Prozess„Black Jackets“ zeigen sich geläutert

Die Angeklagten werden in einen Saal des Bonner Landgerichts geführt, wo der Prozess gegen die "Black Jackets" eröffnet wird.
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Bonn – Ein Dreiviertel Jahr lang sollen sie in Bonn Angst und Schrecken verbreitet haben - bis sie Ende Januar im Zuge einer Großrazzia von der Polizei festgenommen wurden. Seit gestern müssen sich vier der insgesamt fünf jungen Männer vor der zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts Bonn verantworten. Gegen den Bruder eines der vier Verdächtigen läuft ein weiteres Strafverfahren. Es wurde abgetrennt, weil der 22-jährige erst vor zwei Wochen in der Schweiz festgenommen worden war.
"Black Jackets Westend", so lautet der Name, den die zwischen 20 und 25 Jahre alten Männer ihrer Gruppe gegeben haben sollen. Seit Mitte 2012 seien sie in äußerlicher Ähnlichkeit zu Rockern in Erscheinung getreten: Um bedrohlicher zu wirken, hätten sie dabei Kutten getragen, führte die Staatsanwältin gestern aus, die für die Verlesung der Anklageschrift länger als eine halbe Stunde benötigte. Denn es ist mitnichten der Kleidungsstil, der den "Black Jackets" zum Verhängnis wurde. Vielmehr wirft ihnen die Staatsanwaltschaft in zwölf Fällen räuberische Erpressung oder gefährliche Körperverletzungen vor. In etwa 20 weiteren Fällen sollen sie bandenmäßig mit Drogen gehandelt haben.
Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen
Weil die Taten jeweils in wechselnder Beteiligung verübt wurden, gibt es hinsichtlich der Vorwürfe gegen die vier Angeklagten zahlreiche Überschneidungen. Die konkrete Verantwortung für die einzelnen Delikte aufzuarbeiten, ist nun die mühsame Aufgabe, der sich das Gericht in den kommenden Wochen zu stellen hat, nachdem die Angeklagten am ersten Prozesstag lediglich zu ihrer Person befragt wurden. Entsprechend entspannt wirkte am Dienstag denn auch die Atmosphäre im Gerichtssaal, in den es unter leicht verstärkten Sicherheitsvorkehrungen rund 30 Zuschauer, Medienvertreter und Angehörige gezogen hatte. Die Angeklagten, von denen sich zwei in Untersuchungshaft befinden, freuten sich sichtlich über das Wiedersehen und plauderten angeregt mit ihren Anwälten.
Die familiären Wurzeln aller vier liegen mit Syrien, Marokko, Ex-Jugoslawien und dem Libanon im Ausland, drei von ihnen sind in der Bonner Region geboren. Ähnlichkeiten weist auch der schulische und berufliche Werdegang auf, der bei dem Quartett nach der Haupt- oder Realschule, spätestens jedoch in der Ausbildung ins Stocken geriet. Das vorläufige Scheitern im Arbeitsleben führte die Gruppe offenbar beim Totschlagen der reichlich verfügbaren Zeit zusammen, als Freizeitstätten dienten Fitnessclubs, Bars und Spielhallen.
Tritte wegen eines Cheeseburgers
Am Dienstag nun mussten sich zwei der vier Männer vom Vorsitzenden Richter zu ihren Eindrücken befragen lassen, die sie in der nunmehr neun Monaten währenden Untersuchungshaft gewinnen konnten. Ähnlich ihren beiden mutmaßlichen Komplizen geben sie sich geläutert, bevor die Beweisaufnahme überhaupt angefangen hat. "Das hat mich zur Vernunft gebracht", sagte etwa Halit S. "Es hat mir die Augen geöffnet", bekundete Morad B. Auch Vertreter der Verteidigung mühten sich im Gespräch mit Medien, den Bandenvorwurf zu relativieren.
Ganz anders die Staatsanwaltschaft: Sie verdeutlichte schon in der Anklageschrift die Brutalität, mit der die Männer ihrer Überzeugung nach mit Waffen, Schlägen und Fußtritten gegen ihre Opfer vorgegangen sind. In einigen Fällen ging es um viel Geld. In einem anderen Fall war es ein Cheeseburger; hier trug das Opfer durch die Tritte gegen den Kopf Hörschäden davon. Am heutigen Mittwoch wollen sich die Angeklagten erstmals zur Sache äußern. Urteile sind nicht vor Anfang Januar zu erwarten. Aufgrund der zahlreichen zu vernehmenden Zeugen sind für den Prozess derzeit weitere 22 Termine anberaumt.