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Alpaka-Wanderung in WindeckUnterwegs mit den wuscheligen Wolllieferanten

Lesezeit 4 Minuten

Windeck – Wenn im leisen Herbstwind die Blätter rascheln, ist „Hurricane“ kaum noch zu halten. Die zarten Hufe stemmen sich in den Boden, der lange Hals ragt nach rechts, während ich auf seiner Linken vorsichtig am Halfter ziehe. Doch der Zweijährige mit den sanften braunen Augen steht stocksteif und sorgt so für Spannung an dem Nachmittag, an dem doch eigentlich Entspannung angesagt ist. Die anderen Alpakas ziehen ungerührt weiter, so dass ich ihre Felle schon schwinden sehe. „Komm“, raune ich dem ängstlichen Tier zu, das von seinen Besitzern augenzwinkernd „zarte Brise“ genannt wird. Ich ziehe nach vorn, und „Hurricane“ setzt sich in Bewegung.

Wer sich auf eine Alpaka-Wanderung einlässt, kann etwas erleben. Alle, wirklich alle Menschen, die uns begegnen, blicken uns an und lächeln. Sehen doch die wuschligen Wolllieferanten zum Knuddeln aus. Doch „Alpakas sind keine Streicheltiere“, klärt Steffi Hützen die Neulinge auf.

Die 47-Jährige beschäftigt sich seit fünf Jahren intensiv mit den Mini-Lamas aus den Anden und organisiert die Touren auf den Siegtalhöhen. Und richtig, als der 25-jährige Edgar dem silbergrauen Geronimo von oben den Hals tätscheln will, duckt sich der prächtige Deckhengst weg. So zutraulich wie Pferde oder gar Hunde werden Alpakas nie, weiß Hützen. Hauptberuflich ist sie Zollbeamtin, die ihr tierisches Hobby auf dem Zuchthof der Borrmanns im Dörfchen Kohlberg pflegt. Und auf diese Art viel Wissen über Haltung und Händling der hübschen Paarhufer gesammelt hat.

Unsere Begleiter tragen ein Halfter auf ihren zarten Köpfen, daran einen ledernen Riemen mit Schlaufe. Die ersten Schritte sind die schwersten. Bleibt doch im Stall das duftende, wohlschmeckende Heu zurück und alle anderen Kumpels – die weiblichen Tiere sind noch auf der Weide, die meisten entweder säugend oder tragend. 17 Fohlen sind in diesem Jahr schon zur Welt gekommen auf dem Zuchthof, wo den Sommer über auch Alpaka-Weibchen anderer Besitzer gedeckt werden. Auch zum Scheren werden fremde Tiere zu Borrmanns gebracht, die als erfahrende und erfolgreichste Züchter im ganzen Land gelten, haben sie doch mit „Millduck Manhattan“ den jüngst als „Best of Show“ prämierten, bundesweit besten Deckhengst im Stall. Der liegt jetzt ganz entspannt im Stroh.

Und wir versuchen, unsere „Jungs“ an zwei neuen „Mädels“ vorbeizuführen. Die stehen noch abgetrennt auf einer Weide direkt am Hof, frisch eingeflogen aus Australien. Steve Ridout hat sie mitgebracht, einer der weltbesten Alpaka-Richter, der einer Gruppe von Züchtern gerade die Feinheiten des besten Vlieses nahebringt. Denn die Tiere aus Südamerika werden vor allem als Lieferanten der kostbaren Wolle gehalten. Die Wanderungen sind sozusagen schöne Nebensache.

Die Aussi-Mädels spucken. Hurricane und die anderen sind ihnen zu nah auf den Pelz gerückt. „Sie haben Stress“, erklärt Steffi Hützen, die mit ihrer zehnjährigen Tochter Eva menschliche und tierische Spaziergänger weiterlotst. Es soll doch entspannend werden. Spätestens beim Steh-Picknick nach einem Drittel der Tour wird es das auch. Wir bekommen Kuchen und Tee, Apfelschnitze, Käsewürfel sowie Salzbrezel – die Alpakas dürfen grasen. Hurricane, der Angsthase, kann das gar nicht genießen, da immer wieder Hundehalter vorbeigehen. Er ruft um Hilfe, mit einem leisen nasalen Fiepen, woraufhin ihn der weiße, vier Jahre alter „Bismarck“ mit dem Kopf anstupst. Es herrscht nur leichter Stress, erklärt die Fachfrau. „Die Tiere können auch richtig jammern und schreien.“ Wenn die Fohlen von den Müttern getrennt oder wenn Tiere aus der Herde verkauft werden.

Sind sie bislang eher geschlendert, beschleunigen am Wendepunkt des Weges die Alpakas gewaltig, obwohl hier der matschige Waldweg steil ansteigt und sie uns ziehen. Die klugen Tiere wissen, dass es zurückgeht zum Stall. „Nur nicht rennen lassen“, warnt Steffi, 47, die schildert, wie sie kürzlich ausrutschte und, gezogen von einem Alpaka, den Hügel auf dem Hosenboden hinunterrutschte.

Die Wanderungen finden rund um den Hof in Windeck-Kohlberg. Rosterwiese 12, statt. Die Teilnahme kostet 20 Euro pro Person.

www.Alpakas-des-Westens.de