Bonner Beethovenstatue in BornheimRestauratoren finden Schrapnelle in der Bronze

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Mit dem Pinsel trägt Betina Roß Wachs auf und trocknet ihn gleich mit dem Fön an.

Bornheim – Nicht nur das Genie Ludwig van Beethoven hat im Leben einiges mitgemacht, auch seine überlebensgroße Statue hat schon ihre eigene wechselvolle Geschichte. Ein neues Kapitel wird gerade in Bornheim geschrieben: Vor drei Monaten wurde die tonnenschwere Bronzeskulptur auf dem Bonner Münsterplatz vom Sockel geholt, um sie in einer Halle in Bornheim von einer Spezialfirma restaurieren zu lassen.

„Beethoven geht’s gut, er fühlt sich wohl hier“, schmunzelt Projektleiter Hermann Krause. Die Arbeiten liegen im Zeitplan, schließlich soll der große Sohn der Stadt pünktlich am 12. August wieder an seinem angestammten Platz stehen. Denn dies ist der Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 250. Geburtstag des Komponisten, der 1770 in Bonn geboren worden war.

Zum Jubiläum näher untersucht

Das Jubiläum war auch der Anlass, die Statue nochmal näher zu untersuchen. Schon Anfang 2021 hatten die Fachleute während einer Voruntersuchung festgestellt, dass Wasser im Postament steht und das Denkmal selbst Korrosionsschäden aufwies. „Die Schäden waren schon sichtbar“, erklärt Hermann Krause. Er ist beim  Städtischen Gebäudemanagement für den Erhalt der Denkmäler in Bonn zuständig und arbeitet gemeinsam mit Kunsthistorikerin Constanze Falke an diesem Prestigeobjekt.

IHK will Beethoven konsequenter vermarkten

Die regionale Wirtschaft hat sich beim 2. Beethovenkonvent der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg für eine nachhaltige Stärkung der touristischen Außendarstellung von Beethoven ausgesprochen. Die Veranstaltung stand unter dem Thema „Jubiläumsjahr 2020/2021, und jetzt?“

„Es ist an der Zeit, dass wir Beethoven als anlassbezogenen Reisegrund vermarkten sowie seine touristische Strahlkraft festigen und nutzen“, so IHK-Vizepräsidentin Ruth Winterwerp-van den Elzen. Neben einer zentralen Koordinationsstelle „Beethoven“ und zusätzlichen jährlichen Beethovenaktivitäten sowie dem Beethovenfest wurde auch der Gedanke an ein Festspielhaus wiederholt angesprochen. (EB/jr)

Art und Umfang der nötigen Restaurierung wurden schnell deutlich. „Ein Denkmal ist wie eine Blackbox“, erklärt es Krause, „da waren wir froh, dass wir Fachleute wie die Firma Recovis gefunden haben“. Bonner Firmen hatten laut Krause bei dem Auftrag wegen des Umfangs abgewunken, die Recovis-Restauratoren aus Schleswig-Holstein sind Großprojekte gewöhnt. Sie haben auch schon das Goethe-Denkmal in Frankfurt  „aufgehübscht“.

Überraschung beim Abtransport

Die große Überraschung sollte aber noch kommen, als Beethoven dann am 5. Januar am Haken hing: Die 3,4 Tonnen schwere Statue ließ sich mit einem Spezialkran problemlos abheben, aber der Sockel machte Sorgen. In den 1960er Jahren war das Postament komplett mit Beton ausgegossen und noch mit einer Holzverschalung versehen worden. „Ein Worst-Case-Szenario“, wie es Hermann Krause beschreibt.

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Leiten die Restaurierung: Betina Roß, Constanze Falke und Hermann Krause (v.l.).

Um den Sockel abbauen zu können, musste der Beton von Hand weggestemmt werden. Ein Fachrestaurator für Naturstein hatte das übernommen und war tagelang beschäftigt. Die   „Kiste“, die zurzeit die Leerstelle auf dem Sockel am Münsterplatz füllt, ist also leer. Und worauf wird Beethoven zukünftig stehen? Auf einem Gestell aus rostfreiem Stahl, und das wird in Bonn angefertigt.

Die Größe beeindruckt

„Wenn er so vor einem steht, dann merkt man erst, wie groß die Statue eigentlich ist“, staunt  Hermann Krause beim Ortstermin. „Außerdem war er immer schon grün.“ Es ist also keine Patina auf dem Bronzeguss, sondern  die Farbe war dem Zeitgeist Mitte des 19. Jahrhunderts geschuldet. Die teure Bronze war mit Säure behandelt worden, um sie alt aussehen zu lassen, denn das war en vogue in der Romantik.

Aufgestellt im Jahr 1845

Seit 177 Jahren auf dem Bonner Münsterplatz

Am 5. Januar dieses Jahres hatte Beethoven buchstäblich abgehoben, nachdem das Denkmal seit dem 12. August 1845 unverrückt auf dem Bonner Münsterplatz gestanden hatte. Denn an diesem Tag wurde die sanierungsbedürftige Statue, die einst Ernst Hähnel aus Dresden entworfen und Bildhauer Jacob Daniel Burgschmiet aus Nürnberg gegossen hatte, mit Hilfe eines Krans vom Sockel geholt und nach Bornheim gebracht. (jr) 

Errichtet zum ersten Beethovenfest

Zum Gedenken an Beethovens 75. Geburtstag und anlässlich des ersten Beethovenfestes war das Denkmal aufgestellt worden. So erlauchte Persönlichkeiten wie Friedrich Wilhelm IV. und Gemahlin sowie Königin Victoria von Großbritannien und Irland und deren Gemahl, Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, waren dazu eigens nach Bonn gekommen.

Die Urkunde zum Denkmal wurde in eine bleierne, hermetisch verschlossene Kapsel in den Sockel des Standbildes eingesenkt und vermauert. Mehrere Tage wurde gefeiert, Franz Liszt führte Regie. Er hatte sich überdies mit 2666 Talern an den Gesamtkosten des Denkmals von 13.000 Talern beteiligt. Veranstaltungsort war die erste Beethovenhalle. (jr)

Wahrzeichen der Stadt Bonn

Das Hähnel’sche Denkmal ist unbestritten ein Wahrzeichen der Stadt Bonn. Vor allem am 100. Todestag des Komponisten wurde es mit Blumen und einem Bildnis van Beethovens geschmückt und zum Mittelpunkt der Feierlichkeiten gemacht.

Im Herbst 2020 wurden bei einer Begutachtung der Statue Korrosionsschäden festgestellt. Das 3,2 Tonnen schwere Denkmal wurde zur Reparatur vom Sockel gehoben, die Sanierung soll im Sommer abgeschlossen sein – pünktlich zum Beethovenfest. (jr)

Mit Pinsel und Fön demonstriert Betina Roß, Chefin der Restaurierungs-Spezialisten Recovis aus Schleswig-Holstein, wie Ludwig van zurzeit verschönert wird. Die gesamte Statue wird in geduldiger Feinarbeit manuell gereinigt, denn es haben sich seit der letzten Restaurierung in den 1960er Jahren Staube und Salze abgesetzt, die aggressiv wirken.

Sogar Graffiti haben die Fachleute gefunden, Sprühlack in Beethovens Locken. Man klettert offenkundig auch gerne mal an ihm hoch. In kriegerischen Tagen hat die Statue sogar Geschosssplitter abbekommen. Die Restauratoren entfernten Schrappnelle aus der Bronze. 

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Jetzt wird eine heiße Wachsschicht aufgetragen, auf der der Schmutz abperlt, „die Oberfläche wirkt geschlossener und ästhetischer“, sagt Roß. Deutlich zu erkennen ist jetzt auch, dass die einzelnen Bronzeteile zusammengeschraubt worden sind, Linien sind erkennbar, Schrauben auch. Wenn Roß und ihr Team mit dem Komponisten fertig sind, sieht man das alles nicht mehr. Die Deadline wollen alle unbedingt einhalten, auch wenn’s sportlich ist.

Rückkehr nach Bonn im August

Weil Beethovens Standdenkmal unter Schutz steht, „haben wir als Stadt die Verpflichtung, für den Erhalt und die Standsicherheit zu sorgen“, betont Constanze Falke. Vor 60 Jahren wurde das  Denkmal zum letzten Mal restauriert, „und es wäre auch nicht umgefallen“,  aber es befinde sich  auf einem öffentlichen Platz.

Das Budget von 60.000 Euro ist bereits ausgeschöpft, es kommen nach Schätzungen der Fachleute noch gut 30.000 Euro dazu. Für die Halle, in der das Denkmal zurzeit restauriert wird, ist kein Etat nötig. Sie wird von einer kunstaffinen Bonnerin kostenfrei zur Verfügung gestellt.

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