Station begleiten. Kirch will deshalb – falls es bei der Geburt keine Komplikationen gibt und es ihr und ihrem Sohn gut geht – nur für eine Nacht in der Klinik bleiben und dann  nach Hause zu ihrem Mann zurückkehren. Zurück zu einem Stück Normalität. Für weitere Untersuchungen habe sie bereits einen Kinderarzt gefunden, sagt sie. Außerdem werde sie zu Hause von einer Hebamme betreut.

Simone Kirch selbst geht derzeit mit keinem sorglosen Gefühl in eine Klinik. „Ja es ist schon eine sehr schwierige Zeit, um ein neues Leben in die Welt zu setzen“, sagt sie. „Wir müssen unseren Sohn so gut es geht schützen und hoffen natürlich im Besonderen, dass im Krankenhaus keine Ansteckungsgefahr besteht. Dennoch haben wir uns jetzt neun Monate auf die Ankunft des Kleinen vorbereitet und gefreut und können es kaum erwarten, ihn endlich bei uns zu haben!“

Bußgeldkatalog in NRW

Aber nicht nur werdende Eltern sind von den neuen Regelungen betroffen. Schon zu Beginn der Coronakrise legte NRW fest, dass pro Patient nur ein Besucher pro Tag für maximal eine Stunde das Krankenhaus betreten dürfe. Am vergangenen Sonntag dann sprach die NRW-Landesregierung generelle Besuchsverbote für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen aus. Seit Montag gilt:„Besuche sind grundsätzlich untersagt, wenn sie nicht der medizinischen oder pflegerischen Versorgung dienen oder aus Rechtsgründen erforderlich sind“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung. Ausnahmen würden nur aus „medizinisch oder ethisch-sozialen“ Gründen gestattet, „zum Beispiel auf Geburts- und Kinderstationen sowie bei Palliativpatienten“, heißt es  weiter.

Am Dienstag veröffentlichte NRW zudem einen Bußgeldkatalog, wonach unerlaubte Besuche in Krankenhäusern und Pflegeheime mit 200 Euro Geldzahlung bestraft werden. Die Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen hatten das strikte Besuchsverbot allerdings bereits in der vergangenen Woche für ihre Häuser ausgesprochen. In Essen, Düsseldorf, Köln und Aachen dürfen Väter derzeit bei der Geburt noch dabei sein, wie die Kliniken auf Anfrage bestätigten. Sie müssen das Krankenhaus aber nach der Entbindung verlassen, sobald Mutter und Kind auf die Wochenbettstation verlegt werden.

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