Krewel MeuselbachEitorfer Pharma-Unternehmen setzt auf Klassiker aus Naturprodukten
Eitorf – Flasche neben Flasche gleitet über die silberne Anlage, Schlaucharme senken sich und eine Flüssigkeit wird eingefüllt. Im Akkord setzt ein Roboterarm weiße Gießringe aus Plastik in den Hals ein, eine Verschlusskappe wird sekundenschnell aufgedreht. Per Lichtschranke wird überprüft, ob Gießring und Verschlusskappe auch richtig sitzen. Erst danach dürfen sich die braunen Glasbehälter in die über eine Rolle laufenden Klebeetiketten drehen. Wie von Zauberhand wird noch die Gebrauchsinformation zum Efeu-Erkältungssaft „Hedelix“ gefaltet und gleitet zusammen mit der Flasche und einem Dosierlöffel in die blitzschnell aufgefaltete Verpackung. Eine Waage kontrolliert zum Abschluss das Gewicht einer jeden Schachtel: Ist auch alles drin, was reingehört?
Zu hunderttausenden tanzen die Hustensaftflaschen bei Krewel Meuselbach täglich über die vollautomatische Liquida-Anlage. Eine kleinere Version steht einen Stockwerk höher. Für rund 600 000 Euro hat der Eitorfer Arzneimittelhersteller vor knapp vier Jahren diese Abfüll- und Kartonieranlage modernisiert.
Nicht die einzige Investition in moderne Technik, mit der sich das Traditionsunternehmen in den letzten Jahren neu aufgestellt hat. Für rund eine Million Euro wurde 2010 eine vergrößerte Produktionsanlage für flüssige Arzneiformen in Betrieb genommen. Bereits 2008 wurde eine zusätzliche Verpackungslinie für Tabletten, Kapseln und Dragees angeschafft, wo in Hochgeschwindigkeit aus Kunststofffolie Blister geformt, Tabletten in die Näpfe gelegt und mit hauchdünner Aluminiumfolie verschlossen werden. „Bis zu fünf Millionen Tabletten am Tag können in dieser Anlage verpackt werden“, erläutert Herstellungsleiter Dr. Martin Thunhorst. Und das braucht es auch: Seine Arzneimittelprodukte exportiert das Eitorfer Unternehmen in 25 Länder, „und da ist noch Luft nach oben“, so Unternehmenssprecherin Julia Campmann. Weitere Exportmärkte sollen durch Kooperationen mit anderen deutschen Pharmaunternehmen erschlossen werden.
Der Eitorfer Firmensitz beherbergt neben Büros und einem Hochregallager eigene Forschungs- und Produktionsbereiche. 1500 Quadratmeter stehen allein für die Fertigung der so genannten Bulkware (nicht verpacktes Gut) und weitere 2000 Quadratmeter für die Verpackung der Präparate zur Verfügung. Säckeweise werden die Rohstoffe angeliefert und im Wiegebereich für die einzelnen Mischungen vorbereitet. „Unsere Waagen können von einer Tonne bis zu einem Milligramm alles abmessen“, so Thunhorst.
Im Tablettierraum wird der Behälter mit der homogen vermischten Masse auf eine Presse aufgesetzt und mit Stempelsätzen zu Tabletten geformt. „Bis zu 100 000 Tabletten pro Stunde können hier gefertigt werden“, erklärt Pharmameister Erwin Fischer, der seit 21 Jahren bei Krewel Meuselbach arbeitet. Jede Charge wird überprüft, versichert Thunhorst: „Wir kontrollieren kontinuierlich physikalische Eigenschaften wie das Tablettengewicht und die Härte. Zusätzlich überprüft die Qualitätskontrolle regelmäßig die Zusammensetzung und Inhaltsstoffe.“
Genau kontrolliert wird auch die Umgebung: Messgeräte zeichnen rund um die Uhr die Werte der Raumfeuchtigkeit, der Temperatur und des Luftdrucks auf, eine Anlage im Dachgeschoss bereitet Luft und Wasser keimfrei auf.
In diesem Jahr will Krewel Meuselbach sich neu ausrichten und auf den so genannten OTC-Bereich (engl. „over the counter“ für Produkte, die über die Ladentheke verkauft werden) spezialisieren. „Wir konzentrieren uns verstärkt auf die niedergelassenen Apotheken“, erläutert Julia Campmann. „Wir haben viele Produkte für Kinder im Sortiment, wo Kunden eine Beratung wünschen und dei Empfehlung der Apotheke unverzichtbar ist.“ Anfang des Jahres wurde der Außendienst auf 36 Mitarbeiter aufgestockt, die Apotheken, Kinderärzte und Hals-Nasen-Ohrenärzte besuchen.
Bei seiner Neuausrichtung besinnt sich das Eitorfer Traditionsunternehmen auf bewährte Klassiker im Bereich Erkältung wie Aspecton, Hedelix oder die vor bald 100 Jahren vom Firmengründer Ernst Georg Blank entwickelte Gurgel-Lösung Mallebrin. „Ein ganz altes Schätzchen“, weiß Julia Campmann. „Das ist bei unseren Kunden total beliebt!“ Selbst bei diesen bewährten Klassikern werde ständig weiter geforscht, betont die Unternehmenssprecherin. „Forschungs- und Entwicklungsleiter Dr. Lars Prenner arbeitet kontinuierlich an neuen Studien zu den auf Naturprodukten basierenden Präparaten.“