1,2 Millionen Eier täglichSo wurde der Verpoorten-Eierlikör aus Bonn zum Welterfolg

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William Verpoorten (l.) und sein Sohn William lehnen auf Kisten gefüllt mit Flaschen ihres Eierlikörs. Sie lächeln beide in die Kamera.

William Verpoorten (l.) und sein Vater Viktor im April 2001

Täglich werden 130.000 Flaschen Eierlikör abgefüllt und anschließend in über 30 Länder geliefert. Das Rezept wurde nie verändert.

„Ei, ei, ei...“ gelb, süß und hochprozentig ist das weltweit bekannte Produkt von Verpoorten mit Sitz in Bonn: Eierlikör. Mit nur einem einzigen Produkt und einem Werbeslogan, der seit 1961 nicht mehr verändert wurde, wird das 1876 gegründete Familienunternehmen bereits in fünfter Generation geführt.

Wie die Firma zu 50 Millionen Euro Jahresumsatz, täglich 130.000 abgefüllten Flaschen und einer Komödie mit Heinz Erhardt kam: Eine kleine Übersicht über die Geschichte von Verpoorten und die wichtigsten Fakten über das ursprünglich aus Heinsberg stammende Unternehmen.

Verpoorten: Eierlikör seit 1876

Seit nunmehr 147 Jahren stellt Verpoorten-Eierlikör her. Gegründet wurde das Unternehmen 1876 in Heinsberg, damals durch Eugen Verpoorten. Das Rezept für den Eierlikör hatte seine Familie aus der flandrischen Heimat mit in die Heinsberger Hochstraße gebracht. Ob Speck, Kaffee, Tabak oder Margarine – bei der damals noch als „Liqeur-Fabrik & Colonialwaaren von H. Verpoorten“ geführten Firma gab es nahezu alles, was man zum Leben brauchte.

In der Abfüllanlage der Likördestillerie Verpoorten in Bonn werden die Flaschen gefüllt mit dem satt gelben Eierlikör, gebraut nach einem über 120 Jahre alten Rezept. (Archivbild)

In der Abfüllanlage der Likördestillerie Verpoorten in Bonn werden die Flaschen gefüllt mit dem satt gelben Eierlikör, gebraut nach einem über 120 Jahre alten Rezept. Bevor sie im Karton verschwinden, wird kontrolliert, ob auch jede mit einem Rezeptanhänger versehen ist. (Archivbild)

1920 avancierte Willy Verpoorten (bereits aus der dritten Generation) die Betriebsverlegung nach Berlin. Seine Frau Elly eröffnete 16 Jahre darauf einen Zweigbetrieb in Straubing (Niederbayern). Abgesehen vom Hausmeister und ein paar Fahrern arbeiteten dort nur Frauen im Betrieb. Dass Elly Verpoorten im Keller ihres Betriebes überhaupt Eierlikör herstellen durfte, lag daran, dass der Likör als „kriegswichtig“ eingestuft wurde. Er galt als Stärkungsmittel für die verwundeten Soldaten.

Weitere acht Jahre später musste die Firma an der bayerischen Stätte komplett neu anfangen, da der Zweite Weltkrieg seinen Tribut zollte und die Berliner Produktionsstätte zerstört wurde. Doch das Firmengelände in Straubing wurde bald zu klein und die Lieferwege in die großen Städte zu lang. 1952 zog die Firma daher nach Bonn.

Mit der vierten Generation kommt die Werbung – und ein Slogan für die Ewigkeit

Wir sind bereits in der vierten Generation der Familie und im Jahre 1955, da beginnt Viktor Verpoorten, das Thema Werbung einzuführen. Erst Print, dann Fernsehen (Schwarz-Weiß wohlgemerkt noch). Es sind von hier an nur noch sechs Jahre bis zur Kreation des bekannten Werbeslogans „Ei, ei, ei Verpoorten...“, der auf dem Schlager „Ay ay ay Maria – Maria aus Bahia“ basiert und bis heute nicht mehr verändert wurde.

Eierlikörfabrikant Viktor Verpoorten (l.) mit seinem Sohn William im Unternehmenssitz der Verpoorten GmbH & Co. KG in Bonn in 1999. Sie stehen, in weißen Arbeitskitteln gekleidet, neben einer Produktionsanlage, auf der sich zig Eier befinden.

Eierlikörfabrikant Viktor Verpoorten (l.) mit seinem Sohn William im Unternehmenssitz der Verpoorten GmbH & Co. KG in Bonn in 1999. (Archivbild)

Der vorherige Werbeslogan lautete: „Erquickt den Gaumen, labt und kräftigt, stimmt froh und heiter, daheim und allerorten: Verpoorten“. Hier ein Werbefilm aus den 1950er Jahren:

Heute sehen die Werbespots durchaus etwas anders aus – allein schon, weil in Farbe ausgestrahlt:

Für den bis heute aktuellen Slogan war auch der Film „Immer die Radfahrer“ aus dem Jahre 1958 mitprägend. In der deutsch-österreichischen Komödie spielt Heinz Erhardt den Eierlikörfabrikanten Eilers, dessen Produkt mit dem Slogan „Ei, Ei, Eilers“ vermarktet wird.

Ein Jahr bevor der Werbeslogan das Licht der Welt erblickte, wurde die ehemalige Betriebsstätte in Berlin wiederaufgebaut. Ein ebenso wichtiger Schritt wurde 1970 mit der Errichtung von Lizenzproduktionsbetrieben in Nachbarländern getätigt. Der weltweite Export von Flaschenware begann.

Heute werden etwa 130.000 Flaschen Eierlikör täglich abgefüllt. Bis zu 1,2 Millionen Eier werden am Tag dafür in Bonn angeliefert. Sie kommen laut dem Unternehmen aus der Region (Umkreis von 200 Kilometern), stammen aus Bodenhaltung und sind Güteklasse A. Im firmeneigenen Labor wird aus jeder Palette ein Ei herausgenommen und untersucht, bevor alles weiterverarbeitet wird.

Verpoorten: Eigene Lebensmitteluntersuchungen seit 1989

Verpoorten vermarktet in 2023 unter dem Markennamen unter anderem auch Gebäck, Pralinen, Schokolade, Eiscreme und Desserts. Der gesamte Erfolg des Unternehmens basiert seit der Gründung im Jahre 1876 aber auf dem Eierlikör. Entsprechend wichtig ist der Firma seit jeher die Qualität des Getränks. 1989 errichtete man somit ein hauseigenes Lebensmitteluntersuchungslabor. Amerikanische Anlagen der Firma Seymour modernisierten den Prozess des Eieraufschlagens.

Eine Frau sitzt auf einem Stuhl in der Produktion der Fabrik von Verpoorten in Bonn. Viele Flaschen, befüllt mit Eierlikör, fahren über das Band an ihr vorbei.

So sah es 1999 noch in der Produktion bei Verpoorten aus. (Archivbild)

1993 errichtet Verpoorten ein neues Fertigwaren-Tanklager. Ein Jahr später wird die Berliner Produktionsstätte mit Ausbau der Fertigungs- und Lagerstätte in Bonn integriert.

Es folgen weitere Lizenzierungsverfahren: 1999 vergibt die Firma Markenrechte an den Tiefkühlkonzern Bofrost, sodass künftig Verpoorten-Eiscreme, -Tiefkühltorten und -Schokoladenerzeugnisse hergestellt werden können. Als weiterer namhafter Lizenzpartner gesellt sich drei Jahre später die Rüdesheimer Confiserie hinzu.

125 Jahre Verpoorten: Das Internet und die Energiewende

Das Familienunternehmen feierte in 2001 sein 125-jähriges Firmenjubiläum. Die nächsten Jahre sollen sich als wegweisend für die Ausrichtung der Bonner Firma herausstellen. Neue Werbespots mit Laiendarstellern werden gedreht, Partnerschaften mit dem Bremer Kaffeehersteller Jacobs sowie Lebkuchenhersteller Wicklein/Schmidt aus Nürnberg geschlossen und der Online-Shop geht an den Start. 

Facebook- und Youtube-Kanäle folgen im Jahre 2014, einige Jahre vorher bereits werden Online-Workshops angeboten, bei denen man mehr über die Marke und mögliche Anwendungsmöglichkeiten (in Form von Rezepten) des Eierlikörs erfahren kann. Auch als Desserts und Punsch auf Weihnachtsmärkten und in Après-Ski-Gebieten wird Verpoorten mittlerweile ausgeschenkt.

Bonns zum damaligen Zeitpunkt größte Photovoltaikanlage wurde 2011 auf den Firmendächern von Verpoorten in Betrieb genommen. Bei einer Gesamtfläche von 3500 Quadratmetern sollen laut Unternehmensangaben bis zu 183,4 Kilowatt Strom pro Stunde gewonnen werden können.

Ein Jahr später nur nimmt die Firma ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk als weitere Energiequelle in Betrieb. Der hierbei generierte Strom soll einen Großteil des firmeneigenen Bedarfs abdecken.

2016: Der gelbe Klassiker wird 140 Jahre alt

140 Jahre Eierlikör von Verpoorten: Der gelbe Klassiker wird in 2016 mit einer limitierten Flaschenausstattung im 70er-Jahre-Design zelebriert und verkauft. Auch die jüngere Generation soll angesprochen werden, daher gibt es zwei Jahre später die Geschmacksrichtung „Pfirsich-Maracuja“.

Heute befindet sich Verpoorten seit fünf Generationen im Familienbesitz. Seit 2003 ist William Verpoorten Geschäftsführer, sein jüngerer Bruder Dirk ist Teilhaber. Mit Viktoria Verpoorten ist seit März 2021 mit Übernahme der Einkaufsleitung bereits die sechste Generation im Bonner Unternehmen tätig.

Links Geschäftsführer William Verpoorten, mittig der damalige Oberbürgermeister Bonns, Jürgen Nimptsch, rechts Victoria Appelbe von der Wirtschaftsförderung in Bonn. Sie besichtigen zusammen den Betrieb von Verpoorten und begutachten auf dem Bild gemeinsam eine Flasche Eierlikör des Herstellers. (Archivbild)

Links Geschäftsführer William Verpoorten, mittig der damalige Oberbürgermeister Bonns, Jürgen Nimptsch, rechts Victoria Appelbe von der Wirtschaftsförderung in Bonn bei einer Werksbesichtigung. (Archivbild)

Das streng gehütete Rezept für den weltberühmten Eierlikör soll seit der Unternehmensgründung 1876 nicht verändert worden sein.

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