Bunker wurden für Fledermäuse hergerichtet, Schafe pflegen die Wiesen in der Region. So blickt der Geschäftsführer auf die Zeit bei der Biostation.
Zufall lenkte den Weg zur StationDieter Steinwarz von der Biostation Rhein-Sieg geht in Rente

Dr. Dieter Steinwarz geht als Geschäftsführer der Biologischen Station des Rhein-Sieg-Kreises in Rente. Auch Gelbbauchunken wurden dort betreut.
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Einmal im Jahr kommt die Biologische Station des Rhein-Sieg-Kreises ganz groß raus: Auf der Grünen Woche in Berlin ist sie im Januar 2026 zum 13. Mal mit einem eigenen Stand vertreten. Die Äpfel und Birnen seltener und regional heimischer Obstsorten stoßen bei den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern auf großes Interesse.
„Das ist eine Bestätigung für unsere gute Arbeit“, freut sich Dr. Dieter Steinwarz, Geschäftsführer der Biologischen Station. Am Jahresende geht der Mann der ersten Stunde in den Ruhestand.
Mann der ersten Stunde geht jetzt in den Ruhestand
Im Rathaus in Troisdorf nahm der Verein, der am 22. Dezember 2002 gegründet wurde, seine Arbeit auf. „Ich saß im Juli 2003 allein in einem großen Büro und hatte einen Stapel voller Bewerbungsmappen auf dem Schreibtisch“, erinnert sich der heute 67-Jährige an die ersten Stunden.
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Mit dem Vorstand des Vereines unter Vorsitz von Heinz Schumacher wurde im Jahr 2003 das vierköpfige Team der Biostation zusammengestellt. Zu diesem gehörte damals schon Steinwarz’ heutige Stellvertreterin Barbara Bouillon. Als Botanikerin und Apfelexpertin ist sie inzwischen deutschlandweit bekannt. Nicht nur auf der Grünen Woche ist ihr Wissen gefragt.

Dieter Steinwarz am Stand der Biostation des Rhein-Sieg-Kreises auf der Grünen Woche 2024 in Berlin mit NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen, NRW-Miniterpräsident Hendrik Wüst und Barbara Bouillon von der Biostation (v.l.)
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Nach dem Abitur auf dem Beethoven-Gymnasium in Bonn studierte Steinwarz dort an der Universität Biologie. Am 8. August 1988 wurde ihm der Doktortitel zum Thema „Naturnahe Grünflächen in der Stadt“ verliehen. „Das Thema Biodiversität gewann damals an Dynamik“, erinnert er sich. Steinwarz ist ein Praktiker. So wechselte er vom Lehrstuhl der Universität an die Biostation des Kreises Soest.
Als Projektleiter forschte er zur Erosion auf den landwirtschaftlichen Flächen am Haarstrang. Dieser Höhenzug am südlichen Rand der Westfälischen Bucht erstreckt sich von West nach Ost im Süden der Stadt Dortmund sowie der Kreise Unna und Soest in Nordrhein-Westfalen. Und das Team der Forscher fand praktikable Lösungen. Kilometerweise Heckenpflanzungen und neues Grünland wurden angelegt, die Landwirte veränderten ihre Bewirtschaftung. Sie pflügten waagerecht statt senkrecht oder bearbeiteten das Land pfluglos. So konnte der Abtrag durch Wind und Regen verringert werden. Dies alles wurde wissenschaftlich begleitet.
Steinwarz arbeitete an Renaturierung der Braunkohlelandschaften in Cottbus
Als das Projekt erfolgreich abgeschlossen war, gründete Steinwarz mit einem Kollegen ein Planungsbüro. In Hoyerswerda erstellte er einen Biotopmanagementplan für die Stadt, arbeitete an der Universität Cottbus in einem Projekt zur Renaturierung der Braunkohlelandschaften. Die Familie wohnte während dieser Zeit weiter in Hennef, Steinwarz fuhr am Wochenende nach Hause. Beim Durchblättern der Zeitung sei ihm eine Stellenanzeige ins Auge gefallen, berichtete er. Die neu gegründete Biostation suchte einen Geschäftsführer.

Dr. Dieter Steinwarz vor der Eingangstür zur Biologischen Station des Rhein-Sieg-Kreises in Eitorf. Auf dem Logo ist rechts der Rotmilan zu erkennen, das Wappentier der Station.
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Auf dieser Position könne er „mein Wissen und meine jahrelange Erfahrung“ einbringen, lautete die Kernaussage seines Bewerbungsschreibens. Und genau das wurde damals gesucht. Im Jahr 2005 zog das Team vom Troisdorfer Rathaus in den früheren Güterbahnhof nach Eitorf um. Dort hat es noch heute seinen Platz. Die Biostation ist allerdings mit ihren Aufgaben im Laufe der gut zwei Jahrzehnte deutlich gewachsen.
Zwölf Stellen stehen zur Verfügung, daneben arbeiten junge Menschen im Freiwilligen ökologischen Jahr mit. Die Finanzierung erfolgt über das Land NRW, den Rhein-Sieg-Kreis und über Drittmittel. Auch ein landwirtschaftlicher Betrieb wurde gegründet.
Kartierung von Ausgleichsflächen, Vertragsnaturschutz, Artenschutz
Die Kartierung von landwirtschaftlichen Ausgleichsflächen gehört zu den Aufgaben der Biologischen Station genauso wie der Kontakt mit den Landwirten, die im Vertragsnaturschutz zum Beispiel Wiesen so pflegen, dass dort seltene Pflanzenarten wieder eine Heimat finden können. Der Artenschutz ist ebenfalls ein Tätigkeitsfeld der Biologen. „So leben zum Beispiel in Europa die meisten Rotmilane in Deutschland, der Rhein-Sieg-Kreis ist eine Schwerpunktregion der Brutpaare“, berichtet Steinwarz. Dieser Vogel ist auch das Wappentier der Station.
Die Arbeit der Biostation ist langfristig ausgelegt. Bis Tiere an renaturierten Flächen wieder eine Heimat finden und sich dort vermehren, braucht es seine Zeit. So übernahm die Biostation im Jahr 2003 in der Voreifel bei Ersdorf vom Bund eine Fläche, auf der früher hohe Antennenmasten standen. „Damit konnte in den Zeiten des Kalten Krieges Radiosender des Warschauer Paktes abgehört werden“, schildert Steinwarz.
Fledermäuse leben jetzt in altem Kommandobunker
Die Masten sind abgebaut, die Wiese ist renaturiert. Schmetterlinge und andere Insekten leben dort inzwischen. Der alte Kommandobunker auf dem Gelände wurde bis auf einen Einflugschlitz zugemauert. Fledermäuse nutzen ihn als Unterschlupf.
Zeitgleich wurde am Fuß der Burg in Stadt Blankenberg ein längst verlandeter Mühlteich teilweise zu neuem Leben erweckt. Das Team der Biologischen Station ließ dort einen Tümpel ausheben, der rege als Laichplatz für Molche, Frösche und Kröten genutzt wird. Zahlreiche Obstbäume historischer Sorten wurden dort gepflanzt.

In einem Teil des verlandeten Teiches der Mühle am Fuße der Burg in Stadt Blankenberg wurde ein Tümpel angelegt, der von Amphibien als Lebensraum genutzt wird.
Copyright: Stefan Villinger
Ein Landschaftspfleger und zwei Schäferinnen gehören zum Team der Biostation. Die Schafe sorgen dafür, dass Brachflächen im Kreis umweltschonend bewirtschaftet werden können. Diese Tätigkeit ist ein gutes Beispiel dafür, dass in der Kombination von Tier- und Naturschutz auch Probleme entstehen können.
„Als Schäfer müssen wir unsere Tiere vor den Wölfen schützen, als Naturschützer befürworten wir, dass der Wolf hier wieder heimisch geworden ist“, sagt Steinwarz. Er betont, dass es „keinen hundertprozentigen Schutz der Herdentiere vor Wölfen gibt“. Ohne den Betrieb würden zahlreiche für den Naturschutz wertvolle Lebensräume verloren gehen.

Jonas Hochlitz und Dieter Steinwarz von der Biologischen Station in Eitorf bei der Entgegennahme des Obstes zum Entsaften.
Copyright: Marius Fuhrmann
Beliebt bei Besitzern von Obstwiesen ist die jährliche Sammelaktion der Biostation. Die Äpfel werden abgegeben, und man bekommt im Gegengeschäft dafür Saft. Die Pflege von Obstwiesen gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Biostation. Ein besonderes Projekt endete 2024 nach acht Jahren: Xenia Scherz brachte mit Obstbaumpädagogik Kindern und Jugendlichen diese besondere Art der Kulturlandschaft näher.
Während des Studiums leitete Steinwarz den evangelischen Posaunenchor in Windeck-Herchen. Die Trompete liegt allerdings schon seit vielen Jahren unbenutzt im Schrank, bedauert Steinwarz. Wenn er jetzt in Rente geht, könnte er ihr „langfristig vielleicht wieder Töne entlocken.“ Zum Jahreswechsel 2025/26 geht er mit seiner Frau Ottilie in die Kölner Philharmonie. „Ich freue mich darauf, im Ruhestand mehr Zeit mit der Familie bringen zu können“. Im Naturschutz möchte Steinwarz „weiter was machen. Ich habe viele Ideen, möchte mir allerdings in aller Ruhe überlegen, wo ich aktiv werde.“

