SelbstversuchSo spielt es sich auf einem der letzten Ascheplätze der Region

Lesezeit 4 Minuten
Zwei Fußballer im Ballduell, sie sind von Zuschauern umringt. Der Boden besteht aus roter Asche.

Marius Fuhrmann trainierte beim TuS Schladern mit auf einem der letzten Ascheplätze im Rhein-Sieg-Kreis.

Der TUS Schladern in Windeck hat noch einen Ascheplatz, das Kicken wird zur echten Herausforderung. Unser Redakteur hat den Selbstversuch gewagt.

Die Asche knirscht wie Schnee unter meinen Schuhen. Jeder einzelne Laufschritt hinterlässt einen Abdruck von Stollen, der Platz ist übersät von Furchen. Einmal Körper rein, und die weiße Hose bekommt rotbraune Streifen. Der TuS Schladern hat einen der letzten beiden Aschenplätze im Rhein-Sieg-Kreis.

Wer hier zufällig vorbeikommt, für einen fantastischen Blick auf die Sieg etwa, könnte meinen, der Platz sei schon lange stillgelegt. Doch er ist Heimat für eine Mannschaft, die Sonntag für Sonntag im Glanz der vergangenen Zeiten spielt, verloren in den fußballerischen Niederungen der Kreisliga C.

Selbstversuch beim TuS Schladern: Für mich ein Ausflug in die Vergangenheit

Das Training, bei dem ich heute mitmache, ist für mich ebenfalls ein Ausflug in die Vergangenheit. In der D-Jugend habe ich zuletzt auf Asche gespielt, jetzt ist es ein ungewohntes Gefühl. Trainer Boujemaa Allaoui, von allen „Buschi“ genannt, teilt die Teams ein: Sieben gegen sieben über den halben Platz. Die Spieler, die heute gekommen sind, sind zwischen 15 und 57 Jahre alt. Die beiden Ältesten, Rolf und Hermann-Josef, bilden die Viererkette. Zu zweit, ihre Erfahrung macht das wett.

Mein Team führt schnell mit 5:0. Der Ball hoppelt bei jedem Pass über die Unebenheiten des Platzes. Die Markierungen, die Strafraum, Mittellinie und Elfmeterpunkt anzeigen sollen, sind nur zu erahnen. Womöglich enden Pokalspiele in Schladern im Zehneinhalbmeterschießen.

An der Außenlinie sprießt großflächig das Grün durch das Rotbraun. Vielleicht wird das ja noch was mit dem Naturrasen. Der Ball droht ins Aus zu gehen, ich will den langen Schlag nach vorne wagen. Doch der Schuss rutscht mir über den Spann und fliegt in hohem Bogen über den Zaun. Das liegt – zugegeben – ausnahmsweise nicht am Untergrund, sondern meinem fußballerischen Unvermögen.

Buschi, eben noch am Geländer lehnend, klaubt den Ball aus dem Gebüsch. Früher spielte er beim FC St. Gallen, einem Schweizer Erstligaverein. Er war auch mal Torschützenkönig in der ersten marokkanischen Liga. Spielte in Singapur, Saudi-Arabien, SG Betzdorf. Und nun: Trainer in Schladern.

Asche-Derby gegen den SV Höhe: Drei Platzverweise und zwölf gelbe Karten

Buschi, 53 Jahre alt, hat seine Mannen schon viele Schlachten schlagen sehen. Das Asche-Derby gegen den SV Höhe – den anderen Windecker Verein mit Hartplatz – ging in der Hinrunde 3:3 aus, drei Platzverweise und zwölf gelbe Karten gab es da. Das Rückspiel entschied der TuS mit 5:2 für sich. Ein Duell unter gleichen Bedingungen wohl.

Normalerweise seien die Gäste in Schladern im Nachteil. „Wenn die Gegner versuchen, hier Fußball zu spielen, haben sie schon verloren“, meint er. „Wir kennen jedes noch so kleine Loch auf dem Platz.“ Nur ein Heimspiel ging in dieser Saison verloren. Wenn es regnet, bilden sich große Pfützen auf dem Spielfeld, besonders in den hinteren Ecken ist es matschig. „Dieser Teil des Platzes ist dann nicht bespielbar. Uns gibt das mehr Sicherheit“, sagt Buschi.

Torwart Freddy Ortmann, 31 Jahre alt, holt dann den Besen raus und befreit seinen Torraum von den Pfützen. „Ich wohne hier im Dorf und spiele seit den Bambini für Schladern“, sagt er. „Hier musst du immer lange Sachen tragen. Wenn der Kunstrasenplatz kommt, werde ich wahrscheinlich wechseln“, scherzt er. Ortmann erinnert sich noch an das Duell mit dem TuS Eudenbach, als ein Gegenspieler beim Konter in einem Loch im Untergrund hängen blieb und umknickte. Ein Rettungswagen musste kommen.

TuS Schladern: 2025 könnte ein Kunstrasenplatz kommen

Asche, Schotter. Ist es Zufall, dass diese beiden Begriffe dieselbe Bedeutung haben wie: Geld? Als die meisten anderen Fußballvereine in Menden, in Marienfeld, in Mondorf, ihren Kunstrasenplatz bekamen, ging der TuS Schladern leer aus. „Der Eigenanteil des Vereins lag bei mehr als 50 000 Euro – das bekam der Vorstand nicht gewuppt“, sagt Katja Eschmann, die stellvertretende Geschäftsführerin.

Erfolgreichere Jahre hatte der Verein vor 2010, da spielte er in der Kreisliga A. Dann verließen viele Spieler den Klub, der alte Vorstand dachte über eine Fusion mit der SpVgg Hurst-Rosbach nach – dem Erzrivalen. „Das ist so, als würde man Dortmund und Schalke zusammenlegen“, sagt Stefan Hasenbach, Fußballobmann beim TuS Schladern.

Der Verein stellte sich neu auf, doch der Zug mit dem Kunstrasenplatz war abgefahren. „Wir haben nur noch im jüngeren Bereich Jugendmannschaften. Eltern wollen saubere Klamotten. Mit einem Kunstrasenplatz würden wir mehr Kinder anlocken“, glaubt er. 2025 könnte es so weit sein, wenn die Regionale, eine Strukturfördermaßnahme, umgesetzt wird.

Die „Oldschool-Kulisse, das Aschenplatz-Feeling“, wie Hasenbach es nennt, würde schon fehlen. Wie viel der Verein selbst tragen muss, steht ohnehin noch nicht fest. Buschi beendet den Kick. Unter meinen Schuhen habe ich mir ordentlich Dreck festgelaufen – ich muss sie erst mal ausklopfen.

KStA abonnieren