SiedlungsgeschichteErste Menschen kamen schon in der Eisenzeit nach Windeck

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Werkzeugfunde und Nägel wurden von EM Fred Ems gereinigt und grundgesichert, bevor alle Funde in Overath abgegeben wurden.

Windeck – „Windeck ist kein geschichtliches Hinterdux.“ Mit dieser Meinung, dass die Gemeinde durchaus Bedeutung in der Geschichte hat, war Werner Schmidt ein unbequemer Hobbyarchäologe für die Fachwelt. Das Anliegen des Dreiselers, der 2019 starb, war kein geringeres als die Neuschreibung der Besiedlungsgeschichte von Windeck mit bergisch und westerwäldisch angrenzender Umgebung.

Die ältere Forschung ging von einer Besiedlung mit den Franken um 800 n. Chr. aus, Schmidt war dagegen überzeugt von einer langfristigen Besiedlung schon ab der frühen Eisenzeit um 750 v. Chr., vor allem aber in der späten Eisenzeit. Über Jahrzehnte hatte er bei Feldbegehungen Zehntausende Funde aus allen Zeitstellungen gesammelt und beim LVR-Amt für Bodendenkmalpflege, Außenstelle Overath, gemeldet.

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Werner Schmidt

Mehr als 800 Neufunde im und am Ringwall Alteburg in der Gemeinde Windeck, von denen etwa 100 ausgewertet sind, untermauern nun Schmidts Annahme. Das schrieb Klaus Frank in seinem wissenschaftlichen Beitrag „Ein späteisenzeitlicher Ringwall im Bergischen Land“ in der Fachzeitschrift „Archäologie im Rheinland“ von 2019.

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Ein Gürtelhaken zeigt die Verbindung nach Hessen.

Als Fachmann für Vor- und Frühgeschichte und als stellvertretender Leiter der Außenstelle Overath begleitete er das Forschungsprojekt „Wallanlagen im Bergischen Land“. Die Suche übernahm ein Team ehrenamtlicher Mitarbeiter: sechs erfahrene Sondengänger, unterstützt von den Bürgerwissenschaftlern Peter Krause und Heinz Wolter vom Verein UHU (siehe „Der Verein“), der gerade sein Jubiläum feiern konnte und aus diesem Anlass von der Spurensuche berichtet. „Es wurde mit über 65 Tagen im Laufe von zweieinhalb Jahren im Team von drei bis sechs Personen bei Leuscheid geforscht“, beschreibt Krause das Vorgehen.

Der Verein UHU

Unter dem Vorsitz von Peter Heinz Krause hat der Verein Unabhängige Historische Untersuchungen mit dem Schwerpunkt der Vor- und Frühgeschichte, abgekürzt UHU, in über 25 Jahren umfangreiches Fundmaterial aus der Steinzeit, der Eisenzeit und dem Mittelalter zusammengetragen. Werner Schmidt pflegte mit ihm einen regen Austausch über neue Erkenntnisse. Kontakt zum Verein: 02247/1599.

Sondieren auf eigene Faust ist illegal. Legale Sucher bedürfen einer besonderen Einweisung, der ausdrücklichen Genehmigung der Oberen Denkmalbehörde, der Außenstelle Overath und der Grundstückseigner. Üblicherweise sind geschützte Bodendenkmäler und Waldgebiete nicht dafür vorgesehen. Das genannte Projekt ist eine Ausnahme. (sys)

Gesucht wurde mit Sonden nach Hinweisen auf Podien, planierte Flächen für Hütten, und Mauern. Frank schreibt, die Vielzahl von Eisengerätschaften belege die intensive Nutzung der Anlage. Angesichts der charakteristischen Werkzeuge, Messer, Sicheln, Waffenteile, Gürtelhaken, hatte Krause ein Déjà-vu. Und tatsächlich: Im Museum Keltenkeller beim Oppidum Dünsberg bei Wetzlar hatten die Vereinsmitglieder genau solche Stücke gesehen.

19 keltische Münzen

Ehrenamtler Fred Emps reinigte und stabilisierte die Windecker Edelmetallfunde. Jeder Fund wurde fotografiert und dokumentiert, bevor er in der Außenstelle Overath abgegeben wurde. Von dort wurde die Verbindung zum Dünsberg in Hessen bestätigt. Eine Besonderheit ist ein vollständig erhaltener Bronzearmring. Frank schreibt, vergleichbare Stücke seien im keltisch besiedelten Mitteleuropa verbreitet.

Gefunden wurden 19 keltische Münzen. Davon sind zehn sogenannte Sequaner-Potins, die größte Menge, die außerhalb ihres Kerngebietes, der nördlichen Schweiz, gefunden wurde. Weitere Münzen sind Quinare, die den Treverern im Moselraum zugeschrieben werden. Die Kleinfunde wie Trachtbestandteile und die Münzen sind auf 150 bis 50 v. Chr. datiert worden, der Hochzeit der keltischen Latènekultur. Nicht zu übersehen, so Frank, sei die Einbindung der Anlage in ein überregionales Netz innerhalb der keltischen Welt.

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Eine Treverermünze mit Gesicht, wie sie im Moselraum vorkommt.

Erkenntnisse von anderen Anlagen ergänzen das Mosaik der früheren eisenzeitlichen Siedlungsfunde von UHU. Wissenschaftliche Auswertungen der bereits dem LVR Landesmuseum Bonn überlassenen Sammlungen, darunter die von Werner Schmidt, werden dies wohl noch erweitern. Krause: „Damit lässt sich die südbergische Siedlungsgeschichte neu schreiben.“

Die Erkenntnisse sollen nun in ein bevorstehendes Schülerinnenprojekt am Theresien-Gymnasium in Ruppichteroth-Schönenberg zum Thema Eisenzeit einfließen.

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