Dorf zwischen NRW und Rheinland-Pfalz„Drüben geht manches schneller“

Quer durch das Doppeldorf Opperzau/Oppertsau verläuft seit mehr als 400 Jahren eine Landesgrenze.
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Windeck – „Auf der anderen Seite sind die Straßen besser.“ Dieter Gerhards ist seit seiner Kindheit ein Grenzgänger, und wenn er von „denen da drüben“ spricht, dann meint er seine direkten Nachbarn im rheinland-pfälzischen Oppertsau. Der kleine Ort gehört zur Gemeinde Fürthen und die wiederum zur Verbandsgemeinde Hamm und dem Kreis Altenkirchen. Gerhards selbst ist Windecker und wohnt in Opperzau, ganz am östlichen Rand des Rhein-Sieg-Kreises. Die Kreis- und Landesgrenze bildet der Bellinger Bach, der heute größtenteils verrohrt ist. Nur ein etwas kurioses Ortsschild weist auf die Trennung hin.
Wenn Gerhards durch sein Doppeldorf geht, dann wird er etwas wehmütig. „Hier gab es früher zwei Gaststätten, vier Lebensmittelgeschäfte, zwei Metzgereien und nach dem Krieg sogar eine Miederwarenfabrik“, erinnert er sich.
Bahnsteige sind verschwunden
Aufgegeben und abgerissen sind auch die Bahnsteige des Haltepunktes der Siegtalbahn. „Früher hielt hier jeden Morgen der Eilzug, heute hält hier nichts mehr. Angeblich gab es zu wenig Fahrgäste“, berichtet Gerhards. Ruhig geworden ist es auch in der ehemaligen Miederwarenfabrik, in der vor Jahrzehnten die Menschen aus dem Doppeldorf arbeiteten.
Geschichte
Die Trennung des Dorfes Opperzau/Oppertsau hat ihren Ursprung im Siegburger Vergleich von 1604, der einen lange anhaltenden Streit um den Zuschnitt der Territorien auch an der Oberen Sieg beendete. Seitdem gehörte Opperzau zum bergischen Amt Windeck. Warum der Name unterschiedlich geschrieben wurde, bleibt unklar. Bemühungen, die Grenze zu korrigieren, gab es immer wieder. Der Bürgermeister von Oppertsau forderte 1955 sogar, die Länder abzuschaffen, wie seinerzeit das Magazin Stern berichtete. (sp)
„Früher war alles anders,“ meint auch Edith Jasser. Zusammen mit Gerhards hält sie eine Tradition des länderübergreifenden Bürgervereins hoch: Alle drei Wochen wird im Backes Brot gebacken. Den Sauerteig setzt Gerhards an, den Teig mischt Jasser in der großen Knetmaschine. Drei bis vier Stunden lang wird der Backes angeheizt und schließlich nachmittags das Brot für die Vereinsmitglieder gebacken.
Regelmäßig im September richtet der Bürgerverein auch das Kartoffelfest aus. Der längst mit den Nachbarn in Opsen verschmolzene Männerchor tritt auf und die Bürgermeister aus Rosbach und Opsen, der eine haupt-, der andere nebenamtlich, grüßen.
„Wenn wir was erreichen wollen, geht das drüben schneller“, hebt Dieter Gerhards auf die unterschiedlichen politischen Systeme in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ab. „Politiker hier wie dort haben viel versprochen, aber nichts getan“, resümiert er. Dass die Feuerwehr aus dem rheinland-pfälzischen Hamm für den ganzen Ort zuständig ist, dass die Kinder diesseits und jenseits der Grenze in Krippen und Schulen gehen und dass Wasser- und Stromversorgung getrennt sind, gehört in Opperzau/Oppertsau zum Alltag.
Kaum geändert haben sich seit den 1950er-Jahren die Einwohnerzahlen diesseits und jenseits der Grenze. Damals lebten 351 Menschen in Opperzau, 117 in Oppertsau. Heute leben im nordrhein-westfälischen Teil 317, im rheinland-pfälzischen 165. Die Zahlen täuschten, meint Edith Jasser. Von den alten Familien seien viele weggezogen. Neu Hinzugezogene wären aber nur schwer für die traditionelle Vereinsarbeit und das Mitmachen in der grenzüberschreitenden Dorfgemeinschaft zu begeistern. Im Übrigen hätten die jungen Menschen anderes im Kopf, wenn sie lange Wege zu und von der Arbeit hinter sich haben, gibt sie sich verständnisvoll