Grundstücke im Viktoriaviertel in BonnStadtmuseum und die Gedenkstätte sollen „ausgelagert“ werden

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Blick in die Dauerausstellung im Stadtmuseum: Das Silbergeschirr aus dem 18. Jahrhundert ist ein Blickfang.

Blick in die Dauerausstellung im Stadtmuseum: Das Silbergeschirr aus dem 18. Jahrhundert ist ein Blickfang.

Bonn – Man möchte sich beim Besuch des Stadtmuseums an der Franziskaner Straße 9 in dem noblen Wohnzimmer des Bonner Mäzens und Stiftungsgründers Jakob Wilhelm Tenten mal so richtig hinfläzen, sich ein paar Leckerchen auf dem prächtigen Silbergeschirr des 18. Jahrhunderts servieren lassen und danach zur geistigen Erbauung auf einem historischen Örgelchen klimpern.

Solche hübschen Ideen könnten – wenn die Pläne des Kulturamtes greifen – wie eine Seifenblase zerplatzen. Im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf der städtischen Grundstücke im Viktoriaviertel an ein Tochterunternehmen des Investors Signa sollen das Stadtmuseum und die Gedenkstätte in der Franziskanerstraße ausgelagert werden: die Gedenkstätte in ein Büro hoch oben im Stadthaus, das Bonner Stadtmuseum mit mehr als 10 000 Einzelobjekten und derzeit knapp 1300 Quadratmetern Ausstellungsfläche (siehe Kasten links) soll im LVR-Landesmuseum hinter dem Hauptbahnhof eine Fläche von 150 Quadratmetern erhalten.

„Das Stadtmuseum im LVR-Landesmuseum ,aufgehen’ zu lassen, bedeutet ganz ohne Zweifel es ,eingehen’ zu lassen“, erklärte der Vorsitzende des Fördervereins Stadtmuseum Bonn, Professor Gisbert Knopp, gegenüber der Redaktion und fuhr fort: „150 Quadratmeter für eines der größten und renommiertesten Stadtmuseen der Rheinlande? Siegburg, Meckenheim oder auch Beuel unterhalten ein stadtgeschichtliches Museum, und die ehemalige Residenz- und Bundeshauptstadt verabschiedet sich von ihrem Stadtmuseum – das ist doch absurd!“ Gisbert Knopp wird geradezu pathegisch: „Wer keine Herkunft hat, hat auch keine Zukunft – wer keine Wurzeln zu schlagen weiß, kann sich auch an keinem Ort wohlfühlen.“

Die Arbeitsgemeinschaft (AG) der Bonner Geschichtsvereine mit über 7000 Mitgliedern gibt zu bedenken, dass eine „Auslagerung“ des Stadtmuseums ins LVR-Landemuseum keineswegs der Stadt Kosteneinsparungen bringen würde – im Gegenteil: In einer Resolution der AG heißt es: „Der überwältigende Rest der Exponate müsste dann in einem dafür neu anzumietenden Magazingebäude dauerhaft ,eingemottet’, dennoch aber konservatorisch betreut werden. Statt einer Kostenersparnis würden sogar erhebliche Zusatzkosten entstehen .“

Der ehemalige Direktor des Bonner Stadtarchivs. Dr. Manfred van Rey, gerät regelrecht in Rage angesichts dieser Pläne. Er weiß, wovon er spircht, schließlich war van Rey 1989/90 Gründungsdirektor des Bonner Stadtmuseums. und war zuvor jahrelang eng in die Planungen zur Gründung eines stadthistorischen Museums involviert. „Diese Pläne sind doch absurd und peinlich.“ Van Rey lenkt den Blick besonders auf die geplante räumliche Trennung der Gedenkstätte vom Stadtmuseum. „Die Gedenkstätte war von Anfang an eng mit dem Stadtmuseum verzahnt. Das war der Wille der Stadt und wurde seinerzeit vom Rat einstimmig so beschlossen.“

Diese Verzahnung drückt sich auch in den Exponaten aus. Van Rey dazu: „Während man in der unteren Etage in der Franziskanerstraße in der Gedenkstätte in die Geschichte der Verfolgung der jüdischen Mitbürger eintaucht, steht man oben im Stadtmuseum vor dem Schreibtisch des Bonner Nazi-OB Ludwig Rickert, einem ,Schreibtischtäter’ im wahren Sinne des Wortes.“

Auch deshalb verbietet sich für Manfred van Rey die Auslagerung der Gedenkstätte ins Stadthaus. „Das würde einer regelrechten Entsorgung der Einrichtung gleichkommen. Die noch lebenden jüdischen Mitbürger, die 33 Jahre lang von der Stadt Bonn zu den Begegnungswochen eingeladen wurden sind, dürften entsetzt sein über solche Pläne!“

Manfred van Rey wie auch Gisbert Knopp machen sich auch Sorgen für den Umgang mit den vielen Leihgebern und Stiftern des Bonner Stadtmuseums, sollten die Auslagerung ins LVR-Landesmuseum umgesetzt werden. Manfred van Rey erkärt dazu: „Die Familie Tenten hätte bestimmt nicht das historische Wohnzimmer der Familie dem Stadtmuseum überlassen, wenn es dereinst in einem Depot verschwinden würde.“

Markus Schuck, Kultursprecher der CDU, möchte das Thema in der Bonner Bevölkerung breit diskutiert sehen, bevor es dann später auch zu Ratsbeschlüssen kommt. Motto: „Braucht die Stadt Bonn ein stadthistorisches Museum?“ Immerhin hat Markus Schck so etwas wie eine Vision: „Bekanntlich sollen im Alten Rathaus bald Räume frei werden, da der Oberbürgermeister ganz ins Stadthaus umzieht. Man könnte die prächtigen Räume als Entree ins Stadtmuseum nutzen, um Besucher anzulocken. Auf Lichtsäulen könnte die Epoche der Stadt als Bundeshauptstadt ,beleuchtet’ werden. Anschließend könnten die Besucher über eine Brücke über die Rathausstraße ins Stadtmmsuem gelangen.“ Markus Schucks „Vision“ geht dabei von einem Erhalt des Stadtmuseums in einem neuen Viktoriakarree aus.

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