Statt der angemeldeten 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen 35. Sie protestierten gegen die Einführung einer neuen Wehrpflicht.
Bundesweiter AufrufEitorfer Schülerinnen und Schüler ziehen im Schulstreik gegen Wehrpflicht durch den Ort

Über die Brückenstraße bewegte sich der Demonstrationszug in das Eitorfer Zentrum.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Jede Bewegung fängt mal klein an, damit trösteten sich Johannes und seine Mitstreiter vom Siegtal-Gymnasium in Eitorf. Sie beteiligten sich als Aktionsgruppe an der bundesweiten Schulstreikbewegung gegen die Einführung einer neuen Wehrpflicht. Es war die einzige Veranstaltung dieser Art im Rhein-Sieg-Kreis, die nächste gab es in Köln und Bonn.
Angemeldet waren bei der Polizei rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, zum Auftakt gegenüber der Schule kamen aber dann nur 35. Die aber waren hoch motiviert, zogen von dort über die Brücken- und Bahnhofstraße, die Schmidtgasse und Goethestraße zurück zur Brückenstraße, um dann auf den Marktplatz abzuschwenken.
Während des Demonstrationszugs riefen die Demonstrierenden Sprüche
Lautstark skandierten sie Sprüche gegen Rüstung und für Bildung. Johannes lief vornweg mit einem Megafon und klärte die Passanten auf den Bürgersteigen darüber auf, dass parallel zur Demo im Bundestag über den zunächst freiwilligen Dienst für den Jahrgang 2008 abgestimmt wird. Zusätzlich Rückenwind für seine Argumentation erhielt er durch die Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses: Mehrheitlich sprachen sich die Abgeordneten für die Einführung aus.
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Wir nehmen lieber zwei Fehlstunden in Kauf als 180 Tage Bundeswehr.
„Die Politik setzt sich über unsere Köpfe hinweg“, sagte der 16-Jährige, „wir sind in die Entscheidungen nicht einbezogen worden.“ Er zitierte Umfrageergebnisse, bei denen sich ungefähr 50 Prozent der Jugendlichen gegen eine Wehrpflicht ausgesprochen hätten. „Wir nehmen lieber zwei Fehlstunden in Kauf, als 180 Tage zur Bundeswehr zu gehen.“ Denn für Aktionen werden die Demonstrierenden nicht beurlaubt, sie müssen dafür mit Fehlzeiten geradestehen.

In Eitorf sind Schülerinnen und Schüler des Siegtal-Gymnasiums in Schulstreik getreten und haben eine Demonstration zum Marktplatz gemacht.
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„Die Aussage, wir, die Jugend, seien unpolitisch, stimmt so nicht“, erklärte der Schüler der Jahrgangssstufe 11, „wir gehen auf die Straße und wissen, was wir einfordern können.“ Es sei die erste Demo, weitere Veranstaltungen sollten folgen. Für den 5. März 2026 ist der nächste Streik bereits angesetzt.
Links- und Grünen-Jugend sowie Eitorfer Grüne unterstützen die Aktion
Beim Auftakt erklärte Johannes: „Wir wollen bei uns im Kaff ein kleines Zeichen setzen.“ Links-Jugend, Jusos, Grünen-Jugend und der Ortsverein der Eitorfer Grünen unterstützten den Aufruf. „Ich möchte nicht, dass meine jüngeren Geschwister gemustert werden“, sagte der 20 Jahre alte Tobi. Und der gerade 18 Jahre alt gewordene Sebastian ergänzte: „Wenn ich einen Monat älter wäre, würde ich gemustert werden. Da muss ich aus Solidarität mitmachen.“ Sie sind beide aktiv bei der Grünen-Jugend Rhein-Sieg.

Auf dem Marktplatz im Eitorfer Zentrum gab es eine Kundgebung mit mehreren Redebeiträgen.
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Pascal, aktiver GEW-Gewerkschafter und Lehramtsstudent, unterstützt das Anliegen der Schülerinnen und Schüler. „Die Aufgabe von Schule sollte Friedensbildung sein.“ Eine rührende Begegnung gab es dann auf dem Marktplatz: Die „Oldies for future“ packten gerade ihre Plakate und Fahnen ihrer Mahnwache zusammen, als die Schulstreiker eintrafen. Die verlegten ihre Kundgebung kurzerhand ein paar Meter zur Seite, einige der Älteren stießen kurz darauf dazu.
Zwei Redner und eine Rednerin trugen in einer kleinen Kundgebung ihre Argumente vor. Johannes forderte: „Runter mit der Rüstung, hoch mit der Bildung.“ Er kritisierte die „Lockangebote“ der Bundeswehr mit 2500 Euro Sold und 3500 Euro Einmalzahlung für den Führerschein. Alte Männer entschieden über die Zukunft der Jugend, die sie selbst nicht mehr erlebten.
Kati von der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) übte sich in scharfer Kapitalismuskritik: „Es geht ausschließlich um die Profite der Banken und Konzerne.“ In den Schützengräben lägen nicht die Söhne der CEOs und Politiker. Sie rief zur Gründung von Streikkomitees in allen Schulen auf. Fabian von der Linksjugend solid in Windeck machte deutlich: „Wir wollen keine Wehrpflicht, in der wir wieder als Kanonenfutter verwendet werden. Verweigerung ist kein Akt der Feigheit, sondern des Mutes.“

